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Stahlbrücken mit hochfestem Beton ertüchtigen
Der Brückenbelag nach der Sanierung.| Fotos: Leonhard Weiss

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Die rund 39.000 Brücken in Deutschland ächzen unter der Last des ständig steigenden Verkehrsaufkommens. Viele sind dem heutigen Personen- und Schwerlastverkehr konstruktionsbedingt nicht mehr gewachsen. Im Extremfall droht eine Sperrung, wie beispielsweise die der A1-Brücke in Leverkusen – ein volkswirtschaftlicher GAU: die achtwöchige Sperrung hat nach Expertenmeinung einen wirtschaftlichen Schaden von 60 – 80 Millionen Euro verursacht.

„Das Problem sind die Schweißnähte, sie sind die Schwachstellen bei Stahlbrücken. Die Schwingungen durch die immer höheren Verkehrslasten verursachen Risse“, erläutert Oliver Zscherpe, Bereichsleiter Instandsetzung im Unternehmen Leonhard Weiss.

Auf der Suche nach einer wirtschaftlicheren Lösung haben das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg (MVI), die Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST), das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP Karlsruhe) sowie das Regierungspräsidium Tübingen (RP Tübingen) ein neues Verfahren erprobt, das auf der Bausubstanz aufbaut, anstatt sie durch Neubauten zu ersetzen: Dabei wurde ein von den Unternehmen Leonhard Weiss und Contec International entwickeltes Verfahren in die Praxis umgesetzt. Unterdimensionierte Stahlbrücken werden dabei mit hochfestem Beton (HFB) statisch so verstärkt, dass sie an die gestiegene Beanspruchung angepasst werden und ihre Lebensdauer sich damit um bis zu 40 Jahre verlängert. „Die bisherigen Sanierungsverfahren – Stahlplatte auf Stahlplatte – haben sich nicht bewährt“, so Oliver Zscherpe.

Vier Arbeitsschritte zur Sanierung

Als Pilotprojekt diente eine ertüchtigungsbedürftige Stahlbrücke in Beimerstetten bei Ulm. Deren bisheriger Aufbau bestand aus einer korrosionsgeschützten orthotropen Stahlplatte mit Stahlträgerunterzügen und einem Asphaltbelag. Sämtliche Belastungen auf die Fahrbahn wurden bisher vom Asphalt ungehindert an die Platte weitergegeben, die allerdings für die heutigen Belastungen nicht ausgelegt war. Deshalb galt es, eine Methode zu finden, um die Stahlplatte zu verstärken. Die Lösung war ein hochfester Beton, der auf die Platte aufgebracht wird – bei der Stahlbrücke Beimerstetten in einer Stärke von lediglich 6 cm.

Bewehrungsverlegung vor dem Einbau von hochfestem Beton.
Bewehrungsverlegung vor dem Einbau von hochfestem Beton.

Nach zahlreichen Material- und Verarbeitungstests ging es in vier Arbeitsschritten an die Umsetzung für die Brücke Beimerstetten. Begonnen wurde mit der Entfernung des Fahrbahnbelags und der anschließenden Reinigung, Inspektion und Instandsetzung der Stahlfläche. Es folgte ein Epoxy-Auftrag, der anschließend mit Bauxit-Splitt abgestreut wurde. Der Splitt ermöglicht einen festen mechanischen Verbund zwischen der Stahlplatte und dem später aufgetragenen, hochfesten Beton. Zuvor wurden Niederhalter sowie ein dichtes Bewehrungsnetz auf exakte Höhenlage verlegt und anschließend der hochfeste Beton eingebaut.

Da hochfester Beton auch als Fahrbahn geeignet ist, wird bei der Verstärkung mit HFB eine abschließende Fahrbahndecke aus Asphalt nicht mehr benötigt. Abschluss der Maßnahme war der Auftrag einer Verschleißbeschichtung mit Abstreuung als Deckbelag der Fahrbahn.

Um die fertiggestellte Baumaßnahme kontinuierlich überwachen und prüfen zu können, wurden Sensoren in die Brücke eingelassen.

Auch ein Jahr nach der Baumaßnahme bestätigen weitere zusätzliche Messungen und mehrere Vor-Ort-Prüfungen des Karlsruher Instituts für Technologie die einwandfreie Funktionsweise der ertüchtigten Brücke. Mit dieser Ertüchtigung lässt sich die Brücke dauerhaft stabilisieren und für zukünftige Anforderungen leistungsfähig machen.

Einbau und Glätten des hochfesten Betons.
Einbau und Glätten des hochfesten Betons.

Faserverstärkter Beton mit hoher Druckfestigkeit

Wenn sich das neue Verfahren auch weiterhin im Pilotprojekt Beimerstetten bewährt, dann könnte hier eine Lösung für zahllose orthotrope Stahlbrücken in Deutschland gefunden sein. Denn mit HFB wird nicht nur notdürftig repariert. Eine solche Maßnahme stärkt die gesamte Brückenkonstruktion und macht die gealterten Bauwerke wieder fit für die Zukunft. Das liegt an den besonderen Eigenschaften des Betons: Seine spezielle Rezeptur mit den zugesetzten Stahl- und Kunststofffasern verleihen ihm eine sehr hohe Druckfestigkeit. Während herkömmliche Stahlbetonverbundbauwerke aus 20 bis 25 cm dicken Betonbauteilen bestehen, reichen bei hochfestem Beton 6 cm Schichtstärke für das Verstärken des Stahlbauwerkes aus. Das schlanke Betonieren spart somit Gewicht und Material. Außerdem schützt HFB durch seine hohe Dichtigkeit und Rissfreiheit die Stahlkonstruktion vor eindringendem schädigendem Oberflächenwasser. Zugleich ist er ein idealer Fahrbahnbelag, denn seine hohe Stabilität verhindert effektiv und dauerhaft die Bildung von Spurrillen und anderen Verwerfungen der Fahrbahn.

In den Niederlanden wird dieses Verfahren seit rund 15 Jahren angewandt, bei Neubau, aber auch bei der Sanierung von Brücken, sogar bei Großbrücken, so Sven Mrotzek, Geschäftsführer der Contec International. Einen großen Vorteil des Verfahrens sieht er darin, dass die Sanierung schnell und bei laufendem Verkehr erfolgen kann. Die Kosten, so Mrotzek, bleiben im Rahmen. Auch weil die Verklebung des hochfesten Beton mit der Stahlplatte gleichzeitig als Abdichtung funktioniert. „Das Verfahren könnte auch bei den Brücken der Deutschen Bahn angewandt werden“, ist Mrotzek überzeugt.

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Da in Deutschland noch keine Erfahrungen bei der Sanierung mit diesem Verfahren besteht, erhoffen sich die Firmen Contec und Weiss viel von der Sanierung der sechsspurigen Rheinbrücke Maxau bei Karlsruhe, die bis 2018 im gleichen Verfahren saniert werden soll.

Während der Bauma 2016 erhielten die Unternehmen Leonhard Weiss und Contec den Innovationspreis für dieses Brückensanierungsverfahren.

Beschichtung und Abstreuung des Betons.
Beschichtung und Abstreuung des Betons.

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