Warnschutzkleidung – was muss sie leisten?

Die Sensibilität für Warnschutz hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Auch im Galabau fallen eine Vielzahl der Mitarbeitenden in die Gruppe der passiven Verkehrsteilnehmer. Sie gilt es davor zu schützen, übersehen zu werden. Wo früher eine Warnweste als ausreichend angesehen wurde, ist heute eine komplette Warnschutzkleidung angesagt.

PSA im Galabau - Was ist bei Schutzkleidung wichtig
Durch die große Hintergrundfläche des Logos werden die Vorgaben an die tagsichtbare Fläche nicht mehr erfüllt (Foto links). Das bedeutet den Verlust der geprüften Leistungsklasse und das Erlöschen der Baumusterprüfung. Durch Aufbringen des Logos allein bleibt ausreichend sichtbare Fläche und damit die Baumusterprüfung erhalten (Foto rechts) | Foto: Kübler

Warnschutzkleidung ist unverzichtbar für Personen, die auf verkehrsnahen Flächen oder unmittelbar im Gefahrenbereich des fließenden Verkehrs arbeiten. Ihre fluoreszierenden Hintergrundfarben und reflektierenden Streifen erhöhen die Sichtbarkeit für Fahrzeugführer oder Bediener anderer technischer Geräte und helfen so, Unfälle zu vermeiden.

Die Anforderungen an hochsichtbare Warnschutzkleidung sind in der EN ISO 20471:2017 geregelt. Die Norm basiert auf einer Risikobetrachtung und bezieht sich ausschließlich auf Warnkleidung zum Schutz in Situationen, in denen das Risiko hoch ist, übersehen zu werden. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen die passiven Verkehrsteilnehmer, deren Hauptaugenmerk auf ihre Tätigkeit und nicht auf den Verkehr wie bei Stapler- und Baggerfahrern gerichtet ist.

Die EN ISO 20471 definiert für passive Verkehrsteilnehmer abhängig von der Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Fahrzeuge (≤ 30 km/h, ≤ 60 km/h, > 60 km/h) drei Bekleidungsklassen (1, 2, 3) mit Mindestflächen in m2 an fluoreszierendem (tagsichtbarem) Hintergrundmaterial und retroreflektierendem (nachtsichtbarem) Material. Um optimalen Schutz zu gewährleisten, muss Warnkleidung der Klasse 3 mindestens über 0,8 m2 Hintergrund- und 0,2 m2 Reflexmaterial verfügen, jeweils gemessen an der kleinsten angebotenen Kleidungsgröße. Dabei ist es möglich, fluoreszierendes Hintergrundmaterial in den Farben Warngelb, Warnorange und Warnrot zu verarbeiten und für die geforderte Fläche zu addieren.

Durch zusätzliche Schulterstreifen gewährleistet die Warnschutzjacke der Kollektion Kübler Reflectiq aus fast jedem Blickwinkel eine bessere Sichtbarkeit. | Foto: Kübler
Durch zusätzliche Schulterstreifen gewährleistet die Warnschutzjacke der Kollektion Kübler Reflectiq aus fast jedem Blickwinkel eine bessere Sichtbarkeit. | Foto: Kübler

PSA nach DIN EN 20471

Warnkleidung nach DIN EN 20471 ist PSA (Persönliche Schutzausrüstung), die nach Gefährdungsbeurteilung im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes und der PSA-Benutzungsverordnung auszuwählen und zu beschaffen ist. Demzufolge hat der Arbeitgeber für die Beschaffung, Instandhaltung und Reinigung zu sorgen. In seine Pflicht fällt auch, Mitarbeitende in der sicherheitsgerechten Benutzung der PSA und über Verbrauchsgrenzen zu unterrichten und diese innerbetrieblichen Unterweisungen jährlich zu wiederholen. Diese Vorgaben müssen die Mitarbeitenden befolgen.

Technische Händler sind prädestiniert, ihre Kunden bei der Umsetzung dieser Vorgaben zu unterstützen. In jedem Fall empfehlen sich gemeinsame Vor-Ort-Termine, bei denen das Arbeitsumfeld unter Hinzuziehung der vom Unternehmen erstellten Gefährdungsbeurteilung nochmals betrachtet wird. Hier können Händler ihr Know-how im Bereich PSA und die in anderen Projekten gesammelten Erfahrungen einbringen.

Aufgrund abgelöster Reflexstreifen und der Verschmutzung durch Öl- und Grafitstaubablagerung gewährleistet diese Warnschutzjacke weder die in der EN 20471 geforderte Nachtsichtbarkeit noch die Tagsichtbarkeit. | Foto: Kübler
Aufgrund abgelöster Reflexstreifen und der Verschmutzung durch Öl- und Grafitstaubablagerung gewährleistet diese Warnschutzjacke weder die in der EN 20471 geforderte Nachtsichtbarkeit noch die Tagsichtbarkeit. | Foto: Kübler

360-Grad-Sichtbarkeit

Aus Gründen der besseren Rundumsichtbarkeit muss Warnkleidung den Torso und die Arme und/oder die Beine mit fluoreszierendem Material und retroreflektierenden Streifen umschließen. Warnwesten und Hosen erfüllen als einzelne Kleidungsstücke abhängig von der Anordnung und Breite der Reflexstreifen die Anforderungen der Klasse 1 oder 2. Latz- und Bundhosen in Kombination mit einer Warnweste oder Warnschutzjacke können in Klasse 3 eingestuft werden, wenn die sichtbaren Gesamtflächen den vorgeschriebenen Mindestwerten entsprechen. Zu beachten ist, dass die Gesamtfläche aller Logos von den sichtbaren Flächen abgezogen wird. Darum empfiehlt es sich, Fläche und Position der Logos für die Baumusterprüfung anzugeben. Ansonsten verlieren die Bekleidungsteile bei einer nachträglichen Veredelung ihre Zertifizierung.

