Ahorn, Linde, Platane: Kopfbaumschnitt nach neuer ZTV Baumpflege

Der Kopfbaumschnitt ist unter „Schonende Form- und Pflegeschnitte“ im Rahmen der Novellierung neu in die ZTV Baumpflege aufgenommen und diskutiert worden. Was bedeutet dies für die Praxis und worauf muss bei der Baumpflege geachtet werden?

Baumpflege im Frühjahr für Ahorn, Linde, Platane nach ZTV
Kopfbäume sind keine eigene Baumart, sondern eine Nutzungsform bei der die Äste und Zweige regelmäßig zurückgeschnitten werden, aber der Hauptstamm erhalten bleibt. | Foto: BH

Grundsätzlich muss zwischen zwei vollkommen verschiedenen Arten des Kopfbaumschnittes unterschieden werden. Der eine versteht unter Kopfbaumschnitt die Nutzung von Weidenruten zur Korbflechterei. Dies betrifft alte Kopfbäume an Gräben, die zum Teil ganze Landstriche prägen, deren Nutzung jedoch oft vor Jahren aufgegeben wurde. Diese sind für den Naturschutz interessante Bäume und bedürfen der speziellen Pflege. Anders verhält es sich mit dem gestalterischen oder barocken Kopfbaum, der meist in Innenstädten oder Parkanlagen steht. Es kann sich aber auch um mehrere hundert Jahre alte Tanzlinden handeln, die regelmäßig geschnitten wurden

Besonderheiten von Kopfbäumen

Bei der Tanzlinde in Rockshausen wurde aus den Ständern auf den Köpfen eine 2. Ebene mit jungen Köpfen entwickelt. | Foto: BH
Bei der Tanzlinde in Rockshausen wurde aus den Ständern auf den Köpfen eine 2. Ebene mit jungen Köpfen entwickelt. | Foto: BH

Im Folgenden wird auf die Besonderheiten von Kopfbäumen und die Beschreibung im Regelwerk eingegangen. Da die ZTV ein Regelwerk und kein Lehrbuch ist, wird dort kein Hintergrundwissen vermittelt, ohne das die Vorgaben gerade beim Kopfbaum schwer zu verstehen sind.
Grundsätzlich wird in der neuen ZTV Baumpflege (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege) die Verknüpfung zwischen dem Kapitel 0 als beschreibendem Teil und dem Kapitel 3 als ausführendem Vertragstext besonders wichtig. Ein Abschnitt im Kapitel 3 kann nicht einfach als Auftrag übernommen werden. Vielmehr müssen die Leistungen entsprechend der Vorgaben im Kapitel 0 genau beschrieben werden und entsprechend dem Kapitel 3 ausgeführt werden. Wie dies zu verstehen ist, wird an folgenden Beispielen verdeutlicht.

Kopfweide als Paradebeispiel für Kopfbäume

Beim Baumschnitt ist zu entscheiden, um welche Form des Kopfbaums es sich handelt. Im Internet ist unter Kopfbaum in erster Linie die Kopfweide als alte Nutzungsform zu finden, die heute insbesondere ökologische Bedeutung hat und deren Erhalt daher auch in mehreren Bundesländern gefördert wird. In der Vergangenheit wurden Weiden an Bachläufen regelmäßig zur Gewinnung von Weidenruten zum Flechten von Körben, für Hauswände und als Futter beerntet. Das Entfernen aller Neuaustriebe wird traditionell auch als Schneiteln bezeichnet. Als diese Weiden nicht mehr genutzt wurden, sind sie durchgewachsen. Oft sind die Köpfe, auf denen die Ruten standen, eingefault und bilden so wichtige Biotope. Um sie wieder zu Kopfbäumen zu machen, ist ein Rückschnitt von zehn bis 30 Jahre alten Ständern notwendig. Solch eine Maßnahme wird laut eines Merkblatts des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft in Sachsen nur gefördert, wenn die Bäume länger als 7 Jahre nicht geschnitten worden sind. Dies ist dann realistisch nur noch mit Motorsägen durchzuführen. Sowohl aus Artenschutzgründen als auch wegen des Energiehaushaltes im Baum wird dieser Schnitt kurz vor der Vegetationszeit, also im Februar durchgeführt.

Nicht alle Bäume für Kopfbaumschnitt geeignet

Als gestalterische Kopfbäume sind nur Baumarten mit der Fähigkeit zu freiem Wuchs und Adventivknospen (z.B. Ahorn, Linde, Platane etc.) geeignet. Freies Wachstum ist die Fähigkeit, nach Austrieb der Knospen noch in derselben Vegetationszeit ohne Knospenruhe neue Blätter und Knospen zu bilden. Adventivknospen sind Knospen, die nicht regulär in Blattachsen, sondern bei Verwundung durch Gewebeneudifferenzierung entstehen.
Daher werden die barocken Kopfbäume in der Stadt und die Tanzlinden in der Regel im Februar geschnitten. Soll das Wachstum von stark wachsenden Platanen beispielsweise gedämpft werden, ist in der Ausnahme aber auch ein Rückschnitt auf die Köpfe nach dem Austrieb also im Mai – Juni möglich. Dies muss dann aber gemäß Absatz 0.2.5.1 besonders beschrieben werden. Die Besonderheit dieser Kopfbäume ist der Verjüngungsreis (0.2.5.2) und die besonders empfindlichen oft über 100 Jahre alten Köpfe.

Vor diesem Hintergrund wurde einige Formulierung in die ZTV Baumpflege aufgenommen, die im Folgenden aufgezeigt werden.

