Grünfassaden mit Grauwasser versorgen

Ein neues Konzept für Grünfassaden soll dabei helfen, Trinkwasser zu sparen und Abwässer zu limitieren. Zur Wasserversorgung der verwendeten Pflanzen wird Grauwasser genutzt, das vorher über modulartige Paneelen aufgenommen und gereinigt wird.

Grünfassaden mit Grauwasser versorgen
Demonstrationsgebäude von Green Instruct in Sevilla (Spanien) | Foto: alchemia-nova GmbH
Das Wiener Grünfassadenkonzept GRETA (Green Wastewater Wall) des alchemia-nova Instituts ist eine vertikale Pflanzenkläranlage, die Abwasser aus Duschen, Handwaschbecken und Waschmaschinen als Brauchwasser zur Bewässerung von Pflanzen wiederverwendet. Werden Stauden, Kräuter, Gräser und Co. mit Grauwasser versorgt, so ergibt sich durch die Filterwirkung des Wurzelgeflechts im Substrat und über den Stoffwechsel der darin lebenden Mikroorganismen eine Reinigungswirkung. Seife, Shampoo, Waschmittel und organischer Schmutz werden dabei zu Pflanzennährstoffen. Bislang wurde Grauwasser wegen seiner darin enthaltenen Schmutzfracht nicht für die Versorgung von Gebäudefassaden genutzt. Stattdessen werden sie mit wertvollem Frischwasser samt zugegebener Düngerlösung ernährt. GRETA ist das erste Fassadenbegrünungssystem, das dazu ausschließlich Grauwasser nutzt.

GRETA ging als externes Fassadenpaneel aus einem internationalen Forschungsprojekt hervor, in dem Materialströme aus Bau- und Abrissschutt neu verarbeitet wurden (EU-Projekt Green Instruct, P.Nr. 723825). Im Zuge dessen entstanden vorgefertigte Fassadenelemente, die zu mehr als 80 Prozent aus Recyclingmaterial bestehen. Das Gehäuse der GRETA-Paneele besteht aus recyceltem Edelstahl bzw. Aluminium. Als Substrat für die Pflanzen dient Ziegelsplitt aus Abrissgebäuden, alternativ Blähton oder granuliertes Schaumglas.

Die Reinigungsleistung und Funktionsweise der GRETA-Paneele wurde im Zuge des Projekts über mehrere Jahre getestet, evaluiert und zur Praxisreife optimiert. Laut Messergebnissen entspricht das durch die vertikale Pflanzenkläranlage gereinigte Wasser den von der EU vorgegebenen Richtwerten. Derzeit werden die Paneele in Wien (Österreich) und Sevilla (Spanien) angewendet. In einem ergänzenden EU-Forschungsprojekt entwickelt das Institut alchemia-nova aktuell eine Grünfassadenversion für gemäßigte Zonen. Bei dieser sind die Paneele vor Frost geschützt, um eine ganzjährige Wasserreinigungsfunktion zu gewährleisten.

Schematische Darstellung der GRETA-Funktionsweise | Grafik: alchemia-nova GmbH
Schematische Darstellung der GRETA-Funktionsweise | Grafik: alchemia-nova GmbH

Der Einsatz von GRETA-Paneelen erzielt laut der Entwickler eine Wassereinsparung von 40 Prozent im Gebäude, trotz intensiver Begrünung. Das Wasser wird dreifach genutzt: zunächst z.B. zum Duschen. Anschließend dazu, die grüneffizienten Fassadenpaneele zu bewässern und drittens noch einmal, um den Rücklauf aus den Paneelen für die Toilettenspülung zu verwenden. Die Verwendung von Grauwasser bedingt die getrennte Wasserrohrführung für Grauwasser im Gebäude. Die Funktionsweise und Wasserreinigung wurde im Zuge des Projekts „Green Instruct“ sowohl in Wien als auch in Terassa (Spanien) getestet.

