"Es ist eher fünf nach zwölf als fünf vor zwölf"

Das "Verbändebündnis Wohnungsbau" richtet beim Wohnungsbau-Tag deutliche Warnungen und Forderungen an Bund und Länder. Der Staat müsse seine Fördergelder für den Wohnungsbau „massiv aufstocken“, so die für den Wohnungsbau in Deutschland führenden sieben Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft. Allein für den sozialen Wohnungsbau fordert das Bündnis ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro.

Wohnungsbau-Tag: Verbändebündnis fordert Sondervermögen von 50 Milliarden Euro
„Wenn jetzt nichts passiert, dann gibt es beim Wohnungsbau keine Talfahrt, sondern einen regelrechten Absturz.“ Prof. Dietmar Walberg (Studienleiter Bauforschungs-Institut ARGE) auf dem Wohnungsbau-Tag in Berlin. | Foto: Verbändebündnis Wohnungsbau

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Die Forderung eines Sondervermögens von 50 Milliarden Euro bis 2025 für den sozialen Wohnungsbau hatte das Bündnis schon im Januar erhoben. Beim heutigen Wohnungsbautag in Berlin wurde sie eindringlich wiederholt. Nur mit den zusätzlichen Mitteln könne es gelingen, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen, so das Bündnis. Der Staat müsse zudem dem bezahlbaren Wohnungsbau intensiv unter die Arme greifen: Für 60.000 Wohnungen mit einer Kaltmiete zwischen 8,50 Euro und 12,50 Euro seien in dieser Legislaturperiode des Bundes noch einmal mindestens 22 Milliarden Euro notwendig.

Es müsse deutlich mehr gebaut und deutlich mehr sozialer Wohnraum geschaffen werden, so fasst Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbunds, zusammen. "Es ist eher fünf nach zwölf als fünf vor zwölf."

Wohnungsbautag unter dem Motto: „Kann Deutschland noch bauen?“

Die Antwort auf diese Leitfrage gaben die Wissenschaftler des schleswig-holsteinischen Wohnungs- und Bauforschungs-Instituts ARGE (Kiel). Sie legten auf dem Wohnungsbau-Tag in Berlin eine aktuelle Studie vor – und das mit klaren Worten: „Wenn jetzt nichts passiert, dann gibt es beim Wohnungsbau keine Talfahrt, dann erleben wir beim Neubau von Wohnungen einen regelrechten Absturz“, so Studienleiter Prof. Dietmar Walberg.

Noch sei der Wohnungsbau gut aufgestellt: „Die heute vorhandenen Kapazitäten reichen, um 400.000 Wohnungen pro Jahr neu zu bauen. Immer vorausgesetzt, dass das Bauen auch möglich ist: ohne lähmende Genehmigungsprozesse, ohne hemmende Vorschriften und Auflagen. Und mit einer funktionierenden Finanzierung, vor allem einer von Bund und Ländern angepassten Förderung“, so Walberg.

Die Untersuchung der ARGE macht deutlich: Noch nie seit dem zweiten Weltkrieg waren die Bedingungen für den Wohnungsbau so schlecht: „Noch nie gab es gleichzeitig einen so hohen Bedarf von über 700.000 Wohnungen, so hohe Baukosten, so hohe Zinssprünge und vor allem auch so hohe Auflagen und Vorschriften für das Bauen wie heute. Der Wohnungsbau steckt in einer absoluten Ausnahmesituation“, erklärte Studienleiter Prof. Walberg.

Ifo-Institut meldet mehr Storierungen im Wohnungsbau

Auch das ifo-Institut vermeldet bedrückende Zahlen zum Wohnungsbau, spezifisch zu Stornierungen: Aktuell meldeten 16 Prozent der Unternehmen abgesagte Aufträge, nach 14,3 Prozent im Februar und 13,6 Prozent im Januar. „Die Situation im Wohnungsbau spitzt sich weiter zu. Infolge der rasant gestiegenen Baukosten und der höheren Finanzierungszinsen rentieren sich viele Wohnungsbauprojekte nicht mehr, werden verschoben oder ganz gestrichen. Das Neugeschäft bricht förmlich ein und die Zukunftssorgen in der Branche sind groß“, sagt ifo-Forscher Felix Leiss.

Pakleppa spricht von "Kipppunkt beim Wohnungsbau"

"Es kommen seit Monaten deutlich weniger Aufträge rein", bestätigt ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. "Schon im letzten Jahr sind die Auftragseingänge im Wohnungsbau insgesamt real um 16,5 Prozent zurückgegangen. Im Januar 2023 waren es nun fast minus 30 Prozent!"

