Standort-Risiko Internet?
Deutschland gibt sich gern modern und innovativ. Doch der Innovationsstandort Deutschland könnte schneller ins Hintertreffen geraten als gedacht. Schuld ist die mangelnde Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur. Sie entwickelt sich allmählich zu einem echten Problem.
Das Mischen wird digital
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Langsames Internet kein Einzelfall
Das Kieler Beispiel ist kein Einzelfall. Die schnelle Internetversorgung in Deutschland ist eher die Ausnahme: Laut Statistischem Bundesamt hat nur jedes vierte deutsche Unternehmen Zugang zum schnellen Internet. Damit liegt Deutschland mal knapp über dem europäischen Durchschnitt. Außerdem fällt Deutschland wegen des geringen Ausbautempos kontinuierlich zurück. Unter einer schnellen Online-Verbindung ist eine Datenübertragungsrate von mindestens 30 Mbit/s zu verstehen. Spitzenreiter in Europa ist Dänemark, hier hat jedes zweite Unternehmen einen schnellen Zugang. Im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) betrachtet man – im Gegensatz beispielsweise zur Versorgung mit Wasser oder Strom – die digitale Versorgung nicht zur staatlichen „Daseinsvorsorge“ gehörig. Sie sei einzig und allein Sache der Netzbetreiber und nicht der Politik.
Ziel: Breitband für alle bis 2018
Um jedoch unterversorgte Gebiete zu fördern, hat die Bundesregierung ein Investitionsprogramm von 10 Mrd. Euro. aufgelegt. 1,1 Mrd. davon stammen aus dem Investitionspaket der Bundesregierung und etwa 1 Mrd. erhofft man aus den Frequenzversteigerungen für das Mobile Breitband. 8 Mrd. haben die Netzbetreiber für die Modernisierung ihrer Netze zugesagt.
Denn nach dem Wunsch der Bundesregierung soll Deutschland 2018 flächendeckend mit Breitbandnetzen versorgt werden, das mindestens 50 Mbit/s leisten kann. Für die Versorgung Europas sieht die „Digitale Agenda“ der EU-Kommission die Versorgung mit 30 Mbit/s bis zum Jahr 2020 vor. Sie sieht darüber hinaus eine Kostensenkungsinitiative vor: so sollen Synergieeffekte genutzt werden, um beispielsweise bei Straßenbaumaßnahmen die digitale Versorgung gleich mit zu berücksichtigen. Außerdem soll die sogenannte „Passive Infrastruktur“ wie Leitungsrohre, Einstiegsschächte und andere Trägerstrukturen zu fairen und angemessenen Konditionen von den Netzbetreibern gewährt werden.
Experten halten die Planung des Bundesministeriums und der EU für sehr ambitioniert, wenn nicht unmöglich – schon der anfallenden Kosten wegen. Denn je weiter die Versorgung in die Randgebiete kommt, umso teurer wird sie. Wegen der damit verbundenen mangelnden Rentabilitätserwartungen zeigen kommerzielle Netzanbieter eine geringere Bereitschaft, städtische Randlagen oder ländliche Gebiete anzuschließen.
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Breitband für alle kostet 20 Milliarden Euro
Ein Gutachten des TÜV-Rheinland ergab, dass die flächendeckende, also 100%ige Breitbandversorgung aller rund 40 Millionen deutschen Haushalte und Betriebstätten mit mindestens 50 Mbits/s rund 20 Milliarden kosten. Würden nur 75% aller Haushalte und Betriebsstätten versorgt, sinken die Kosten auf überschaubare 5,3 Milliarden. Um die letzten 5 % aller Anschlüsse zu versorgen, müssen rund 8 Milliarden – d.h. 40% der Gesamtkosten – aufgewendet werden. Dieser Kostensprung erklärt sich aus den hohen Aufwendungen für die Anschlüsse in Randlagen. Dabei geht es um einen Technologiemix aus Glasfaser und bereits vorhandenen Kupfer- und Fernsehkabel. Nach Angaben der Telekom würde die Versorgung ausschließlich mit Glasfaser die Kosten vervierfachen. Das Unternehmen kalkuliert beispielsweise die Verlegung eines Kilometers Glasfaser mit 60-80.000,- Euro.
Es geht auch anders
Für die ansässigen kleinen und mittelständischen Betriebe bedeutet die Glasfasertechnologie langfristig eine Sicherung des Standortes, in den sie nun investieren können. „Wenn wir damals nicht gehandelt hätten, hätte die Gefahr bestanden, dass Betriebe in besser versorgte Gebiete abwandern“, ist Jürgen Walther, Geschäftsführer der OREG überzeugt. Heute ist der Odenwaldkreis immer noch der einzige flächendeckend mit Glasfasernetz ausgestattete Landkreis.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im B_I baumagazin 6+7/2015.
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