MAN TGS Hydrodrive: Löwe mit tüchtig Traktion
MAN TGS 18.470 4x4 Hydrodrive: Als Pionier hat MAN den hydraulischen Vorderradantrieb etabliert und kontinuierlich verbessert. Was Hydrodrive heute kann, zeigt ein moderner Kippsattelzug auf Basis einer 470 PS starken TGS-Zugmaschine.
Das Mischen wird digital
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Klassische Kippsattelzüge stoßen auf steilem, losem und rutschigem Untergrund abseits der Straße schnell an ihre Grenzen. Längst bekommen sie nicht mehr überall freie Zufahrt in Kiesgruben und Steinbrüchen. Deren Betreiber sind es leid, ihre hochgeländegängigen Baumaschinen mehrmals täglich zu Befreiungsaktionen für gestrandete 4x2-Sattelzugmaschinen zu schicken und lassen nur noch Kipper mit mindestens zwei angetriebenen Achsen ins Terrain. Da konventionelle Allradler bis zu 400 kg schwerer bauen und auf der Straße mehr Sprit vertilgen, sind Zugmaschinen mit hydrostatischem Vorderachsantrieb eine passable, wenn auch teure Alternative.
Das Fahrzeug im Fahrtest: MAN TGS 18.470 4x4 Hydrodrive
MAN hat einen Vertreter dieser Zunft bereitgestellt, der seine Vorzüge im Gelände und auf der Straße zur Schau stellen durfte. Auf den ersten Blick fallen die Unterschiede des TGS 18.470 4x4 mit Meiller Kippsattel zu einer 4x2-Variante kaum auf: Zweiachser ohne Verteilergetriebe und Gelenkwelle nach vorn, mittelhohe Bauhöhe, langes Fahrerhaus – alles ganz gewöhnlich für einen Sattelkipper. Auch der Meiller-Auflieger MHPS 44/3 N mit Rundmulde für 25 m3 Schüttgut lässt keine Rückschlüsse auf die besondere Art zu. Bemerkenswert: Der Kippsattel ist mit liftbarer erster Achse für Leerfahrten, Luftfederung und Trommelbremsen bestückt. Im Baugeschäft sind Trommelbremsen noch immer willkommen. Im Vergleich zu Scheibenbremsen sind sie weniger gegen Fremdkörper anfällig und lassen sich in der eigenen Werkstatt kostengünstig reparieren. Vielleicht ist deshalb auch die MAN-Sattelzugmaschine an der Hinterachse mit Trommelbremsen versehen und trägt Scheiben nur an der Vorderachse. An der spielt sich Herausstechendes ab.
MAN TGS Hydrodrive: Allradantrieb zum Zuschalten
Begrenzt wird der Hydrodrive-Einsatz von der Temperatur des Hydrauliköls. Wird’s dem zu heiß, klingt sich das System automatisch aus und wechselt in den Standby-Modus. Damit das nicht zu schnell passiert, befinden sich ein Ölkühler und ein 153 l großer Ölvorratstank im geschlossenen Hydraulikkreislauf. Dennoch dient Hydrodrive mehr als Anfahrhilfe als für den Dauergebrauch. Das System arbeitet bis 28 km/h und schaltet dann automatisch in Standby. Fällt die Geschwindigkeit wieder unter 23 km/h sind die Radnabenmotoren wieder mit von der Partie und packen zu.
MAN TGS Hydrodrive an der Steigung
MAN TGS Hydrodrive bei Steigung im Rückwärtsgang
Beim Rückwärtsrangieren an einer Rampe aus Sand zeigt sich fast das gleiche Bild. Die Hinterachse allein baut in der Steigung sofort Schlupf auf und versagt die Weiterfahrt. Mit zugeschaltetem Hydrodrive lässt sich die dreiachsige Rundmulde ohne Probleme hochschieben. Die stärkere Belastung der Vorderachse sorgt in diesem Fall sogar für mehr Bodendruck und verhindert beim Anfahren das Durchdrehen der Vorderräder. Ohne Ladung macht Hydrodrive noch mehr Sinn, da die Vorderachse mehr Antriebskraft als die wenig belastete Hinterachse übertragen kann.
Gut gemeistert hat MAN die trickreiche Verlegung der Hydraulikschläuche an der Vorderachse. Sie bildeten in den Anfangsjahren von Hydrodrive die Achillesferse, waren durch Biegung und Torsion extrem beansprucht und schlugen häufig leck, was das System außer Kraft setzte. Heute erfolgt die Leitungsverlegung anders, so dass beim Lenken und Einfedern der Räder die Biegungen der Leitungen nur noch in einer Richtung erfolgt. Gelungen ist MAN auch die Geräuschreduzierung. Von der Hydraulik für den Vorderradantrieb ist praktisch kaum etwas zu hören. Das laute Rattern, Pfeifen oder Jaulen wie bei einigen Wettbewerbern gibt es hier nicht.
MAN TGS Hydrodrive: Kippsattel mit Fahrkomfort
Auf der Straße hängt der relativ kompakte D26-Motor mit 470 PS willig am Gas, läuft kultiviert und zieht bei Bedarf kräftig durch – allerdings nicht immer ganz geräuschlos. Mit knapp 12 PS/t ist der beladene Kippsattel selbst auf anspruchsvollen Strecken zügig unterwegs. Die vollen 2.400 Nm Drehmoment fallen schon ab 930 und bis 1.350 Touren über die Antriebsachse her. Rund um die 1.000er-Marke im Drehzahlmesser läuft der Reihensechser besonders geschmeidig und ohne Vibrationen.
