„Intuitiv schätzen die Menschen das Grün“
Bundesbauministerin Klara Geywitz traf sich im August mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen, um über Hitzeschutz in den Städten und Gemeinden zu sprechen. Dabei wurde über Maßnahmen an den Gebäuden, im öffentlichen Raum, über mehr Grün, Schwammstädte und Entsiegelung gesprochen. Unter anderem stellte Dresden seine Maßnahmen in diesen Bereichen vor. B_I galabau-Chefredakteur Bernd Hinrichs sprach mit René Herold, kommissarischer Amtsleiter Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden, über Hitze im Sommer und Starkregenereignisse und was die Kommunen tun können.
Herr Herold, wie war der Sommer in Dresden?
Zunächst wurden in diesem Sommer in Dresden (einmal) keine neuen Wetterrekorde aufgezeichnet.
Aber es zeigten sich doch einige ungewohnte Facetten: Trockenheit unterbrochen von einem heftigen Starkregenereignis im Juni, eine Hitzewelle im Juli, gefolgt von Herbststimmung bis weit in den August hinein. Zum Abschluss des Sommers noch mal eine sehr schwül-warme Periode. Im dichtbebauten Stadtgebiet (gemessen in Dresden Neustadt) war die Hitzebelastung schon enorm: Im Juli gab es fünf aufeinanderfolgenden Tage mit über 30 Grad, im August war es ein zwei Wochenzeitraum, in denen täglich die 30 Grad fast erreicht oder überschritten wurden. Auch gab es mehrere aufeinanderfolgende Tropennächte (als Nächte in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad Celsius fiel), was die Schlafqualität doch sehr einschränkt. (Im Vergleich dazu wurde an der Referenzklimamessstelle im unbebauten Umland nur eine Tropennacht gemessen.) Es trat also alles ein, was uns die Klimaprojektionen für die Zukunft verheißen wollen.
Insgesamt war der Sommer in Dresden mal wieder zu warm (Sommermitteltemperatur 2,3 Grad über dem Klimareferenzwert 1961 bis 1990), zu sonnig und mit 17 Millimetern und zwei Niederschlagstagen mehr als im Durchschnitt dieses Jahr sogar etwas zu nass.
Dresden ist sehr engagiert im Kampf gegen hohe Temperaturen und für ein besseres Stadtklima. Ist die Stadt besonders betroffen?
Durchaus. Das mittlere Klima im Raum Dresden ist deutlich kontinentaler geprägt als westliche Gebiete Deutschlands. Die Temperaturkurve zeigt also größere Schwankungen im Jahresverlauf. Von der Lage im thermisch begünstigten Elbtal profitiert beispielsweise der Weinbau. Versiegelung und Bebauung begünstigen jedoch die Ausbildung der städtischen Wärmeinsel seit jeher. Das voranschreitende Städtewachstum in Kombination mit den Klimaveränderungen verstärkt den Hitzeinseleffekt erheblich. Die Wärmebelastung wird von den Dresdnerinnen und Dresdnern schon längst als Problem wahrgenommen.
Nach der Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Umweltbundesamtes zählt u.a. der äußere Osten Deutschlands und damit auch das Elbtal zur „wärmsten Region“. Für diese Region ist der größte Zuwachs an heißen Tagen und Tropennächten zu erwarten.
Es ist also unumgänglich zum Wohl der Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner hier vorzusorgen. Die Stadt- und Umweltplanung spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Wie weit ist Dresden mit seinem Hitzeaktionsplan?
Der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden hat mit dem Beschluss zum Haushalt für die Jahre 2023 und 2024 die Verwaltung damit beauftragt einen Hitzeaktionsplan zu erstellen. Die Federführung übernimmt dabei das Amt für Gesundheit und Prävention unter Beteiligung weiterer Ämter. Dieses Jahr wird der Hitzeaktionsplan mit dem Aufbau eines Netzwerkes und der Umsetzung erster Aktionen beginnen. Die Erstellung des Planes dauert also noch.
Die Dringlichkeit ist bekannt, daher laufen unabhängig vom Hitzeaktionsplan bereits Maßnahmen zur Anpassung an Hitze in den einzelnen Ämtern. Im Rahmen des Hitzeaktionsplanes sollen diese gebündelt werden. Für diese Koordinierung benötigt es personelle und finanzielle Ressourcen. Beides fehlte in der Vergangenheit.
Vor rund einem Monat wurde das Hitze-Handbuch eingeführt. Gibt es bereits erste Reaktionen darauf?
Das Hitze-Handbuch entstand im Rahmen des Projektes HeatResilientCity II und wurde maßgeblich vom Amt für Gesundheit und Prävention erarbeitet. Alle gedruckten Auflagen (200 Exemplare) sind bereits vergriffen, sodass nachbestellt wurde (300 Exemplare). Es gab bisher sehr gute Reaktionen: sowohl betroffene Einrichtungen, die die Handbücher bestellt haben und mit dem Handbuch alles kompakt zum Klima in Dresden und Empfehlungen für ihren Bereich haben, bis hin zu anderen Kommunen, die nun ebenfalls etwas ähnliches aufsetzen wollen.
Welche Maßnahmen setzte Dresden zur Bekämpfung von Hitze im urbanen Raum derzeit um?
