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Bundeskartellamt ermittelt in Sachen Brandschutzschalter

Die Auseinandersetzungen um die Einführung sogenannter Brandschutzschalter spitzen sich zu. Jetzt hat sich das Bundeskartellamt eingeschaltet. Auch der Siemens-Konzern steht in der Kritik. Er weist sämtliche Vorwürfe zurück.

Bundeskartellamt ermittelt in Sachen Brandschutzschalter
Der Brandschutzschalter 5SM6 erkennt Fehlerlichtbögen, die durch beschädigte Leitungen entstehen können. | Foto: Siemens AG

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Es ist zwar nur ein kleiner Schalter, doch er hat die Bauwirtschaft ziemlich kalt erwischt. Wer könne sich schon vorstellen, fragt Roland Glauner, beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) für die Bereiche Technik und Unternehmensentwicklung zuständig, dass sich hinter der Überschrift „Einrichten von Niederspannungsanlagen/Schutz gegen thermische Auswirkungen“ eine für die Bauwirtschaft mit nicht unerheblichen Auswirkungen verbundene neue DIN-Norm verbirgt. Doch damit nicht genug. Auch am Normungsprozess waren die zuständigen Gremien aus der Bauwirtschaft nicht beteiligt. Glauner: „Wir wussten von nichts.“ Kein Wunder also, dass der Aufschrei in der Branche groß war, als plötzlich und unvermittelt bekannt wurde, dass die Installation sogenannter Brandschutzschalter bei einem großen Teil aller Elektroanlagen, die nach dem 18. Dezember 2017 fertiggestellt werden, Pflicht sein soll. Betroffen sind unter anderem Räume und Orte mit brennbaren Baustoffen, Schlaf- oder Aufenthaltsräume von Heimen oder Tageseinrichtungen für Kinder, behinderte oder alte Menschen sowie Schlaf- und Aufenthaltsräume von barrierefreien Wohnungen. Mit Einbau, sagt Glauner, koste ein Schalter etwa 150 Euro. Da jeder Schaltkreis mit einem Gerät ausgestattet werden muss, kommt man schon bei einem Einfamilienhaus leicht auf zusätzliche Kosten von 3.000 Euro und mehr. Die Folge ist eine weitere nicht unerhebliche Steigerung bei den Baupreisen.

Zweifel an der Notwendigkeit nicht ausgeräumt

Doch die Bauwirtschaft bemängelt nicht nur den weiteren Kostenschub und ihre nicht vorhandene Beteiligung am Normungsprozess. Sie bezweifelt auch, dass der Einbau überhaupt notwendig ist. Dr. Philipp Mesenburg, Leiter des Rechtsamtes beim ZDB: „Uns sind keine belastbaren Studien oder sonstige Untersuchungen bekannt, die eine derartige Pflicht begründen könnten.“ Schon im August vergangenen Jahres hatte sich der Verband mit der Bitte um entsprechende Nachweise an die beim Normungsprozess federführende Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) gewandt. Doch bis heute, wie Glauner sagt, ohne Erfolg. Auch eine umfangreiche Mitgliederbefragung habe keinerlei Hinweise ergeben, die den Einbau rechtfertigen könnten. Das Bundesbauministerium sehe ebenfalls keine Notwendigkeit. Glauner: „Wenn es wirklich eine ernst zu nehmende Gefahr gäbe, wären wir die letzten, die nicht sofort sagen würden, dann baut den Schalter ein.“ Mesenburg verweist außerdem auf die geltende Rechtslage. Demnach wird die Installation bauordnungsrechtlich nicht gefordert.

„Uns sind keine belastbaren Studien oder sonstige Untersuchungen bekannt, die eine derartige Pflicht begründen könnten.“ Dr. Philipp Mesenburg, Leiter des Rechts- amtes beim ZDB | Foto: ZDB
„Uns sind keine belastbaren Studien oder sonstige Untersuchungen bekannt, die eine derartige Pflicht begründen könnten.“ Dr. Philipp Mesenburg, Leiter des Rechts- amtes beim ZDB | Foto: ZDB

„Lizenz zum Gelddrucken“

Was den ZDB und auch andere Interessenverbände in der Bauwirtschaft nachdenklich stimmt, ist die Rolle, die der Siemens-Konzern im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Brandschutzschalters spielt. Die Norm wurde im Februar 2016 veröffentlicht. Nur zwei Monate später, genau am 21. April 2016, hatte die Siemens AG ein Patent auf „Brandschutzschalter zum Erkennen von Störlichtbögen“ beim Europäischen Patentamt angemeldet. Mesenburg: „Dieser zeitliche Zusammenhang lässt uns natürlich hellhörig werden.“ Andere Stimmen in der Bauwirtschaft werden deutlicher. Sie sprechen von einer „Lizenz zum Gelddrucken“. In einer Hintergrundinformation, die dem B_I baumagazin vorliegt, hatte Siemens schon im März 2016 geschrieben: „In allen Elektroinstallationen, die nach Veröffentlichung der aktuellen Version der DIN VDE 0100-420 im Februar 2016 projektiert werden, müssen Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen in den definierten Anwendungsbereichen verbindlich eingesetzt werden.“

