Klimaresiliente Stadtentwicklung braucht Bäume

Die C2tree-Kampagne fördert seit 2007 u.a. Klimabaumpflanzungen in Städten und Gemeinden. Sie leisten einen wichtigen Beitrag, um negative Klimafolgen im urbanen Kontext abzumildern und, um den Einwohnern mehr Lebensqualität zu bieten. Die Zwischenbilanz der Projekte in Nürnberg und Stein verdeutlicht, wie wichtig eine Klimastrategie für die Stadtentwicklung der Zukunft ist und dass es nicht nur gilt, die Bäume in diese Strategie mit einzubeziehen, sondern sie auch langfristig vital an ihrem Standort zu etablieren.

Klimaresiliente Stadtentwicklung braucht Bäume
Der Klimahain Nürnberg am 4. August 2020: Ein positiver Gesamteindruck, auch wenn sich einige Bäume nicht etablieren konnten. Sie werden durch eine andere Baumart ersetzt. | Fotos: B_I/ Bauer

Stein ist das jüngste von fünf Großbaum-Projekten im urbanen Raum der Initiative C2tree. Mit Hilfe von Baumpatenschaften konnten bisher in Nürnberg, München, Augsburg, Region Eisenach und Stein insgesamt 132 Großbäume angepflanzt werden, die der städtischen Bevölkerung zu Gute kommen und von den Stadtgärtnereien bzw. Grünflächenämtern oder, wie im Fall des Golfclubs Eisenach, von einem privaten Verein gepflegt und unterhalten werden.

Projekt Stein mit Hindernissen

Die zehn C2tree-Feldahorne in Stein wurden im Dezember 2019 durch Spezialisten von Opitz Großbaumverpflanzung neben einem Radweg im Höllgarten gepflanzt. Verantwortlicher Ansprechpartner seitens der Stadt war und ist für dieses Projekt der städtische Baumpfleger und stellvertretende Leiter der Stadtgärtnerei Stein, Jörg Jaroszewski. Der gelernte Landschaftsgärtner hat 1998 seinen Meistertitel und 2002 den Titel Fachagrarwirt Baumpflege und Baumsanierung erworben. Seitdem ist er als ehrenamtlicher Dozent an der Nürnberger Schule für Baumpflege tätig und Mitglied im Prüfungsausschuss Fachagrarwirte Bayern. Vor acht Jahren übernahm er den Vorsitz im Prüfungsausschuss und ist darüber hinaus im Prüfungsausschuss Meisterprüfung Nordbayern engagiert. Seit 25 Jahren bei der Stadt Stein beschäftigt, verantwortet er dort die Pflege des öffentlichen Baumbestandes. Dabei umfasst sein Aufgabengebiet die volle Bandbreite eines Baumpflegers, von der Auswahl des Standortes für den Baum, über die Pflanzung und Pflege bis zur Fällung und der anschließenden Neupflanzung.

Zu den C2tree Bäumen im Höllgarten

Die 10 Feldahorne (Acer Campestre ‚Elsrijk‘) gehören zu den Zukunftsbaumarten, die auch in der Veitshöchheimer Straßenbaumliste 2021 vorhanden sind. Als einheimische Baumart sind sie im Landschaftsschutzgebiet Höllgarten aus Sicht von Jörg Jaroszewski die optimale Wahl. Er stellt fest: „Die Bäume, die im Winter 2019 von Opitz im Großbaumverpflanzverfahren gepflanzt wurden, sind im Frühjahr 2020 top ausgetrieben, haben zurzeit einen sehr guten Fruchtbehang und die Blätter sind vollständig ausgebildet in optimaler Größe und ohne Nekrosen.“ Das zeigt dem Baumpfleger, dass die Bäume auf dem doch eher sandigen Boden gut angewachsen sind. Sie werden vom Team der Stadtgärtnerei Stein wöchentlich mit ca. 100 l Wasser pro Baum gegossen, was der Menge entspricht, die jeder frisch gepflanzte Straßenbaum in Stein im ersten und zweiten Standjahr erhält. Die Bäume sind mittlerweile ins städtische Baumkataster aufgenommen worden, werden auf Verkehrssicherheit kontrolliert und sind damit in einem Pflegekataster, wenn es um Lichtraumprofilschnitte, Bewässerungen, Stammanstriche, Rückbau der Dreiböcke etc. geht. Der Stadtgärtner ist zuversichtlich, dass sich die Bäume optimal weiterentwickeln werden.