Um einen Kubikmeter Grauwasser zu reinigen, sind etwa 23 bis 25 Quadratmeter der Fassadenpaneele erforderlich. Bei einem durchschnittlichen Grauwasser-Verbrauch von 70 Litern pro Person und Tag sind 1,6 Quadratmeter Paneele pro Person im Haushalt erforderlich. So ergibt sich in einem Zwei-Personen-Haushalt eine jährliche Einsparung von Frischwasser in Höhe von etwa 40 Kubikmeter, zusätzlich zur Reduktion der Abwassergebühren. Zur Aufhängung der Paneele kalkuliert der Statiker pro Quadratmeter zwischen 60 und 110 Kilogramm Gewicht. Landschaftsgärtner können nach der Einführung in den sicheren Umgang mit GRETA-Paneelen die Module schnell und einfach montieren. Bei Bedarf sind einzelne Paneele problemlos austauschbar.

„Das Grundgerüst der Bepflanzung aller GRETA-Paneele bilden mit etwa 30 Prozent Pflanzenanteil spezielle Sumpfpflanzen, wie Juncus ensifolius, Carex acuta“, erläutert Botanikerin Andrea Zraunig von der Universität für Bodenkultur Wien, die an den GRETA-Paneelen und an deren Vorläufer vertECO© mitgearbeitet hat. Mit vergleichsweise starkem Wuchs und kräftig ausgeprägtem Wurzelwerk garantieren die zumeist verwendeten Gräser und Binsen reichlich Biomasse und üppige Nährstoffaufnahme. Die übrigen rund 70 Prozent Paneelbewuchs sind weitgehend frei wählbar. „Um die lokale Biodiversität zu unterstützen, empfehlen wir, zur Bepflanzung der Paneele bevorzugt regionaltypische Arten zu verwenden. Insgesamt besteht viel Spielraum für ästhetische Gesichtspunkte, die vom Planer gebäude- und umgebungsspezifisch angepasst werden können."

Close up - Beispielsbepflanzung der GRETA-Paneele | Foto: alchemia-nova GmbH
Close up - Beispielsbepflanzung der GRETA-Paneele | Foto: alchemia-nova GmbH

Auch die Bestückung der Paneele mit Nutzpflanzen, wie Kräuter, sei technisch möglich, so Heinz Gattringer, Senior-Entwickler des alchemia-nova Instituts: „Die Akzeptanz von essbaren Pflanzen, die in Grauwasser gewachsen sind, ist aber noch nicht vollumfänglich ausgeprägt. Einerseits nicht von Seiten der Kunden, andererseits noch nicht aus behördlicher Sicht.“ Über die Pflege von Pflanzen und GRETA-Paneelen rund ums Jahr sagt er: „Im Idealfall müssen die Pflanzen nur einmal im Jahr zurückgeschnitten werden.“

Städtischen Hitzeinseln entgegenwirken, Frischwasser einsparen, Abwasser reduzieren – neben der Grauwasserreinigung hat das GRETA-Fassadenbegrünungskonzept weitere positive Effekte auf Menschen und Klima in Städten. Es filtert Staub, Feinstäube und Schadgase aus der Umgebungsluft. Die Wasserverdunstung der Pflanzen trägt zur Befeuchtung und damit zur Kühlung der Umgebungsluft bei. Weil die Pflanzen die Sonneneinstrahlung nicht mehr bis zum Mauerwerk vordringen lässt, wirkt das einer Überhitzung der Gebäudewand entgegen. Zudem ergibt sich durch die Einbindung von Paneelen und Pflanzen auf der Fassade eine zusätzliche Gebäudeisolierung – auch in der kalten Jahreszeit. Hinzu kommt eine Reduzierung von Lärm und Nachhall.

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Ines Kantauer, Projektmanagerin bei alchemia-nova: „Die EU prognostiziert, dass Städte sich mehr und mehr zu Ballungsgebieten weiterentwickeln werden. Das lässt dort einerseits sommerliche Hitzeinseln, Wasserknappheit, gesteigertes Verkehrsaufkommen, schlechtere Luftqualität und mehr Lärm, andererseits die Schaffung von mehr urbanen Grünräumen durch Landschaftsgärtner erwarten. Denn die von der EU angestrebten Lösungen für diese genannten innerstädtischen Belastungen sollen, so Brüssel, umweltfreundlich, ressourcenschonend und effektiv sein.“


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