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Fehler in der Leistungsbeschreibung: So verhalten Bieter sich richtig

Die VOB/A gibt dem öffentlichen Auftraggeber klar vor, wie er die Leistung zu beschreiben hat: eindeutig und erschöpfend, für alle Bieter gleich kalkulierbar. Was aber passiert, wenn der Auftraggeber dies nicht beachtet? Das OLG Düsseldorf hat in dieser Frage entschieden, dass es bei einem erkennbaren Vergabeverstoß keine Nachtragsansprüche für den Auftragnehmer gibt. Was heißt das für die Praxis?

Fehler in der Leistungsbeschreibung nach VOB/A: So verhalten Bieter sich richtig
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass der Auftragnehmer später keine veränderte Vergütung verlangen kann, wenn er die Unvollständigkeit des Leistungsverzeichnisses erkennen konnte. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2022 - 21 U 71/22). | Foto: Pixabay

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Zuerst einmal muss man drauf hinweisen, dass diese Entscheidung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2022 - 21 U 71/22) in keiner Weise neu ist. Die Rechtsprechung hat eigentlich eine sehr hohe Meinung von Auftragnehmern. Es wird von ihnen erwartet, als fachkundige Unternehmen vor der Angebotserstellung die Leistungsbeschreibung zu lesen und festzustellen, ob die Unterlagen die Leistung eindeutig und erschöpfend beschreiben und ob tatsächlich ein Preis kalkuliert werden kann. Ein solcher Unternehmer soll eine Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers auch auf Lücken und Widersprüche prüfen.

Das ist im Baubereich nichts Ungewöhnliches: Nach § 13 Abs. 3 VOB/B haftet ein Auftragnehmer, wenn ein Mangel auf der Leistungsbeschreibung beruht, kann sich aber durch eine Bedenkenanmeldung von der Haftung befreien. Auch während der Vertragsabwicklung darf sich der Auftragnehmer also nicht blind auf die Leistungsbeschreibung des Auftraggebers verlassen.

Leistungsbeschreibung: Wann liegt ein Fehler des Auftraggebers vor?

Ein wichtiges Mittel der Auslegung ist dabei der Abschnitt 0 der VOB/C. Dort finden sich Vorgaben für die Erstellung der Leistungsbeschreibung, die der öffentliche Auftraggeber nach § 7 VOB/A beachten muss. In diesem Abschnitt 0 steht insbesondere, welche Informationen der Auftraggeber in seiner Leistungsbeschreibung mitteilen muss. Legt man also den Abschnitt 0 neben die Leistungsbeschreibung, kann man erkennen, ob der Auftraggeber seiner Informationspflicht vollständig nachgekommen ist oder nicht.

Leistungsbeschreibung: Zum Wortlaut kommt die Fachkunde

Es bleibt aber immer dabei, dass der Bieter sich nicht allein auf den Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen verlassen kann, sondern seine eigene fachkundige Prüfung vornehmen muss. Schon vor langer Zeit hat der BGH entschieden, dass ein Auftragnehmer auch nicht ausdrücklich beschriebene Gerüste ausführen muss, wenn sonst die Leistung nicht ausführbar ist (BGH v. 28.02.2002 - VII ZR 376/00). Im konkreten Fall ging es um Traggerüste für bestimmte Schalungselemente. Eigentlich sind die Vorgaben in der VOB/A insoweit eindeutig: Der Auftraggeber muss erforderliche Gerüste benennen. Dies war in diesem Fall zwar unterblieben, aber die Herstellung der Schalung und der dadurch geformten Betonteile wäre ohne ein solches Gerüst objektiv nicht möglich gewesen. Der Auftragnehmer verspricht mit einem Bauvertrag aber immer, dass er für den Auftraggeber ein funktionsfähiges Werk herstellen wird. Und diese Herstellung wäre ohne das Gerüst nicht möglich. Deswegen musste der Auftragnehmer das Gerüst, so der Bundesgerichtshof, trotz des Schweigens der Vergabeunterlagen von vornherein in sein Angebot mit einkalkulieren und konnte keine zusätzliche Vergütung geltend machen.

