New York's Grüner Laufsteg

Das Erfolgsprojekt "High Line" in New York ist richtungsweisend auch für andere Metropolen. Eine alte Güterbahnstrecke lässt ein neues Szene-Viertel entstehen.

New York's Grüner Laufsteg
Der zuletzt eröffnete Teil „Rail Yards“ ist benannt nach dem Abstellbahnhof, der nach wie vor dieses Areal beherrscht. | Foto: Iwan Baan

Einst eine herunter gekommene Gegend, dann kam blühendes Grün, das einen ganzen Stadtteil verwandelt: Die umgebaute Hochbahntrasse High Line in New York avanciert zum Touristenmagnet. Wie ein Laufsteg schlängelt sich der nur 10 bis 20 m breite Park auf einer Länge von 2,4km durch Süd-West Manhatten. Ende 2014 wurde der letzte Bauabschnitt fertiggestellt.

Die wahre Dimension wird aus der Vogelperspektive deutlich: hier ist etwa die Hälfte der Gesamtlänge zu sehen. | Foto: Iwan Baan
Die wahre Dimension wird aus der Vogelperspektive deutlich: hier ist etwa die Hälfte der Gesamtlänge zu sehen. | Foto: Iwan Baan

Alte Güterbahn

Um das Jahr 1930 entstand die New Yorker High Line und ermöglichte, dass der Schienenverkehr sich nicht mehr mit hohem Unfallrisiko auf der Straße abspielte. Nachdem 1980 die letzten Güterzüge rollten, verkam das Bauwerk und mit ihm die umstehenden Häuserblocks. Dem gemeinnützigen Verein „Friends of the High Line“, unterstützt durch die Stadt New York, gelang die Umgestaltung in den attraktiven Park. Über 8 Jahre wurde in drei Bauabschnitten die bislang „längste Dachbegrünung der Welt“ geschaffen.

Dauerhaft funktionssichere Basis

Das Team der Planer bestand aus den Landschaftsarchitekten James Corner mit seinem Büro Field Operations, den Architekten Diller Scofidio+Renfro und dem renommierten Pflanzenkenner Piet Oudolf. Die technische Basis jeglicher Gestaltungsideen mit Pflanzen, Gehbelägen und Aufenthaltsbereichen lieferte der erfahrene Dachbegrünungssystem-Hersteller ZinCo. Als Dränage wurden Floradrain-Elemente auf der abgedichteten Betondecke eingebaut. Diese profilierten Dränageelemente verfügen an der Oberseite über Mulden zur Speicherung von Niederschlagswasser. Überschusswasser wird über das unterseitige Kanalsystem sicher abgeleitet. Die Floradrain-Elemente wurden vollflächig verlegt, verfüllt mit Zincoblend M und anschließend mit Filtervlies abgedeckt. Darüber wurde die Vegetationstragschicht aufgebracht. Die vorhandenen Versorgungsleitungen für Wasser und Strom wurden im Aufbau integriert.

Die Betonstreifen, die sich jeweils an einem Ende schmal zuspitzen, laufen kammartig ins Grün aus – Überwuchern ist erwünscht. | Foto: Iwan Baan
Die Betonstreifen, die sich jeweils an einem Ende schmal zuspitzen, laufen kammartig ins Grün aus – Überwuchern ist erwünscht. | Foto: Iwan Baan

Reminiszenz an die Vergangenheit

Den Planern gelang in wunderbarer Weise die Einbindung des historischen Ursprungs in den Park, denn die früheren Gleise sind vielerorts sichtbar. Zudem hat Field Operations das so genannte „planking“-System entwickelt, ein Gehbelag aus Betondielen, die auf einer Seite spitz auslaufen und ebenso an überwucherte Gleise erinnern. Mehrere hundert verschiedene Pflanzenarten wurden ausgewählt, darunter zahlreiche Sträucher und Bäume, die heute auf im Mittel ca. 45 cm Substrat gedeihen. Für Pflanzen mit erhöhtem Wasserbedarf ist eine Tröpfchenbewässerung installiert. Das breite Spektrum reicht von sehr feuchten, moorähnlichen Bereichen bis hin zu trockenen Steppengräsern.