Das automatisierte Traxon-Getriebe leistet sich keine Schwächen. Die ausgeklügelte Elektronik wählt den Anfahrgang unter Berücksichtigung von Steigung und Last sehr gekonnt. Da sitzt jede Schaltung des Overdrive-Getriebes. Unliebsame Gangsprünge sind nicht auszumachen. Die breite Spreizung der zwölf Gänge in Verbindung mit der relativ kurzen Achsübersetzung (i=3,63) passt gut für den Bau. Langsames Rangieren im Gelände ist ebenso möglich wie Autobahnfahrten mit Tempo 85 bei nur 1.200/min. Das lässt auf passable Kraftstoffverbräuche schließen.
MAN TGS-Kippsattel mit Tempomat und Dauerbremse
Um Diesel zu sparen, trumpft der TGS mit GPS-gestützten Tempomat samt Ecoroll-Funktion auf. Bei leichtem Gefälle schaltet das Getriebe automatisch in Neutralstellung und nutzt die Rollenergie des Kippsattels. Seinen Job macht der „Efficient Cruise“ genannte Tempomat ganz ordentlich. Er nutzt die Freilauffunktion nicht hemmungslos und bleibt bergab eher auf Nummer sicher. Basis bildet die Geschwindigkeitsfenster, das der Fahrer dem Ecoroll zuvor zugebilligt hat. Über- und Unterschwinger zur Setzgeschwindigkeit lassen sich aber nur aus mehreren fest abgelegten Paarungen wählen.
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Bergab zeichnet sich die Dauerbremse aus EVBec-Motorbremse und Pritarder mit 320 kW Bremsleistung aus. Den im Kühlkreislauf integrierten Primär-Wasserretarder gibt es nur bei MAN. Die verschleißfreie Zusatzbremse arbeitet drehzahlabhängig, lässt sich über den Lenkstockhebel in sechs Stufen regeln und beißt mächtig zu, sofern das Getriebe in die kleinen Gänge zurückschaltet. An steilen Offroad-Talfahrten ist die Kombi-Dauerbremse stets stark genug, den Zug langsam und kontrolliert nach unten zu zirkeln. Im Rahmen der Systemgrenzen wirkt auch der Hydrodrive-Antrieb bei zugeschalteter Dauerbremse auf die Vorderachse und stabilisiert das Fahrzeug.
Assistenzsysteme im MAN TGS Hydrodrive
Unsere Meinung zum MAN TGS 18.470 4x4 Hydrodrive
Der Hydrodrive-Antrieb wertet den MAN-Baulöwen entschieden auf und lässt ihn in schwierigen Fahrsituationen nicht hängen. Mit 470 PS aus 12,4 l Hubraum mangelt es nicht an Leistung, die der TGS sicher auf die Straße bringt. Bei Talfahrt unterstützen ihn dabei die kräftigen Dauerbremsen. Ausgewogene Fahreigenschaften kombiniert mit den vielen Helferlein fürs sichere und effiziente Fahren machen den TGS zur ersten Wahl. Und das ausgeklügelte Spiegelersatzsystem Optiview setzt dem Löwen noch die Krone auf.
Technische Daten MAN TGS 18.470 4x4 Hydrodrive BL-SA
Fahrerhaus | |
Typ | TM-Fahrerhaus, mittelhoch |
Breite/Länge | 2.240/2.280 mm |
Motor | |
Motorbezeichnung | D2676 |
Bauart | Sechszylinder-Reihenmotor mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung, vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung, Euro 6d, AGR, DPF und SCR |
Hubraum | 12.419 cm³ |
Nennleistung | 346 kW/470 PS bei 1.800/min |
Max. Drehmoment | 2.400 Nm bei 930-1.350/min |
Dauerbremse | MAN Pritarder mit 320 kW bei 2.400/min, EVBec mit 305 kW |
Kraftübertragung | |
Getriebe | Automatisiertes Zwölfgang-Getriebe MAN Tipmatic 12.28 OD, i=12,92 - 0,77 |
Fahrprogramm | Performance, Efficiency, Offroad, Manoeuvre |
Achsen | |
Vorderachse | Faustachse mit Zwei-Blatt-Parabelfedern, Hydrodrive-Antrieb, Achslast: 7,37 t |
Hinterachse | AP-Achse mit Vier-Balg-Bauluftfederung, 11,0 t |
Übersetzung | i=3,63 |
Reifen | |
Lenkachse | Michelin XZY3, 385/65 R 22.5 |
Antriebsachsen | Michelin Works D, 315/80 R 22.5 |
Trailerachsen | Bridgestone R168, 385/65 R 22.5 |
Fahrgestell | |
Rahmen | Parallel-Leiterrahmen, Bauhöhe mittelhoch |
Bremsen | vorn Scheiben-, hinten Trommelbremsen |
Tankinhalt | Diesel: 390 l, Adblue: 60 l, Hydrauliköl: 153 l |
Maße und Gewichte | |
Länge/Breite/Höhe | 5.825/2.550/3.468 mm |
Radstand | 3.600 mm |
Bodenfreiheit vorn/hinten | 365/323 mm |
Leergewicht SZM/Zug | 8.185/14.435 kg |
Nutzlast SZM/Zug | 9.815/25.565 kg |
Testgewicht | 38.600 kg |
Aufbau | |
Hersteller + Typ | Meiller Kippsattel MHPS 44/3 N |
Leergewicht/Volumen | 6.150 kg/25 m3 |
Messwerte | |
Einstiegsstufenhöhen | 460/800/1.100 mm |
Höhe Fahrerhausboden | 1.420 mm |
Höhe Motortunnel | 270 mm |
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