Das große Krabbeln
Um Kipper-Fahrer fit fürs Gelände zu machen, bietet MAN Offroadtrainings an. In Theorie und Praxis lernen die Teilnehmer, die bauspezifischen Zwei-, Drei- oder Vierachser abseits der Straße sicher zu beherrschen und deren Grenzen zu erkennen. Der Ort des Geschehens: der Offroadpark Langenaltheim.
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Der gebürtige Berliner ist längst nicht der Einzige, der als Ausbilder bei MAN Truck & Bus in Lohn und Brot steht. Insgesamt beschäftigt der Konzern weltweit rund 120 Fahrtrainer und ist in allen Ländern aktiv, in denen der Münchener Hersteller Lkw und Omnibusse verkauft. Allein in Deutschland sind etwa 40 Ausbilder in Aktion, die Berufskraftfahrer fit für den Alltag machen. Neben wirtschaftliches Fahren stehen auch Offroad-Trainings hoch im Kurs. Pro Jahr führt MAN rund 30 solcher Trainings abseits der Straße durch und schult dabei 250 Lkw-Fahrer.
Theoriestunde erfordert Aufmerksamkeit
Während der kurzen Vorstellungsrunde fragt er bei jedem die Erwartungen an den Ausbildungstag ab. Alle wollen sich näher mit der modernen Technik auseinandersetzen, die korrekte Bedienung der Achssperren erlernen, das Verhalten der Lkw im schweren Gelände selbst erleben, mehr Offroad-Fahrpraxis bekommen und am Ende ein Zertifikat für den Fahrerqualifizierungsnachweis in den Händen halten. Gewerbliche Kraftfahrer sind nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz verpflichtet, regelmäßig innerhalb von fünf Jahren an einer Weiterbildung teilzunehmen. Die Berufskraftfahrer-Weiterbildung umfasst insgesamt 35 Zeitstunden, die in fünf Module mit jeweils sieben Zeitstunden aufgeteilt sind. Nach Absolvierung eines Moduls werden die Daten der Teilnahme an das Kraftfahrtbundesamt übermittelt. Erst bei vollständiger Absolvierung aller fünf Module erteilt die Führerscheinstelle den Fahrerqualifizierungsnachweis.
Offroad-Training bei MAN: Lernen und Spaß dabei haben
Dass der Tag im Gelände auch Spaß machen soll, traut sich niemand zu sagen. Deshalb übernimmt Ausbilder Ulbricht diesen Part und zaubert damit allen Teilnehmern ein Lächeln ins Gesicht, die nur darauf warten, mit den „Dickschiffen“ durchs Gelände pflügen zu können. Der Hinweis, dass am Ende alle gesund bleiben sollen und möglichst nichts am Lkw kaputtgeht, dämpft die Euphorie zwar etwas, findet aber bei jedem volle Zustimmung. Schließlich sind alle gestandene Männer im Job und Familienväter, die sich in Langenaltheim zusammengefunden haben.
Damit die Wünsche Realität werden, startet Markus Ulbricht mit Sicherheitshinweisen, zu denen die richtige Lenkrad- und Sitzeinstellung ebenso gehört wie Gurtpflicht, geschlossenen Seitenfenster oder das Wegpacken loser Gegenstände im Fahrzeug. Auch die vom Instruktor über Funk vorgegebene Geschwindigkeit beziehungsweise Gangzahl müsse eingehalten und unübersichtliche Strecke dürfen erst nach Freigabe befahren werden. Auch die weiteren Regeln leuchten jedem ein.
Schon geht es mit den Grundregeln für Geländefahrten weiter. Dazu gehört, dass unbekanntes Gelände vorher erkundet werden muss – notfalls auch zu Fuß. Hier ist besonders auf Bodenbeschaffenheit, Geländeformation, Steigungen und Gefälle, Schräg- und Hanglagen, Steine und Felsen, Kurven, Bewuchs, Wasserdurchfahrten sowie auf Bebauungen zu achten. Erst denken, dann fahren – heißt die Devise. Nur so lasse sich ein Lkw verschleißfrei und kostenoptimiert durchs Gelände bewegen, ohne die Technik übermäßig zu strapazieren oder gar kaputt zu fahren. Dann folgen Tipps für das Befahren von Steigungen und Bergabfahrten und was die MAN TipMatic dafür zu bieten hat. Offroad-Fahrprogramm und Low-Range-Schaltung für die Geländeuntersetzung im Verteilergetriebe sind hier die wichtigsten Schlagworte.
Profi-Tipps: Ohne Sperren-Management läuft nichts
Nicht immer ist es sinnvoll, alle vorhandenen Sperren sofort zu aktivieren. Schrittweises Einlegen sei das oberste Gebot. Sonst fehle die Möglichkeit für weitere Zuschaltungen, wenn’s später nach dem Abladen und fehlendem Bodendruck tatsächlich brenzlig wird. Ferner sollten sich die Räder immer in Fahrtrichtung drehen und nie blockieren. Der Antriebsstrang muss immer geschlossen bleiben. Also Fuß weg von der Kupplung bei handgeschalteten Getrieben. Vor dem Berg den passenden Gang einlegen und im Hang nie schalten. Bei voller Ausladung steht der Kipper sonst sofort und rollt zurück.