Leistungsbeschreibung nicht eindeutig: Zwei Beispiele

In die gleiche Richtung geht die Rechtsprechung auch, wenn eine Leistungsbeschreibung zu einem eigentlich relevanten Aspekt schweigt. In zwei im Ausgangspunkt sehr ähnlichen Entscheidungen ging es jeweils um Kontaminationen, die der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung nicht benannt hatte und die daher für den Auftragnehmer überraschend auftraten. Der BGH hatte beide Fälle zu entscheiden und die Entscheidungen geben der Praxis wichtige Hinweise, wie ein Angebot zu kalkulieren ist. (BGH v. 22.12.2011 - VII ZR 67/11 und v. 21.3.2013, VII ZR 122/11). Die beiden Fälle sind zwar im Ausgangspunkt sehr ähnlich, aber nur in einem Fall hat der Auftragnehmer den Nachtrag wegen der unerwarteten Kontamination bekommen, im anderen Fall nicht. Woran liegt das? In beiden Fällen wurde die Kontamination nicht in der Leistungsbeschreibung benannt. In einem der Fälle war sie jedoch für den fachkundigen Bieter erkennbar. Deswegen hatte der BGH diesem Bieter keinen Nachtragsanspruch gegeben. War die Kontamination aber auch für den Bieter nicht erkennbar, muss der Auftraggeber die Zusatzkosten übernehmen.

Partnerschaft zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber vorausgesetzt

Diese Fälle zeigen auch, dass Gesetz und Rechtsprechung von einem partnerschaftlich orientieren Verhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer ausgehen. Wenn die Kontamination für den Bieter von Anfang an erkennbar ist und dann ein Nachtrag kommt, stellt der Auftraggeber (ggf. unausgesprochen) die Frage: „Warum hast Du das nicht von Anfang an gesagt? Ich hätte das dann in die Leistungsbeschreibung aufgenommen und dann wäre alles klar gewesen.“ Der Auftragnehmer wiederum mag sich fragen, warum der Auftraggeber die Beschreibung nicht von Anfang vollständig und richtig aufgestellt hat. Nun, ein Patt gibt es in dieser Situation nicht, denn die Situation erwartet vom Auftragnehmer, dass er die Leistungsbeschreibung als Fachunternehmen liest und alle erforderlichen Leistungen einkalkuliert – oder den Auftraggeber auf die Lücke hinweist und so für alle Bieter und auch sich selbst für Klarheit sorgt.

Leistungsbeschreibung: Bieter muss auf Widersprüche hinweisen

Auch andere Gerichte hatten zu solchen Fragen der Vergangenheit zu entscheiden. Durchweg haben sie sich dabei angeschaut, was ein fachkundiger Bieter in der Leistungsbeschreibung erkennen musste.

Die richtige Reaktion eines anbietenden Unternehmens auf Lücken, Fehler und Widersprüche in Vergabeunterlagen ist es daher, den Auftraggeber auf die Lücke/den Widerspruch hinzuweisen. Es erscheint angesichts dieser Rechtsprechung sehr risikoreich, auf Lücke zu spekulieren und die Leistung wie vom Auftraggeber unvollständig/widersprüchlich beschrieben anzubieten, ohne die erkennbaren oder erkannten fehlenden Leistungen zusätzlich einzukalkulieren.

Was passiert, wenn der Auftraggeber die Widersprüche nicht klärt?

Die Frage an den Auftraggeber bietet auch den Vorteil, dass ein am Auftrag interessiertes Unternehmen nach einer Antwort des Auftraggebers genauer weiß, was er im Angebotsverfahren einzukalkulieren hat. Vom Auftraggeber wird dabei natürlich erwartet, dass er auf eine kompetente Bieterfrage auch kompetent antwortet. Tut der Auftraggeber dies nicht und hilft seine Antwort in keiner Weise weiter, sollte sich ein Bieter sowieso überlegen, ob er tatsächlich mit diesem Auftraggeber zusammenarbeiten will. Die Reaktion des Auftraggebers ist ein Hinweis darauf, wie er später mit einem berechtigten Nachtrag des Auftragnehmers umgehen würde und damit, ob sich berechtigte Forderungen ohne überflüssige Auseinandersetzungen durchlassen oder nicht - und ob der Bieter das Risiko eingeht, wegen zu Unrecht abgelehnter Nachträge finanzielle Probleme zu bekommen.