Internationale Norm empfiehlt Schutzeinrichtung

Siemens weist alle Vorwürfe zurück. Wie ein Sprecher mitteilte, verfüge der Konzern über keine „Schlüsselpatente, ohne die die Herstellung eines Brandschutzschalters nicht funktionieren würde.“ Vielmehr nutzten alle Hersteller von Bandschutzschaltern eigene Technologien und verfügten über entsprechende Patente. Auch verkaufe Siemens keine Teile zur Fertigung von Brandschutzschaltern. Dass „gefährliche Fehlerlichtbögen ein enormes Risiko“ darstellten, belegten „diverse Untersuchungen“. Einen „direkten Zusammenhang“ zwischen der Veröffentlichung der DIN und der Einreichung des Patentantrages gebe es nicht. Vielmehr beschäftige man sich schon seit Jahren mit der Entwicklung eines Brandschutzschalters. Der Konzern verweist in diesem Zusammenhang auf die bereits 2014 von der International Electrotechnical Commission, einer internationalen Normungsorganisation mit Sitz in Genf, erlassene Norm IEC 60364. In ihr wird der Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen in bestimmten Anwendungsbereichen empfohlen. Diese Norm sei dann, wie weiter mitgeteilt wurde, in die nationale DIN VDE 0100-420 umgesetzt worden. Auch Siemens stellt fest, dass es keine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau des Brandschutzschalters gibt.

Kartellamt hat Vorermittlungen eingeleitet

In das Für und Wider um den neuen Brandschutzschalter und damit auch die entsprechende Norm hat sich jetzt das Bundeskartellamt eingeschaltet. Wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte, laufen derzeit bei der Behörde entsprechende Ermittlungen. „Wir prüfen, wie die Norm zustande gekommen ist.“ Der Sprecher betonte, dass es sich nur um Vorermittlungen handele. Ob ein förmliches Verfahren eingeleitet werde, sei noch nicht entschieden. Als Grund für ihr Einschreiten nannte die Behörde eine „Beschwerde“, die sie „aus dem Markt heraus“ erhalten habe. Zu weiteren Details wollte sich der Sprecher auch auf Nachfrage nicht äußern.

Zwar gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, den Brandschutzschalter einzubauen. Normen, wie die DIN VDE 0100-420, haben jedoch eine sogenannte Vermutungswirkung. Das heißt, werden sie nicht eingehalten, müssen Planer, Bauunternehmern oder auch Betreiber im Schadensfall unter Umständen nachweisen, dass sie die Vorgaben der Norm anderweitig umgesetzt haben. Gelingt ihnen das nicht, können sie kräftig zur Kasse gebeten werden. Im Extremfall drohen sogar Haftstrafen.

Soll vor elektrisch verursachten Bränden schützen: Der Brandschutzschalter 5SM6 wurde 2012 erstmals vorgestellt. | Foto: Siemens
Soll vor elektrisch verursachten Bränden schützen: Der Brandschutzschalter 5SM6 wurde 2012 erstmals vorgestellt. | Foto: Siemens

Umfassende Aufklärung nötig

Um sich entsprechend abzusichern, empfiehlt der ZDB seinen Mitgliedsunternehmen zwei alternative Vorgehensweisen. Entweder sie vereinbaren im Bauvertrag die Anwendung der Norm und damit den Einbau von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen und sind damit auf der sicheren Seite. Oder sie legen vertraglich fest, dass die Schutzeinrichtungen nicht eingebaut werden. In diesem Fall müssen die Bauherren, insbesondere wenn es sich um Privatpersonen handelt, umfassend aufgeklärt werden. Rechtsamtsleiter Mesenburg: Die Anforderungen, die der Verbraucherschutz stellt, sind sehr hoch.“

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Wozu der Schalter dient

Was die neuen Brandschutzschalter verhindern sollen, ist das Entstehen sogenannter serieller Fehlerlichtbögen. Sie können sich an der Phase oder dem Neutralleiter bilden, wenn diese, weil beispielsweise abgeknickt, teilweise beschädigt sind. Dasselbe gilt bei fehlerhaft montierten Steckdosen oder Schaltern. Der Lichtbogen, der dabei nur an dem jeweiligen Leiter entsteht, soll Temperaturen von bis zu 6.000 Grad Celsius erreichen. Anders als bei einem Kurzschluss, bei dem Phase und Neutralleiter aufeinandertreffen und ein paralleler Lichtbogen entsteht, gibt es beim seriellen Lichtbogen keinen Spannungsabfall. Und nur darauf reagieren die bisher eingebauten Sicherungen. Serielle Fehlerlichtbögen werden von ihnen nicht erkannt und folglich auch nicht verhindert.


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