Bauhelden unter Strom
Swerock in Göteborg hat zwei Volvo-Vierachser mit E-Antrieb im Dauereinsatz. Als Abrollkipper und Betonmischer sollen sie beweisen, dass rein batterie-elektrische Lkw auch im Baugewerbe funktionieren.
Das Mischen wird digital
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„Das ist definitiv der beste Lkw, den ich in meiner Laufbahn je gefahren habe“, versichert Robin Ytterdal mit einem breiten Lächeln und prescht über die Schotterwege des Steinbruchs Kållered nahe Göteborg. Der stämmige Schwede ist Lkw-Fahrer bei Swerock und sitzt am Steuer eines vollelektrischen Volvo Hakenabrollers. So leise, sanft und komfortabel sei der 34-Jährige bisher nie unterwegs gewesen.
Seit gut einem Jahr testet der Baustoffriese Swerock in Göteborg gemeinsam mit Volvo Trucks zwei batterieelektrische Schwer-Lkw für die Bauwirtschaft in der Praxis. Der eine transportiert Kies, Schotter und Recyclingmaterial in Abrollcontainern, der andere Frischbeton in einer 9-m3-Fahrmischertrommel. So unterschiedlich Aufbau und Einsatzzweck auch sind, das Grundkonzept der beiden Vierachser ähnelt sich frappierend. Sie basieren auf dem Volvo FM 8x4-Fahrgestell mit luftgefederter Tridem-Hinterachse. Die letzte Achse trägt Single-Bereifung und ist zwangsgelenkt. Identisch auch das Sleeper-Fahrerhaus mit Bett und stark nach hinten geneigter A-Säule, wie es bei den Vorgänger-Modellen von FM und FMX üblich ist. Zum Start des Praxistests war die neue Kabinen-Generation noch nicht verfügbar.
Zwei E-Motoren für den Antrieb
Auch in Sachen Antrieb gibt es bei den E-Laster für 41 t technisches Gesamtgewicht keine Unterschiede. Ähnlich wie beim Volvo FE Electric sind zwei Elektromotoren verbaut. Ihre Kraft von zusammen 400 kW (544 PS) in der Spitze überträgt ein von Volvo selbst entwickeltes Zweigang-Getriebe plus Kardanwelle an die Antriebsachsen. Am Rahmen verbaut sind jeweils vier Lithium-Ionen-Akkus für 264 kWh Nennkapazität. Das soll je nach Einsatz, Außentemperatur und Fahrerkönnen für bis zu 200 km Reichweite passen.
An Kraft mangelt es dem FMX Abrollkipper mit Elektroantrieb nicht. Zur Demonstration drückt Ytterdal stärker als sonst aufs Fahrpedal. Sofort kratzen die Räder auf dem losen Gestein durch. Gleichzeitig schwingt die Markierung in der digitalen Anzeige am Armaturenbrett gefährlich weit nach rechts in Richtung roter Power-Bereich und signalisiert, dass der Fahrbatterie viel Energie entzogen wird. Beim Rekuperieren wandert der Zeiger von der Zwölf-Uhr-Stellung nach links. Später in den Serienmodellen soll das Anzeigeinstrument ins Fahrerdisplay integriert werden.
Zum Laden der Akkus hat der Swerock-Fahrer zwei Möglichkeiten: Generell schließt er den E-Lkw über Nacht auf dem Parkplatz an das Wechselstromnetz an, wo die die Speicher langsam mit bis zu 22 kW Ladeleistung aufladen. In zwölf Stunden seien die vier Blöcke „vollgetankt“. Tagsüber, wenn es schnell gehen muss, steht ihm eine CCS2-Schnellladesäule mit bis zu 150 kW Ladeleistung zur Verfügung. Dann dauert die volle Ladung leerer Batterien nur 1,5 h.
Lieferradius bis rund 40 km
Auf den Rücktouren nimmt Ytterdal häufig Recyclingmaterial wie alten Asphalt oder Betonbruch mit. Dank Joab L24 EcoDrive-Hakengerät für 24 t Hubkraft kann der Lkw die gefüllten Container selbst aufnehmen und im Steinbruch abkippen. Dort auf dem Areal wird das Material zerkleinert und aufbereitet. Rund 600.000 t Altmaterial kommen jedes Jahr zusammen. Zudem werde jährlich 1 Mio. t Gestein neu gewonnen. Jeden Mittwoch ist Sprengung. Danach liegen 30.000 bis 40.000 t frischer Granit bereit, um nach Durchlauf in bis zu sieben hintereinander geschalteten Brechern Produkte in verschiedene Korngrößen zu erhalten.
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Ist für den Elektro-Hakenabroller draußen nichts zu holen, fährt Robin Ytterdal das frisch gebrochene Gestein im Werk zu den Brechern. Nur wenige 100 m sind dafür zurückzulegen. Statt Laufleistung kommt dann häufiger die Kipphydraulik zum Einsatz. Die Hydraulikpumpe wird ebenfalls elektrisch angetrieben, was zusätzlich Saft aus den Akkus zieht. Mehr Kippen bedeuten gleich weniger Reichweite. Noch zeigt das Display 202 kWh Restkapazität und 118 km theoretisch Reichweite an. „Das dürfte bis zum Feierabend ausreichen. Sonst geht es nochmals für ein paar Minuten an die Schnelladesäule“, so Ytterdal. Er entscheidet selbst, wann nachzuladen ist. Danach richtet sich auch die Tourenplanung für den E-Laster.
E-Fahrmischer für 9 m3 Frischbeton
„Für die E-Lkw haben wir extra eine Einweisung bekommen, da sie in der Fahrweise Besonderheiten aufweist“, erläutert Gustafsson. Der Elektro-Lkw lasse sich dank der elektrisch unterstützten Lenkung leichter steuern als ein Dieseltruck. Dafür müsse sie aber stets den Energiestatus im Blick behalten, um immer sicher zum Standort zurückzukommen. Ferner müsse die Dispo vorausschauend planen und dürfe den E-Fahrmischer nur auf kurzen Strecken einsetzen.
Seit Start des Praxistests hat Volvo die Elektrotrucks weiterentwickelt. So wie bei Swerock wird es die FM und FMX mit E-Antrieb künftig nicht mehr geben. Ab Mitte 2022 kommen neue FH, FM und FMX Electric mit drei statt zwei Elektromotoren für 490 kW (666 PS) Dauerleistung auf den Markt. Ein I-Shift-Getriebe mit zwölf Gängen ersetzt die Zweigang-Automatik. Bis zu sechs Batteriepacks sorgen für maximal 540 kWh gespeicherte Energie und bis zu 300 km Reichweite. Nur eins bleibt: Sie werden genauso leise und emissionsfrei unterwegs sein wie die beiden Swerock-Modelle.
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