Besonders im zuletzt eröffneten Teil „Rail Yards“ erlebt man die Geschichte der Güterbahn noch intensiver. Der Bodenbelag erinnert an Bahnschotter, an vielen Stellen wurden die Schienen des alten Bahnhofs in den Asphalt des einfachen, geteerten Weges integriert.

Verbindung von Stadt, Natur und Kultur

Mitten im Häusermeer, ohne jede Abgeschiedenheit, ist die High Line aktiv und lebendig. Doch Zwischenstopps sind erwünscht. Dazu laden Parkbänke und Lounge-Bereiche mit Sitz- und Liegemöbeln ein. Von der theaterähnlichen „Viewing Box“ blickt man durch große Glasscheiben auf den Verkehr, Aussichtspunkte geben die Sicht frei auf Hudson River, Empire State Building und Freiheitsstatue. Oft finden temporäre Ausstellungen statt, Musiker und andere Künstler treten auf.

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Wandlung zum Szene-Viertel

Die High Line lockt nicht nur Naturliebhaber und Künstler, sondern auch jede Menge Investoren in den Süd-Westen Manhattens. Die vormaligen Industriebrachen Meatpacking District, Chelsea und Hell’s Kitchen verwandelten sich in teure Szeneviertel, in die Prominente und Gutverdienende ziehen. Haute-Couture-Läden, Galerien, Cafés und teure Restaurants prägen die sorgfältig renovierten Straßenzüge. Quer über der High Line thront das zur Zeit angesagteste Hotel der Millionenmetropole „The Standard“ und bietet spektakuläre Aussichten auf den Park auf Stelzen. Zahlreiche Baustellen markieren neue Wolkenkratzer und Luxus-Wohnblocks. Ein grüner Park ist damit zum Wirtschaftsmotor eines ganzen Stadtteils geworden, was es in dieser Form niemals zuvor gab. Für alteingesessene Bewohner ist dies aber leider auch eine zwiespältige Entwicklung, denn viele können sich die Mieten nicht mehr leisten.

Erholung auf der High Line – einfach mal auf den Rasen liegen und sonnen. | Foto: Iwan Baan
Erholung auf der High Line – einfach mal auf den Rasen liegen und sonnen. | Foto: Iwan Baan

Weltweites Vorbild

In Chicago soll ebenfalls eine stillgelegte Eisenbahnlinie in Grün verwandelt werden, in Philadelphia ein 18 m hohes Viadukt, in Atlanta soll ein Grüngürtel (Beltline-Projekt) in einer Länge von 35 km rings um die Innenstadt auf einem Bahn-Ring entstehen. Vergleichbare Projekte gibt es auch in Paris (Petite Ceinture), Wien (High Line Park Vienna) und London (Garden Bridge over the Themse). Aber nicht große Metropolen haben große Ideen: Krefeld plant sein Jahrhundertprojekt mit einer 14,5 km langen Promenade. Diese Akzeptanz und Nachahmungswelle sind deutliches Indiz dafür, dass die Bewohner großer Städte Natur vor der Haustüre haben wollen. Grund genug, nach weiteren geeigneten Flächen für öffentlich zugängliche Dachgärten Ausschau zu halten. Eine ausgereifte Dachbegrünungstechnik macht hier vieles möglich.

Zum Autor

Roland Appl ist Technischer Leiter bei der ZinCo GmbH, Nürtingen. Dieser Artikel ist zuerst in der B_I galabau 4/2015 erschienen. Profitieren Sie von weiteren spannenden Inhalten und bestellen Sie unsere aktuelle Ausgabe!

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Die Sitzbänke wachsen wie von selbst aus dem Boden und sind immer wiederkehrendes Gestaltungselement. | Foto: Iwan Baan
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