Scheinfirmen eines serbischen Clans aufgedeckt
Mitglieder eines serbischen Familienclans sollen den Staat und die Sozialkassen um mindestens elf Millionen Euro betrogen haben. Mit dabei war auch ein 67jähriger Deutscher. Bei ihm hing eine geladene Pistole griffbereit an der Garderobe.
Das Mischen wird digital
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Es ist morgens gegen fünf Uhr als etwa 300 Beamte von Zoll, Polizei und Steuerfahndung mit ihrer Aktion beginnen. Zeitgleich werden in Frankfurt die Wohnungen der drei Hauptverdächtigen Serben, des Bosniers und des Deutschen gestürmt. Die Haftbefehle werden vollstreckt. Durchsuchungen gibt es auch in elf weiteren Wohnungen und Geschäftsräume im Rhein-Main-Gebiet. Mehr als 15 Personen werden vernommen. Beteiligt sind zwei Sondereinsatzkommandos und eine Spezialeinheit des Zolls. Die Männer tragen sogenannte Vollschutzkleidung. Pistolenkugeln können ihnen kaum etwas anhaben. Die Sondereinheiten werden immer dann eingesetzt, wenn eine besondere Gefährdungslage vorliegt. Die Verdächtigen müssen also, wie Bender erläutert, wegen Gewaltdelikten, wie beispielsweise Körperverletzung oder illegalem Waffenbesitz, vorbestraft sein.
Scharfe Waffen gefunden
Dass diese Vorsicht berechtigt ist, zeigt sich bei der Festnahme des Deutschen. Er hatte seinen Revolver geladen und griffbereit in einem Holster an der Garderobe hängen. Zwei weitere scharfe Waffen und einen mit Nägeln gespickten Baseballschläger finden die Polizei im doppelten Boden seines Schrankes. Der Deutsche soll der Geldbote gewesen sein. Sobald die Überweisungen für die Scheinrechnungen auf den Konten waren, soll er das Geld in bar abgehoben und an seine Auftraggeber, die drei Serben, weitergeleitet haben. Als Entlohnung dürfte er eine Summe im hohen sechsstelligen Bereich erhalten haben.
Die Verhaftungen des Bosniers und der drei Hauptverdächtigen Serben verliefen weitgehend unspektakulär. Allerdings staunten die Spezialkräfte nicht schlecht, als sie einen der Serben aus dem Bett holten. Der schlaftrunkene und völlig überraschte Mann hatte nicht nur seine Hose, sondern gleich auch sein ganzes Geld mit ins Bett genommen. In seinen Taschen fanden die Ermittler mehrere tausend Euro, die an Ort und Stelle beschlagnahmt wurden. Doch es waren nicht nur ein paar tausend Euro, die sichergestellt werden konnten. Der Zoll verfügt über speziell ausgebildetes Personal, sogenannte Finanzermittler, deren Aufgabe darin besteht, in derartigen Fällen möglichst viel Geld für die spätere Wiedergutmachung des Schadens dingfest zu machen. Diesmal gelang es den Spezialisten, durch Sperrung von Konten und Pfändung offener Forderungen für erbrachte Bauleistungen insgesamt 2,9 Millionen Euro sicherzustellen. Außerdem hatten die Ermittler drei Bargeldspürhunde dabei. Die Tiere fanden mehrere zehntausend Euro. Zwei massiv goldene Armbanduhren der Marke Rolex und eine wertvolle Goldkette wurden ebenfalls eingezogen. Insgesamt konnten Bargeld und Vermögensgegenstände im Gesamtwert von etwa 120.000 Euro sichergestellt werden. Außerdem wurde bei den Durchsuchungen umfangreiches Beweismaterial, darunter auch Computer und Mobiltelefone beschlagnahmt. Sie werden, wie Bender mitteilte, durch Spezialkräfte des Zolls für IT-Forensik ausgewertet.
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Drei Baufirmen im Zentrum
Auf die Spur gekommen ist der Zoll den drei Serben und ihren Helfern vor etwa zwei Jahren bei einer verdachtslosen Baustellenkontrolle in Singen. Eine Firma aus Eschborn hatte ausländische Bauarbeiter nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Außerdem ließen die Papiere einiger Arbeiter Fragen offen. Die folgenden Ermittlungen brachten die Fahnder auf die Spur mehrerer Scheinfirmen, gegen die bei verschiedenen Staatsanwaltschaften bereits Ermittlungsverfahren liefen. Etwa zeitgleich reichten Banken Verdachtsanzeigen wegen Geldwäsche ein, die in Zusammenhang mit den Ermittlungen gebracht werden können. Im Zentrum stehen drei Baufirmen aus Frankfurt, Offenbach und Steinbach/Taunus. Sie werden von den drei Serben, wie Bender sagt, „im Familienclan betrieben“. Weitere Schein- und Servicefirmen vor allem in Hessen, aber auch in Köln und Hamburg werden ausgemacht. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt/Main hatte zwischenzeitlich die bei den verschiedenen Staatsanwaltschaften laufenden Verfahren gebündelt und das Hauptzollamt in Gießen und die Steuerfahndung Wiesbaden mit den Ermittlungen beauftragt. Mit einem Geflecht von Baufirmen und durch fingierte Zahlungen verschiedener Scheinfirmen hatte der Clan versucht, Schwarzarbeit zu verdecken, Einnahmen zu verschleiern und Kontrollen zu erschweren. Dabei gingen seine Mitglieder, wie Bender sagte, „besonders konspirativ“ vor. Die Ermittlungen seien vor allem durch Verlegung von Firmensitzen, schwer durchdringbaren Komplexen von Scheinfirmen und dem Einsatz von Strohmännern als Geschäftsführer erschwert worden. Derzeit sind Kollegen von Bender dabei, die vorhandenen Beweismittel auszuwerten und gerichtsverwertbar zu machen. „Bis sie damit fertig sind“, sagt er, „können noch einige Monate vergehen“.
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