ZDB und IG Bau wollen Meisterpflicht zurück

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und die IG Bau fordern die Wiedereinführung der Meisterpflicht insbesondere für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Eine entsprechende Forderung hat die CDU in ihr Programm für die kommende Bundestagswahl aufgenommen.

Fliesenleger: ZDB und IG Bau wollen Meisterpflicht zurück
Fliesenlegen in einem Autohaus: Der Meisterbetrieb Andreas Löffler GmbH aus Großenhain liefert hier Qualitätsarbeit ab. | Foto: Gutjahr

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Als im Jahr 2004 unter anderem für Fliesen- und Estrichleger, Betonstein- und Terrazzohersteller sowie etliche andere Handwerke die Meisterpflicht entfiel, war die Empörung bei fast allen Betroffenen groß. Unternehmen und Interessenverbände bangten um den Ruf ihrer Branchen, warnten vor weniger Ausbildung und Qualitätseinbußen, mehr Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit sowie deftigen Rückgängen beim Lohnniveau. Das alles ist heute, mehr als zehn Jahre später, in vielen Fällen Realität. Dietmar Schäfers, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt, geht sogar noch weiter. Für ihn ist alles „noch schlimmer gekommen, als wir gedacht haben“. Der Ruf der Fliesenleger, sagt er, „ist schon schwer angeschlagen“. Pfusch und Mängel seien relativ stark verbreitet, die Ausbildungszahlen in den Keller gegangen und auch das Lohnniveau habe kräftig gelitten.
80 bis 85 Prozent aller Fliesenlegerfirmen sind Ein-Mann-Betriebe, sagt Karl-Hans Körner, Vorsitzender des Fachverbandes Fliesen und Naturstein im ZDB . | Foto: Privat
80 bis 85 Prozent aller Fliesenlegerfirmen sind Ein-Mann-Betriebe, sagt Karl-Hans Körner, Vorsitzender des Fachverbandes Fliesen und Naturstein im ZDB . | Foto: Privat

Als es bei den Fliesenlegern noch die Meisterpflicht gab, so Schäfers, „waren das die Spitzenverdiener am Bau“. Heute liege das Lohnniveau etwa so hoch wie vor 15 Jahren. Was den Gewerkschaftsvertreter auch stört, ist die extrem hohe Zahl von Ein-Mann-Betrieben. Die sei, sagte er, „geradezu explodiert“. Vor diesem Hintergrund müssten die verantwortlichen Politiker erkennen, dass die Aufhebung der Meisterpflicht „ein riesengroßer Fehler war und man das Rad wieder zurückdrehen muss“.

„Fehlentscheidung mit fatalen Folgen“

Um das zu erreichen, haben sich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und die IG Bau in einem Brief an die Generalsekretäre der im Bundestag vertretenen Parteien gewandt, in dem sie die Wiedereinführung der Meisterpflicht und damit die Aufnahme in die Anlage A der Handwerksordnung für das Fliesen-, Platten- und Mosaikhandwerk fordern. In dem Schreiben, das dem B_I baumagazin vorliegt, wird von einer „Fehlentscheidung mit fatalen Folgen“ gesprochen. Die Qualität der Dienstleistung sei durch die Aufhebung der Meisterpflicht „in Verruf geraten“. Viele einst florierende Betriebe mit qualifizierten Fachkräften hätten dem „Unterbietungswettlauf mit Dumpinganbietern“ nicht standhalten können und aufgeben müssen. Der von der Politik durch die Deregulierung erhoffte Wachstumsschub für das Handwerk und die Beschäftigten sei ausgeblieben.

Über 90 Prozent Kleinunternehmen

Seit der Aufhebung der Meisterpflicht für Fliesenleger im Jahr 2004 ist nach Erhebungen des ZDB die Zahl der Betriebe um fast 600 Prozent von 12.401 auf genau 71.142 im Jahr 2015 gestiegen. Gleichzeitig gingen die Ausbildungszahlen von 3.029 auf 2.209 und damit um 27 Prozent zurück. Noch weitaus stärker sind die Einbrüche bei den Meisterprüfungen. Ihre Zahl sank im gleichen Zeitraum von 423 auf 114, und damit um 73 Prozent. Geändert hat sich auch die Struktur der Branche. Vor Abschaffung der Meisterpflicht, sagt Karl-Hans Körner, Vorsitzender des Fachverbandes Fliesen und Naturstein im ZDB, hätten etwa 20 Prozent der Unternehmen bis zu zehn Mitarbeiter beschäftigt. Bei 15 Prozent seien es zwischen 10 und 40 gewesen. Heute hingegen sind nach Angaben von Körner etwa 80 bis 85 Prozent der Firmen Ein-Mann-Betriebe. Auf 92 bis 93 Prozent schätzt er den Anteil von Kleinunternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern. Außerdem gebe es etwa 20.000 Unternehmen aus Ost- und Mitteleuropa.