Bei dem Standort Höllgarten handelte es sich um eine Notlösung, denn ursprünglich sollten die C2tree-Bäume in das Klima-Anpassungsprojekt „Steiner Keimzelle“ einbezogen werden, welches Menschen aller Altersgruppen für Umweltbildung in Zeiten des Klimawandels sensibilisieren sollte. Anwohner geführte Bürgerproteste hatten das Projekt, für das auch schon Fördermittel beantragt worden waren, gestoppt und verhindert, dass dieses ehemals landwirtschaftlich genutzte Areal an der Deutenbacher Straße aufgewertet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte. Eine von der Stadt Stein anschließend in Auftrag gegebene Haushaltsbefragung hat nun ergeben, dass die Fläche für die Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden soll. Die weiterführenden Planungen sollen sich ausschließlich auf die natürlich vorkommenden Tiere und Pflanzen konzentrieren und deren Lebensraum verbessern. Eine zukunftsorientierte Ausrichtung der Fläche, ohne die klimatoleranten C2tree-Bäume hinzubekommen, wird hier wohl die große Aufgabe sein.

Der städtische Baumpfleger Jörg Jaroszewski begutachtete am 24. Juni 2020 die mit Sponsorenhilfe im Dezember 2019 gepflanzten Feldahorne (Acer Campestre ´Elsrijk‘), die ebenfalls zu den Zukunftsbaumarten zählen.
Der städtische Baumpfleger Jörg Jaroszewski begutachtete am 24. Juni 2020 die mit Sponsorenhilfe im Dezember 2019 gepflanzten Feldahorne (Acer Campestre ´Elsrijk‘), die ebenfalls zu den Zukunftsbaumarten zählen.

Neue Baumarten gesucht

Der Klimahain an der Bayernstraße/Ecke Münchener Straße ist das bisher größte C2tree-Baumpflanzprojekt. Renommierte Firmen sponserten die 56 klimatoleranten Bäume mit Stammumfängen von ca. 40 cm. Fachgerecht gepflanzt und nachversorgt wurden sie von Opitz Großbaumverpflanzung. Im ersten Pflanzabschnitt im Jahr 2010 wurden Amerikanische Amberbäume (Liquidambar styraciflua), Japanische Schnurbäume (Sophora japonica ‘Regent‘), Türkische Haselbäume (Corylus colurna), Südosteuropäische Silberlinden (Tilia tomentosa ‘Brabant‘) sowie Vogelkirschen (Prunus avium) mittels Rundspatentechnik und unter Einbringung von Perlhumus und Mykorrhiza-Pilzen gepflanzt, verankert und nachversorgt. Später kamen die Baumarten Nichtfruchtende Straßenesche, Ginkgo, Kobushi-Magnolie, Europäischer Zürgelbaum, Rotahorn und Ungarische Eiche dazu. Das Projekt wurde von Anfang an von der Stadt Nürnberg und damit vor allem vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR), der die Grünfläche zur Verfügung stellt und pflegt, mit betreut.

Die Bäume im Klimahain dienen auch als wissenschaftliche Forschungsobjekte. Sie werden von SÖR jährlich bonitiert, d. h. es werden in einer Liste Merkmale zu ihren Standortbedingungen, ihrer Vitalität und Gesundheit, sowie zur Pflege festgehalten. Die Ergebnisse leitet SÖR an die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim weiter. Die letzte Bonitur nahm Nürnbergs Stadtbaum-Managerin Petra Wang gemeinsam mit ihrem Kollegen Phillip Karl am 3. August 2020 vor. Dabei wurde festgestellt, dass sich die meisten Bäume in ihrer 6 bis 10-jährigen Standzeit sehr gut entwickelt haben, dass es aber leider auch einige Ausfälle gibt. Betroffen seien eine Silberlinde, die 2019 ersetzt wurde, drei Amberbäume und eine Kobushi-Magnolie. Die vier Letzteren sollen im nächsten Jahr durch eine andere Baumart ersetzt werden. SÖR empfiehlt den Amberbaum nicht mehr für die Verwendung im Straßenbegleitgrün in der Stadt Nürnberg. Der Baum reagierte sowohl im Straßenraum als auch in Grünanlagen mit Ausfällen. Die Gründe dafür sind bisher noch nicht eindeutig geklärt. Um solche Erfahrungen wird die SÖR-Straßenbaumliste fortlaufend aktualisiert. Vor allem hitze-, trockenheitstolerante und schadstoffverträgliche Baumarten und –sorten, die speziell für das Nürnberger Mikroklima mit generell geringen Niederschlägen geeignet sind, werden ausgewählt und getestet. Die Straßenbaumliste der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz GALK ist dabei ein wichtiges Kriterium.