Es wurden und werden viele Maßnahmen zu Verbesserung des Stadtklimas umgesetzt, auch wenn es dabei noch viel Potenzial nach oben gibt. So wurden zahlreiche Dresdner Gewässer renaturiert, so dass kleine Grün- und Erholungsoasen entstehen. Unter dem Oberbegriff: Schwammstadt wird dies und andere Fragen u. a. der Regenwassersspeicherung verstärkt in den Fokus der Betrachtung von Projekten gerückt.
Ein ganz wichtiger Aspekt für das Dresdner Stadtklima ist es, die Kalt- und Frischluftzufuhr aus dem Umland in die Stadt zu erhalten und dafür die kaltluftentstehungsgebiete und Durchlüftungskorridore von Bebauung freizuhalten. Ein anderes Augenmerk liegt derzeit beispielsweise auf Schulhöfen, die oft besonders von Hitze im Tagesverlauf betroffen sind. Hier wird geprüft, welche kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen umgesetzt werden können. An einer Grundschule erfolgte beispielsweise eine umfassende Aufwertung des Grünbestandes (Pflanzung von über 500 Sträuchern), um Bäume nachhaltig zu schützen und die klimatischen Bedingungen auf dem Gelände u.a. mit dem Bau einer begrünten Pergola zu verbessern. Eine andere effektive und wichtige, wenn auch wenig im Stadtbild auffällige Maßnahme ist die Ausweitung der Refill-Kampagne. Den Bürgerinnen und Bürgern kostenlos Trinkwasser zur Verfügung stellen zu können, ist eine wichtige Präventionsmaßnahme während einer Hitzeperiode.
Das Amt für Gesundheit und Prävention wiederum schaut sich hitzesensible/hitzevulnerable Einrichtungen an und klärt die Bevölkerung über das passende Verhalten bei Hitze auf. Seit ein paar Jahren gibt es dazu den Hitze-Flyer, der vor dem Sommer u.a. an diese Einrichtungen herausgegeben wird. Auch eine Webseite www.dresden.de/hitze wurde eingeführt. Des Weiteren werden Vorträge etwa in Seniorenzentren gehalten, Schulungen für nächstes Jahr konzipiert und lokale Projekte im Stadtquartier zum Thema Hitze und für besonders hitzegefährdete Personen gefördert.
Die Beteiligung an Forschungsvorhaben unterstützt dabei die Bemühungen der Stadt. So bringen Projekte wie HeatResilientCity (Hitzeangepasste Stadt) oder KLIPS (Aufbau eines Temperatur-Sensornetzwerkes im gesamten Stadtgebiet) das Thema in die Breite – sowohl in der Verwaltung als auch in der Bürgerschaft.
Wie wurden diese Maßnahmen bisher aufgenommen in der Bevölkerung?
In den Veranstaltungen des Amtes für Gesundheit und Prävention mit den Dresdnerinnen und Dresdnern wurden viele Probleme, die die Menschen umtreiben, sichtbar. Gerade die Wohnsituation und wenn sich die Hitze im Innenraum staut, belastet ältere Menschen sehr. Auf der anderen Seite sind sie sehr froh, wenn sich jemand ihrer Sorgen annimmt. Dass die Stadtverwaltung mit einzelnen Gesichtern und Maßnahmen sichtbar für die Bevölkerung wird, wird ebenfalls gut aufgenommen.
Die Entwicklung von Grünflächen wird oder/und Begrünung beispielsweise von Schulhöfen wird als sehr positiv wahrgenommen. Intuitiv schätzen die Menschen das Grün, auch wenn hier bekanntermaßen vielfältige Konflikte bestehen (Stellplätze versus Grün, Grünpflege, „das Laub vor der eignen Tür“, etc.).
Welche Maßnahmen sind zukünftig noch geplant?
Mit dem Aufsetzen des Hitzeaktionsplanes hat die Stadtverwaltung viel vor. Es geht darum die Bedarfe im Stadtgebiet und bei den besonders durch Hitze gefährdeten Personen und Einrichtungen zu ermitteln. Dazu werden verschiedene Beteiligungsformate angestrebt. Alle Maßnahmen, die bisher zur Hitzeanpassung laufen und neue Maßnahmen werden in dem Hitzeaktionsplan aufgenommen und damit verstetigt.
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Ein weiteres wichtiges Projekt nächstes Jahr ist das Ausweisen kühler Orte im Stadtgebiet, die u.a. durch die Bevölkerung selbst vorgeschlagen werden. Wir prüfen diese dann nach und halten sie auf einer Karte fest. Auch das Ausweisen weiterer Refill-Stationen wird in einer groß angelegten Trinkkampagne nächstes Jahr erfolgen.
Weitere Maßnahmen zur Begrünung der Innenstadt sind am Laufen oder geplant. Dabei geht es darum, qualitätsvolle grüne Aufenthaltsbereiche zu schaffen, wo Gebiete derzeit ein Defizit aufweisen. Ein Fokus liegt auch auf den vulnerablen Bevölkerungsgruppen. Hier geht es beispielsweise darum, unsere Schulhöfe fit zu machen gegenüber den Hitzeeinwirkungen und Überflutungsgefahr. Vor allem steht, wie bereits angesprochen, bei allen Projekten die Umsetzung des Schwammstadtprinzips im Vordergrund. Denn dem Thema der Niederschlagswasserbewirtschaftung muss sich die Stadt noch deutlich stärker annehmen. Ohne Wasser funktioniert das Grün nicht. Ohne Grün verschlimmert sich der Hitzeinseleffekt.
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