Dietmar Schäfers, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG Bau, hält den Ruf der Fliesenleger für „schwer angeschlagen“. Den Grund dafür sieht er im Wegfall der Meisterpflicht. | Foto: IG Bau (Paul Schimweg)
Dietmar Schäfers, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG Bau, hält den Ruf der Fliesenleger für „schwer angeschlagen“. Den Grund dafür sieht er im Wegfall der Meisterpflicht. | Foto: IG Bau (Paul Schimweg)

Schadensquote stark gestiegen

Körner, der zusammen mit Schäfers den Brief an die Generalsekretäre der Regierungsparteien unterzeichnet hat, verweist auf ein Gutachten des Fraunhofer-Institutes, wonach rund 70 Prozent der Schadensfälle auf Betriebe entfallen, in denen nicht ausgebildet wird. Wie Schäfers spricht auch er von einer „vehement gestiegenen“ Schadensquote. Viele Betriebe, sagt Körner, würden heute ihr Gewerbe an- und übermorgen wieder abmelden. Er ist deshalb froh darüber, dass die CDU die Einführung der Meisterpflicht für Fliesenleger in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat. Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft. Die habe, sagt Körner, „guten Zugang zur Politik“.

Sowohl er als auch Schäfers von der IG Bau sehen die Aussichten, dass die Politik einlenkt und für das Fliesenlegerhandwerk wieder zur Meisterpflicht zurückehrt, durchaus positiv. „Bei nüchterner Betrachtungsweise“, so Schäfers, „muss die Politik erkennen, dass das damals (die Abschaffung der Meisterpflicht; Anm. d. Red.) ein riesengroßer Fehler war. Unsere Chancen sind gut.“ Behält Schäfers Recht und die Politik lenkt ein, wären die Zeiten, in denen man lediglich eine Eintragung in die Handwerksrolle, einen Gewerbeschein und eine Steuernummer braucht, um einen Fliesenlegerbetrieb zu eröffnen, zumindest vorerst vorbei. Bestehende Betriebe, sagt Körner, wären von einer Umstellung kaum betroffen. Sie hätten dann „einen gewissen Bestandsschutz“.

EU will Meisterpflicht nicht antasten

Ob die Meisterpflicht allerdings mittel- und vor allem langfristig Bestand haben wird, daran gibt es durchaus Zweifel. Niemand kann derzeit genau sagen, wie die EU-Kommission sich in Zukunft verhält. Zwar wird dort betont, dass die bestehende Meisterpflicht nicht angetastet werden soll. Ob sie allerdings innerhalb der EU eine Beschränkung für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt darstellt, ist bisher nicht geklärt. Nur wenn das verneint wird, dürfte es keinen Grund mehr für ihre Abschaffung geben. Schäfers will deshalb den Beteuerungen der EU-Kommission „erst dann glauben, wenn das wirklich so ist“. Ähnlich denkt auch Körner vom ZDB.

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Während praktisch alle Handwerke, die 2004 von der Anlage A in die Anlage B wechseln mussten, wieder zurück zur Meisterpflicht wollen, sind die Gebäudereiniger die große Ausnahme. Sie drängen darauf, ihren Status als nicht meisterpflichtiges Handwerk zu behalten. Johannes Bungart, Geschäftsführer vom Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks nennt dafür vor allem zwei Gründe. Er hält die Tarifpolitik für wichtiger als die Diskussion um die Frage Anlage A oder B, und der Verband will eine tarifpolitische Spaltung der Branche verhindern. Bungart: „Das Berufsbild würde zersplittert, und das wollen wir nicht.“ Für die Bestrebungen der Fliesenleger hat er jedoch volles Verständnis. Sie befänden sich in einer völlig anderen Wettbewerbssituation. Im Gegensatz zu Gebäudereinigern seien die Fliesenleger nämlich auch im privaten Bereich tätig. Dort aber, sagt Bungart, „hätten wir mit unseren Tarifen und Mindestlöhnen überhaupt keine Chance“. Was eine mögliche Wiedereinführung der Meisterpflicht angelangt, gibt es für ihn allerdings noch viele Fragezeichen. In europarechtlicher Hinsicht, sagt er, „glaube ich, dass es schwierig wird“.



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