Petra Wang ist Stadtbaum-Managerin beim Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) in Nürnberg. Im Klimahain erläuterte sie der B_I galabau Ergebnisse aus der Bonitur am 03.08.2020.
Petra Wang ist Stadtbaum-Managerin beim Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) in Nürnberg. Im Klimahain erläuterte sie der B_I galabau Ergebnisse aus der Bonitur am 03.08.2020.

Nürnbergs Stadtbaum-Konzepte

Petra Wang ist Ansprechpartnerin für den Klimahain und seit Mai 2019 als Stadtbaum-Managerin bei SÖR. Die Dipl.-Ing. Freiraumplanung (FH) und Gärtnermeisterin hat langjährige Berufserfahrung in den Bereichen Baumschule und Landschaftsarchitektur. Ihre zentrale Aufgabe ist es, sich koordinierend für die Erhaltung, die nachhaltige Entwicklung und die Vermehrung des Baumbestandes im öffentlichen Straßenraum und in den öffentlichen Grünanlagen im Stadtgebiet Nürnberg einzusetzen. Innerhalb von SÖR arbeitet sie zum Thema „Stadtbäume“ als Schnittstelle mit den verschiedenen Fachabteilungen „Planung und Bau Grün“/Straßenbegleitgrün /Objektplanung und Neubau und „Betrieb und Unterhalt“/Baumkontrolle und Baumpflege zusammen. Sie ist zudem als Ansprechpartnerin für andere Dienststellen, externe Partner und für die fachlichen Belange von Fraktionen, Institutionen, Vereinen, Stiftungen sowie von Bürgerinnen und Bürgern zum Baumbestand im öffentlichen Raum zuständig. Eine solche koordinierende Stelle gibt es erst in wenigen Städten Deutschlands, Nürnberg hat damit eine Vorreiterrolle inne.

In ihrer Funktion stellt Petra Wang immer wieder fest, wie unterschiedlich Schwerpunkte gesetzt werden bzw. wie sehr sich die Sichtweisen auf den Baum unterscheiden und wie wichtig daher eine Zusammenarbeit in diesem Bereich ist. Ein Ergebnis ihrer Kooperation mit den Fachabteilungen bei SÖR ist das „Soll-Konzept zur Jungbaumpflege von öffentlichen Bäumen in der Stadt Nürnberg“. Notwendige Pflegemaßnahmen zu Baumschnitt und Düngung werden vom 1. bis zum 24. Standjahr festgelegt und umgesetzt. „Wir haben festgestellt, dass die älteren Bäume in Nürnberg oftmals Schäden haben, weil pflegende Schnittmaßnahmen zur Kronenerziehung in der Vergangenheit nicht konsequent durchgeführt werden konnten.“ Die Vitalität und Lebensdauer der Bäume verbessert und verlängert sich, wenn die Bäume in ihrer Jugend eine gesunde Baum- bzw. Kronenstruktur entwickeln. Die Bäume im Klimahain sind seit dem 4. Standjahr bei SÖR in der Pflege und erhalten laut Petra Wang dauerhaft zehnmal im Jahr 200 l Wasser. Obwohl es sich um Klimabäume handelt, kämpfen einige ums Überleben. Einer noch stärkeren Belastung sind die urbanen Straßenbäume ausgesetzt. Die insgesamt rund 80.000 Straßenbäume leiden an der zunehmenden Hitze und Trockenheit. Die Böden sind nährstoffarm, verdichtet und werden in Straßennähe durch Emissionen und im Winter an Hauptverkehrsstraßen durch Streusalze belastet. Der Klimawandel und die Bedingungen in der Stadt fordern. Nach dem Hitzesommer 2018 mussten alleine an Einzelstandorten 351 Straßenbäume gefällt werden. Mit einer Gesamtsumme von 384 Ersatz- und Neupflanzungen konnte 2019 dieser Verlust ausgeglichen werden.