Widersprüchliche oder mehrdeutige Leistungsbeschreibung: Nachteil liegt beim Bieter

Die letzte Möglichkeit eines Bieters wäre, die von ihm erkannten Probleme der Leistungsbeschreibung zu lösen und durch ein entsprechend ergänzend kalkuliertes Angebot eine vollständige Leistung anzubieten. Dies hat aber den großen Nachteil, dass möglicherweise andere Bieter die gleichen Probleme nicht sehen oder nicht sehen wollen und deswegen günstiger kalkulieren – obwohl sie dies eigentlich nicht dürften. Damit würden sie sich nach vorne schieben und der kompetente und redlich kalkulierende Bieter hätte das Nachsehen. Deswegen wäre der Bieter, der eigentlich ordnungsgemäß eine ergänzte Leistung anbietet, im Vergabeverfahren im Nachteil.

Es gibt auch Rechtsprechung zu den Fällen, dass eine Leistungsbeschreibung tatsächlich objektiv mehrdeutig ist (also nicht ein Missverständnis eines einzelnen Bieters vorliegt). In diesem Fall darf ein Bieter nur dann mit eigenen Vermutungen zur Kalkulation arbeiten, wenn er vorher versucht hat, die Unklarheit durch eine Nachfrage beim Auftraggeber zu beseitigen. Der Nachteil dieser Vorgehensweise bleibt.

Ausschluss spekulativer Angebote

Besonders hinzuweisen ist auch auf die Rechtsprechung des BGH zu spekulativ angelegten Angeboten. Ein solches Angebot kann ausgeschlossen werden. Spekulativ bedeutet dabei, dass der Bieter versucht, aus möglichen Lücken oder Widersprüchen Vorteile für sich zu ziehen und z.B. überhöhte Einheitspreise anbietet. Im konkreten Fall des BGH war dies der Einheitspreis für die Mietdauer eines Krans, bei dem der Auftragnehmer hoffte, er werde besonders lange auf der Baustelle verbleiben müssen (BGH v. 19.06.2018, X ZR 100/16).

„Menge: 1“: Häufiger Fehler in Leistungsbeschreibungen

Eine weitere Problematik hat sich wahrscheinlich mittlerweile entschärft. Es war und ist ein häufiger Fehler von Leistungsbeschreibungen öffentlicher Auftraggeber, dass für nur eventuell benötigte Positionen eine Menge von lediglich „1“ vorgegeben und von den Bietern zu bepreisen ist. Eine solche Bepreisung wurde früher als eine Art Preisanfrage verstanden, und der Auftraggeber musste diesen Einheitspreis auch dann bezahlen, wenn die Menge deutlich höher war. Inzwischen hat der BGH entschieden, dass bei Mehrmengen keine Fortschreibung der Kalkulation oder der Preise erfolgt, sondern dass allein die Mengenerhöhung dazu führt, dass die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge abzurechnen sind (BGH v. 08.08.2019, VII ZR 34/18). Dies schützt Auftraggeber davor, überhöhte Einheitspreise bezahlen zu müssen. Bieter ihrerseits bekommen auf jeden Fall die tatsächlich erforderlichen Kosten mit Zuschlägen. Dies hat der BGH als für beide Seiten hinnehmbare Lösung betrachte, auch wenn natürlich die Preissicherheit damit deutlich abgenommen hat.

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Fazit: Fehler in Leistungsbeschreibungen unbedingt klären

Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an das Fachwissen von Bietern und daran, dass sie Leistungsbeschreibungen fachkundig lesen müssen. Fehler und Widersprüche sollten mit dem Auftraggeber geklärt werden.


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