Die Reflexstreifen und das Hintergrundmaterial (vertikal) müssen eine Mindestbreite von 5 cm aufweisen. Grundsätzlich sollte das fluoreszierende Material möglichst großflächig verarbeitet werden, um einen möglichst hohen Kontrast zum Hintergrund zu erzielen. Bei Dunkelheit tragen die an Ärmel- und Beinsaum positionierten Reflexstreifen maßgeblich dazu bei, Personen aufgrund ihrer Bewegung frühzeitig zu erkennen und adäquat zu reagieren. Die Wahrnehmung der menschlichen Silhouette lässt sich durch Kombination von waagrecht und senkrecht angeordneten Reflexstreifen verstärken. Wenn Ärmel die Sicht auf ein oder sogar zwei horizontale Torsobänder verdecken, müssen diese mit entsprechenden Reflexstreifen umschlossen sein. Zur Optimierung der Rundum-Sichtbarkeit bei Tag und Nacht ist im informativen Anhang D der EN ISO 20471 ein Leitfaden für das Design von Warnkleidung formuliert.

Die nach EN ISO 20471 zertifizierte Warnkleidung ist durch das Piktogramm, das eine Warnweste mit waagrechten und senkrechten Streifen darstellt, leicht erkennbar. Die Bekleidungsklasse ist rechts neben dem Piktogramm als Zahl vermerkt.

Die leichte Sommerhose aus der Kollektion sorgt für hohen Tragekomfort in der warmen Jahreszeit. | Foto: Kübler
Die leichte Sommerhose aus der Kollektion sorgt für hohen Tragekomfort in der warmen Jahreszeit. | Foto: Kübler

Qualität jenseits der Norm

Bei näherer Betrachtung weist das Angebot der im Markt angebotenen nach EN ISO 20471 zertifizierten Warnschutzkollektionen durchaus Qualitätsunterschiede auf. Die Norm stellt Mindestanforderungen. Durch den Einsatz von mehr Reflexmaterial und optimale Positionierung lässt sich die Sichtbarkeit – wie bei Kübler Reflectiq – noch weiter erhöhen. Die Verwendung von hochwertigem Reflexmaterial und dessen Aufbringung mit 2-Nadelstepp steigert die Standzeiten. Durch segmentierte Reflexstreifen wird die Warnkleidung atmungsaktiver. Unterschiede tun sich auch beim Hintergrundmaterial auf. Hier haben Gewebe mit Satinbindung den Vorteil, dass sie bei Kontamination mit Betriebsmitteln weniger verschmutzen. Der Technische Handel ist in punkto Qualität gut beraten, mit Markenherstellern zusammenzuarbeiten.

Erhalt der optimalen Erkennbarkeit im Praxiseinsatz

Warnkleidung ist in vielen Bereichen, wie zum Beispiel in der Abfallentsorgung, starker Verschmutzung ausgesetzt. Sie erfüllt dann die vorgeschriebenen Reflektions- und Retroreflektionswerte nicht mehr, wodurch die Erkennbarkeit leidet. Das Gleiche gilt für mechanisch stark beanspruchte Kleidung. Der Anwender ist verpflichtet, verschmutzte und/oder beschädigte Kleidung abzugeben, damit sie dem Textil-Dienstleister zugeführt werden kann. Dieser entscheidet in der Regel, ob das Kleidungsstück professionell gewaschen und wenn erforderlich repariert oder sofort aussortiert wird.

Warnschutz alleine reicht häufig nicht aus

Bei der Arbeit im Freien und auf Baustellen sind die Mitarbeitenden immer wieder auch Nässe, Wind und Umgebungskälte ausgesetzt, die den Wärme-haushalt des Körpers negativ beeinflussen können. Darum kommt zum Warnschutz der Wetterschutz gemäß EN 343 als Anforderung hinzu. Hohen Tragekomfort bietet eine nach dem Mehrlagenprinzip aufgebaute Bekleidung. Sie ermöglicht dem Träger, mehrere Kleidungsstücke aus unterschiedlichen Materialien übereinander zu tragen, um durch An- und Ausziehen individuell auf die jeweiligen klimatischen Bedingungen zu reagieren.

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Wenn Elektrizität im Spiel ist, wird über den Warnschutz hinaus Schutzkleidung verlangt, die vor Hitze und Flammen, der Einwirkung eines Störlichtbogens und/oder einer elektrostatischen Aufladung schützt. Aufgabe solcher Multinorm-Schutzkleidung ist es, das jeweilige Gefährdungsprofil umfassend abzudecken. Dazu müssen den Normen entsprechende Schuhe und Handschuhe sowie Gesichtsschutz getragen werden.

Autor: Joachim Geyer PSA-Experte bei der Paul H. Kübler Bekleidungswerk GmbH & Co. KG, Plüderhausen


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