Die Auftragsbestände gingen jetzt laut Pakleppa zügig in die Abarbeitung, aber die Anschlussaufträge für die Betriebe fehlen. "Wir bekommen erste Rückmeldungen aus den Unternehmen, dass sie Kurzarbeit anmelden müssen. Klar ist: Ohne einen deutlichen Impuls für den Wohnungsbau besteht die Gefahr, dass die Bauunternehmen ihre qualifizierten Fachkräfte verlieren."

Christian Staub, Vorstandsmitglied Zentralverband Deutsches Baugewerbe und Präsident Baugewerbeverband Niedersachsen, warnt vor einer Unterauslastung der Betriebe und den Folgen für den knappen Wohnraum. "Die ohnehin anspruchsvollen Neubau-Förderprogramme müssen so ausgestattet werden, dass alle Bauwilligen eine Förderung erhalten. Weniger Vorschriften und mehr Bauland, ein Turbo zur Beschleunig der Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine ausreichende Förderung würden den dringend benötigten Wohnungsbau jetzt ankurbeln."

Wohnungsbau-Standards senken für Krisenbewältigung

Neben der Forderung nach einem Sondervermögen nähert sich das Bündnis dem Problem auch mit dem Vorschlag einer Senkung der Standards Beim Neubau. Dirk Salewski vom BFW ruft hier zu einem offenen Dialog darüber auf, wo auf zu hohe Standards verzichtet werden könne, um bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können.

Wie ist die Krisenbewältigung mit der Einhaltung von Klimaschutzzielen zu vereinbaren? Hannes Zapf räumte eine Verpflichtung zum Klimaschutz auch im Gebäudebereich ein. Der jetzige Zeitpunkt sei für verschärfte Regelungen allerdings ungünstig. In Sachen Klimaschutz muss laut BDB-Präsidentin Katharina Metzger vor allem da etwas getan werden, wo er am dringendsten gebraucht wird und mit Blick auf die Kosten-Nutzen-Rechnung am effizientesten ist: im Altbau. Denn jede unsanierte Altbauwohnung sei deutlich weniger energieeffizient als eine neu gebaute Wohnung.

Wohnungsbau-Soforthilfe und Aufstocken im städtischen Bereich

Zudem sei es notwendig, den Bauüberhang – also die rund 900.000 zwar genehmigten, aber noch nicht fertig gebauten Wohnungen – ins Visier zu nehmen. Vor allem die 40 Prozent davon, die bislang nur auf dem Papier stehen, bei denen es aber noch keinen Baustart gibt: „Reihenweise werden die Bauvorhaben auf Eis gelegt, weil sie nicht mehr finanzierbar sind. Es kommt jetzt darauf an, sie für den bezahlbaren und für den sozialen Wohnungsbau zu gewinnen. Bevor Tausende von Wohnhäusern gar nicht gebaut werden, sollte der Staat Bauprojekte, die auf der Kippe stehen, retten: Er sollte ein Sonderprogramm zur ‚Wohnungsbau-Soforthilfe‘ auflegen: ein Förderpaket mit Zuschüssen und günstigen Krediten. Auch Umplanungen muss der Staat dabei unterstützen.

Darüber hinaus sei es gerade in Metropolregionen, wo der größte Wohnungsmangel herrsche, wichtig, „jeden Quadratmeter zu nutzen, um umzubauen und aufzustocken“. Es komme jetzt darauf an, die Dachaufstockung endlich voranzutreiben. Ebenso müssten Büro- und Gewerbeimmobilien zu bezahlbaren Wohnungen und in Sozialwohnungen umgebaut werden: „Städte müssen dahin wachsen, wo Platz ist: nach oben. Und Gewerbeflächen, die nicht mehr gebraucht werden, müssen zu Wohnflächen werden“, forderte das Wohnungsbau-Bündnis. Damit das passiere, müsse der Staat entschlossen Geld in die Hand nehmen, Genehmigungsprozesse erleichtern sowie Hemmnisse in Gesetzen und Verordnungen beiseiteschaffen.

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Bund ignoriert Probleme im Wohnungsbau

Zu der Forderung nach einem Sondervermögen von 50 Milliarden Euro im Januar gibt es bisher keine Umsetzungspläne von der Bundesregierung, so das Verbändebündnis Wohnungsbau. "Das heißt für uns als Bündnis: Jetzt erst recht", sagt Lukas Siebenkotten.

Beim heutigen Wohnungsbautag kommen bis 15:30 Wohnungsbau-Experten und Politiker in einem Fachforum zusammen, um über die aktuellen Probleme und mögliche Maßnahmen zu sprechen.


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