Die Feldahorne in Stein sind top ausgetrieben und zeigen einen sehr guten Fruchtbehang.
Die Feldahorne in Stein sind top ausgetrieben und zeigen einen sehr guten Fruchtbehang.
Um die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern und die schwierigen Standortbedingungen im Straßenraum für die Bäume zu verbessern, entwickelte SÖR verschiedene Strategien wie die „Qualitätsstandards für die Planung und den Bau von öffentlichen Baumstandorten“. Neue Standorte im Straßenraum werden mit einem speziell entwickelten Nürnberger Baumsubstrat und einer Baumscheibengröße von mindestens 16 m²/m³ gebaut. Das „Soll-Konzept zur Bewässerung von Straßenbäumen“ wird ab 2020 umgesetzt. Die regelmäßige Bewässerung wird von bisher mindestens 5 Jahren auf 15 Jahre ab der Pflanzung verlängert. Altbäume an besonders problematischen Standorten, werden ebenfalls regelmäßig mit Wasser versorgt. Weitere Maßnahmen sind bspw. die vielfältige Verwendung klimaverträglicher Bäume. So sollen Straßenzüge möglichst nicht mehr in Monokultur bepflanzt werden.

Eine Durchmischung der Arten stabilisiert die Gesundheit und Vitalität der Bäume. Schädlinge und Krankheiten sind meist auf bestimmte Wirtspflanzen spezialisiert. Ein Schädlingsbefall in einer Straße mit verschiedenen Baumarten führt nicht zum Ausfall aller Bäume. Die gesunden Bäume sorgen weiterhin für ein besseres Klima. „Ziel ist es“, laut Wang, „die Bäume möglichst gesund und langfristig an ihrem Standort zu etablieren. Dafür ist eine zukunftsorientierte Planung und Pflege entscheidend. Eine besondere Herausforderung ist es, genug freie Flächen für die dringend notwendige Pflanzung von mehr Bäumen zu schaffen. Eine neu strukturierte Flächenverteilung zugunsten von Wiesenflächen zur Frischluftentstehung und für die Entwicklung eines vitalen und langlebigen Baumbestandes muss jetzt geplant werden, damit Nürnberg nicht „neapolitanische Trockenheit“ erleiden wird.“

C2tree-Großbaum-Projekte
Anlässlich der Fachmesse demopark in Eisenach Kindel:

2007-2009: Pflanzung von 24 Kastanien und Holländischen Linden auf dem Golfplatz Eisenach

2011: Mammutbaum für Hütscheroda
2013: Ausstellung des Energie-Baumes und Pflanzung von 21 Bäumen aus dem Keltischen Baumkreis in der Gemeinde Behringen

Anlässlich der Deutschen Baumpflegetage in Augsburg:
2015: 14 Baumarten der Zukunft vorgestellt

Anlässlich der Fachmesse bauma in München:
2013-2016: 15 Klimabäume im baum@park München unweit vom Messegelände gepflanzt

Anlässlich der GaLaBau Fachmesse in Nürnberg:
2010-2014: Klimahain Nürnberg – Pflanzung von 56 verschiedenen Klimabäumen auf einem Areal in der Nähe der NürnbergMesse

2016: Stadt Nürnberg pflanzt Gedenkbaum für C2tree Initiator und ehemaligen Chefredakteur der B_I galabau, Erwin Bauer, im Klimahain

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2017-2019: Pflanzung von 10 Feldahornen neben einem Radweg in der Stadt Stein

Mehr Informationen zur Initiative C2tree, den Projekten und zu den Sponsoren unter www.c2tree.com


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Zehn Feldahorne in Stein gepflanzt

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