Definition des Kopfbaumschnitts

Unter dem Abschnitt "0.2.5 Kopfbaumschnitt" wurden folgende Textteile ergänzt:

Der Kopfbaum ist eine Gestaltungs- und/oder Nutzungsform, bei der an den verdickten Astenden (Köpfe) die Neuaustriebe flach abgeschnitten werden. Dies erfolgt an der Triebbasis und nur im Triebdurchmesser ohne Verletzung der Köpfe.
Der Kopfbaumschnitt muss bei der Anzucht bzw. in der Jugendphase begonnen werden, typischerweise bei Salix, Tilia, Platanus. Der Kopfbaumschnitt ist nicht zu verwechseln mit einer Kappung, bei der die Krone bis in den Stamm- oder den Stämmlingsbereich ohne Rücksicht auf Habitus und physiologische Erfordernisse baumzerstörend abgesetzt wird.
0.2.5.1 Anzahl, Umfang, Zeitpunkt (z. B. in Abhängigkeit der Zielsetzung) und zeitlicher Abstand der Schnittmaßnahmen (z. B. alle ein bis drei Jahre).

0.2.5.2 Belassen eines Verjüngungsreises mit ein bis zwei Augen. Bei der Ausführung ist Folgendes zu beachten:

Wie führe ich einen Kopfbaumschnitt aus?

Unter dem Abschnitt "3.2.4 Kopfbaumschnitt" wurden folgende Textteile ergänzt:

Die Triebe auf dem Kopf sind an der Basis flach und nur im Triebdurchmesser ohne Verletzung des Kopfes abzuschneiden.
Der Schnitt ist in der Vegetationsruhe durchzuführen.
Wichtig ist den Neuaustrieb zu entfernen, ohne die Köpfe zu verletzen Abweichend von den allgemeinen Vorgaben zum Schnittzeitpunkt in der ZTV geben hier die biologischen Prozesse sowie die Zielsetzung den Schnittzeitpunkt vor.
Wie in verschiedenen Veröffentlichungen von CLAIR-MACZULAJTYS, LE DISQUET und BORY beschrieben, passt sich der Energiespeicher der Bäume den Schnittformen und Schnittzeitpunkten sehr kurzfristig an. Während sich der Hauptenergiespeicher in einem ungeschnittenen Baum in Form von Stärke im Stammfuß, den Astgabeln und den Starkwurzeln befindet, liegt der Hauptenergiespeicher bis zu 5 Jahren bei regelmäßig geschnittenen Kopfbäumen in den Köpfen. Verliert der Baum die Köpfe, hat er kaum Chancen zu regenerieren und könnte komplett absterben.

Verletzungsgefahr für den Baum beim Kopfbaumschnitt

Die alte Kopfweide ist eigentlich eine falsche Schnittmaßnahme, da alles  junge Holz entfernt wurde. Dies führt zur verstärkten Fäule im Kopf und  vermehrten Höhlen. Als Naturschutzschnitt besser geeignet als zum  Erhalt des Baumes. | Foto: B_I
Die alte Kopfweide ist eigentlich eine falsche Schnittmaßnahme, da alles junge Holz entfernt wurde. Dies führt zur verstärkten Fäule im Kopf und vermehrten Höhlen. Als Naturschutzschnitt besser geeignet als zum Erhalt des Baumes. | Foto: B_I
Werden die Köpfe durch einen fehlerhaften Schnitt oder ein Abrutschen der Motorsäge verletzt, ist die Gefahr einer Pilzinfektion aufgrund des hohen Stärkegehaltes sehr hoch. Aus diesem Grund sind bei den barocken Kopfbäumen Motorsägen untersagt. Hier ist der regelmäßige Schnitt alle 1 bis 3 Jahre sehr wichtig, da CLAIR-MACZULAJTYS et al. (1999) nachweisen konnte, dass nach 5 Jahren der Hauptenergiespeicher in Basis der Neuaustriebe wandert und die Köpfe keine Energie mehr haben. Ein Kopfbaumschnitt nach 5 Jahren führt somit zu einem Energieverlust und oft zum Absterben des Kopfes. Dies gilt insbesondere beim Schneiden alter Kopfweiden. Die Hauptenergiespeicher befinden sich wie beim ungeschnittenen Baum im Stammfuß und in den Astgabeln, aber auch in der Basis der jungen Ständer. Daher ist es sinnvoll, bei alten Kopfweiden mindestens eine Hand breit von dem jungen Holz stehen zu lassen, wenn es um den Baumerhalt geht.

Unterschied zwischen Kappung und Kopfbaumschnitt

Wichtig ist auch zu erkennen, wie sich der Kopfbaumschnitt von einer Kappung unterscheidet. Während bei der Kappung alle Äste ohne Ableitung auf Zugäste abgesägt also gekappt werden, wird ein Kopfbaum durch gerade Schnitte der stärksten Äste im Bereich der zukünftigen Köpfe vorbereitet und alle kleineren Äste auch im Inneren der Krone entfernt. Die Maßnahme muss im Jugendstadium begonnen werden. In der Folge werden die Köpfe wie beschrieben gepflegt. Es ist nicht möglich, aus einem ausgewachsenen Baum durch Kappung einen Kopfbaum zu entwickeln.

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Der Autor ist Mitglied des RWA ZTV-Baumpflege in der Forschungsgesellschaft Landschaftsbau und Landschaftsentwicklung (FLL) sowie Sachverständiger für Baumpflege. E-Mail: Philipp-Funck@t-online.de


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