Gefühlt 100 weitere Ratschläge hat der MAN-Trainer fürs Gasgeben, Bremsen und Lenken im Gelände in petto. Die verteilt der Fahrprofi bei grauem Nieselwetter wohl dosiert während der praktischen Übungen im Gelände an seine Schützlinge. Jeweils zu zweit entern sie die fünf unterschiedlichen MAN-Schulungsfahrzeuge, so dass jeder bei fünf verschiedenen Übungen und im regelmäßigen Wechsel am Ende des Tages jeden Lkw gefahren hat. Wie sich die Zwei-, Drei- und Vierachser bei Kurvenfahrt mit und ohne eingelegte Sperren verhalten, steht als erstes auf dem Programm. Learning: Mit zugeschalteter Vorderachse und Quersperre braucht ein Drei- oder Vierachser viel mehr Platz zum Wenden. Den Lenkradius von Lkw mit Doppelachsaggregat kann die Lenkbremse verringern. Das gelingt, indem die kurveninneren Räder über die Betriebsbremse leicht eingebremst werden. Funktionsfähig ist das System, das es nur bei MAN gibt, bis 30 km/h. Dann schaltet sich das System wieder ab.
Hydrodrive mit Antischlupfregelung
Wendig bleibt auch TGS 8x6 mit Hydrodrive an der zweiten Vorderachse. Der hydrostatische Antrieb hat nämlich keinen Einfluss auf den Lenkradius. Mit dem neuen EBS bekam der Hydrodrive ab Modelljahr 2024 eine Antischlupfregelung (ASR) als zusätzliche Funktion. Sie wirkt wie eine kleine Differenzialsperre. Sobald ein Rad Schlupf bekommt, wandert der hydraulische Druck automatisch auf das Rad mit Traktion und hilft dem Gelände-Lkw aus der Bredouille.
Im zweiten Gang – mal mit und mal ohne Sperren – müssen nun MAN TGM 4x4 Doka mit zuschaltbarem Allradantrieb, MAN TGM 4x4 permanenter Allradantrieb, MAN TGS 6x6 mit zuschaltbarem Allradantrieb, MAN TGS 8x6 Hydrodrive und MAN TGX 18.510 4x4-Sattelzugmaschine mit Hydrodrive nacheinander eine Bergauffahrt mit Kurve und gleich danach die Bergabfahrt auf rutschigem Unterboden meistern, bevor es langsam über heftige Bodenwellen mit starken Verschränkungen am Fahrzeug geht, die dem Material alles abfordern und manchen Rad den Bodenkontakt nehmen.
Sicher über den Parcour mit Fahrtipps über Funk
Dank permanenten Funkanweisungen des Ausbilders von außen kommen alle sicher über den Parcours und steuern zielstrebig einen Berg mit fast 100-prozentiger Steigung an. Hier gilt es, abwechselnd und nur mit dem traktionsstarken Dreiachser das steile Hindernis bis zur Hälfte zu erklimmen, dort stehenzubleiben und dann im Rückwärtsgang samt Low-Range, Dauerbremse und allen verfügbaren Sperren langsam zurückzufahren. Diese Übung ist für alle Teilnehmer eine Grenzerfahrung, sieht man doch als Fahrer und Beifahrer in der Kabine für sehr lange Zeit nur den Himmel, keinen Horizont und auch kaum die Fahrspur.
Basis für Neueinsteiger bei Geländefahrten
Etwas entspannter verläuft die Bergauffahrt auf einer langgezogenen Steigung mit anschließender Rechtskurve zwischen zwei Felswänden hindurch bis auf ein Plateau. Im zweiten Gang, Low-Range-Modus und alle verfügbaren Sperren aktiviert, geht es den gleichen Weg talwärts zurück. Erst bis zur Kante vorfahren, darüber rollen lassen und alsbald den Dauerbremshebel ziehen, gibt Ulbricht seinen Kursteilnehmern für die sichere Abfahrt auf rutschigem Untergrund mit auf den Weg. Das hat geholfen. Alle kommen sicher ohne Blessuren an Mann und Maschine über sämtliche Hürden, die ihnen das unwegsame Gelände darbietet.
Schnell ist der aktionsreiche Ausbildungstag vorbei. Klar, allein in acht Stunden kann niemand zu einem professionellen Offroad-Fahrer werden. Aber der Grundstein für Neueinsteiger im Geländefahren ist gelegt. „Das Offroad-Training soll helfen, ein Fahrzeug und seine Funktionen besser kennen und einschätzen zu lernen. Nur so lässt es sich sicher, schadensfrei und effizient durchs Gelände bewegen“, sagt Markus Ulbricht und gibt den Teilnehmern zum Abschluss das Wort. Die sind sichtlich begeistert und hätten sich gerne auch noch länger abseits der Straße ausprobiert.
Das sagen die Teilnehmer zum MAN-Offroadtraining
Ins gleiche Horn stößt Christian Fischer, der seit fast 20 Jahren bei MAN Truck & Bus im Busbereich national und international tätig ist: „Ich bin lange gar kein Lkw gefahren und kenne mich mit der modernen Technik dieser Fahrzeuge wenig aus. Doch dank der profunden Erklärungen im Unterrichtsraum wie auch im Gelände kann ich jetzt das Können und Fahrverhalten unter extremen Bedingungen viel besser einschätzen. Es ist schon ein Wahnsinn, was so ein Lastwagen alles aushält. Alle Erwartungen haben sich erfüllt.“ Das Lob hört Markus Ulbricht gerne, ist aber auch für konstruktive Kritik offen, um seine Kurse bei MAN ProfiDrive sukzessiv anzupassen und zu optimieren. Doch an diesem Tag gab es nichts zu verbessern – bis auf das nasskalte Regenwetter, für das jedoch niemand etwas kann.
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