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Madaster ermöglicht zirkulären Einsatz von Baumaterial

Was an Material in Gebäuden verarbeitet wurde, weiß niemand so genau. Mit einer Material-Datenbank könnte sich das ändern. Die Plattform „Madaster“ erfasst die Daten von Wohngebäuden und bietet damit eine Grundlage für das „Urban Mining“ im Gebäudebestand und das zirkuläre Bauen.

Madaster ermöglicht zirkulären Einsatz von Baumaterial
Huthmacherhaus in Berlin: Vor der Sanierung werden die Bauteile und eingesetzten Baustoffe auf ihre Kreislauffähigkeit analysiert und in einem Gebäuderessourcenpass erfasst. Dabei unterstützt die Online-Plattform Madaster | Foto: Bayerische Hausbau GmbH & Co. KG

Im Zuge der Klimadiskussion und zunehmender Ressourcenknappheit gewinnt die zirkuläre Idee Bedeutung. Zirkuläres Bauen könnte dazu beitragen, Abfallmengen und CO2-Emissionen zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen. Wenn die Datenbank Informationen enthält über die Kreislauffähigkeit, Nachhaltigkeit und den finanziellen Wert, wird sie zu einer wertvollen Datenquelle. Wie beispielsweise Madaster, eine Plattform, die zirkuläres Bauen, die Berichterstattung und die Verwaltung von Gebäuden und Infrastruktur erleichtert.

Dr. Patrick Bergmann ist zuversichtlich: Von den 20 Millionen Wohngebäuden will der Madaster-Geschäftsführer für Deutschland in fünf Jahren mindestens 50.000 Wohnungen in der Madaster-Datenbank erfasst haben. Seinen Ursprung hat Madaster in den Niederlanden, wo es 2017 als Stiftung gegründet wurde. Inzwischen ist Madaster in sechs europäischen Ländern vertreten. Bergmann ist seit der Gründung in Deutschland Geschäftsführer mit derzeit sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, langfristig sollen es zehn werden. Wir sprachen mit ihm über die Ziele und Motivation von Madaster.

„Man muss Bauwerke als Rohstoffbanken, als Rohstoffdepots sehen.“ Dr. Patrick Bergmann | Foto: Madaster
„Man muss Bauwerke als Rohstoffbanken, als Rohstoffdepots sehen.“ Dr. Patrick Bergmann | Foto: Madaster

B_I: Welche Idee verfolgt Madaster?

Dr. Patrick Bergmann: Es geht vor allen Dingen um Materialdokumentation. Madaster ist ein Kataster für Materialien und Produkte, in der Daten über alle Materialien und Produkte registriert, die in einem Objekt, z.B. einer Brücke oder einem Gebäude, verbaut wurden. Durch die Erfassung jedes einzelnen Bauteils erhält man unter anderem Aufschluss über die Trennbarkeit, das gebundene CO2 und die Toxizität von Materialien und Produkten. Außerdem kann festgestellt werden, ob Materialien und Produkte wiederverwendet werden können.

Im Hochbau wissen wir, aus wieviel Prozent Sekundärmaterial ein Gebäude besteht. Und: wieviel kann ich davon wiederverwenden, wieviel kann ich recyceln und wieviel muss auf die Deponie. Das lässt sich auch übertragen auf den Tiefbau und die Infrastruktur. Gerade bei Großsystemen, z.B. im Tunnelbau, kommt eine Wiederverwendung der Tunnelwände infrage. In den Niederladen wird das schon seit längerem praktiziert. Das wird dazu führen, dass immer mehr zirkulär gebaut wird. Weil die Eigentümer der Gebäude Rohstoffe verkaufen können. Gleichzeitig beginnt zirkuläres Bauen natürlich auch immer im Design der Produkte und in der Planung der Projekte.

B_I: Dabei wäre es doch hilfreich, wenn nach der BIM-Methode gearbeitet würde. Es wären dann ja alle Materialien und Spezifikationen bereits digital erfasst.

Bergmann: Wir haben von Anfang an eine BIM-Schnittstelle zur Verfügung gestellt, damit wir alle Daten und Informationen über BIM erfassen können. Wir sehen aber auch, dass wir noch sehr viel Nachhilfe leisten müssen. Die abgelieferten BIM-Modelle müssen häufig nachbearbeitet werden, das ist sehr zeitaufwändig. Wenn ein Unternehmen nicht nach der BIM-Methode arbeitet, können Daten auch über eine Exceldatei erfasst werden. Dabei wird das Baumaterial oder das Bauteil erfasst, die Kostengruppe und das Volumen. Das aber haben die meisten Bauunternehmen ohnehin, weil sie meist einen Bauteilkatalog erstellen.

B_I: Wird den Materialen auch die „Graue“ Energie zugewiesen, also die Energie bzw. die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung entstehen?

Bergmann: Wir dokumentieren auch die Graue Energie. Die Daten holen wird uns aus der Ökobaudat, der Datenbank des Bundesbauministeriums. Das sind zwar noch nicht perfekte Daten, aber doch zumindest generische Produktdaten. Beispielsweise welcher Wert für Holzfenster oder für Alufenster anzusetzen ist. Ein großer Zementhersteller wird uns künftig Parameter für bestimmte Produktionsstandorte zur Verfügung stellen. Wir sind dann in der Lage, auch die CO2-Belastung für Transportwege zu berechnen.

B_I: Werden auch Materialkosten und sonstige Kosten ausgewiesen?

Bergmann: Es werden sowohl die Kosten für ein Recycling oder Kosten für die Deponie ausgewiesen. Aber auch die Erlöse, mit denen der Eigentümer rechnen kann, weil er hochwertige Ressourcen über unsere Plattform verkaufen kann. Wir arbeiten an Schnittstellen mit allen gängigen Rohstoff- und Bauteilbörsen. Nur wenn die Eigentümer ihre Rohstoffe weiterverkaufen können, macht es ökonomisch Sinn, dann geht es in die Breite. Das wird dazu führen, dass immer mehr zirkulär gebaut wird. Weil es somit auch finanzielle Anreize gibt.

Der Madaster Zirkularitäts-Index (MZI) ermöglicht Aussagen über die Herkunft der Materialien (Primär- oder Sekundärmaterial, nachwachsend oder nicht-nachwachsend) sowie über die Verwertung der Materialien (Deponierung, Verbrennung, Recycling, Wiederverwendung). | Foto: Madaster
Der Madaster Zirkularitäts-Index (MZI) ermöglicht Aussagen über die Herkunft der Materialien (Primär- oder Sekundärmaterial, nachwachsend oder nicht-nachwachsend) sowie über die Verwertung der Materialien (Deponierung, Verbrennung, Recycling, Wiederverwendung). | Foto: Madaster

B_I: Auf einen Außenstehenden könnte das alles ein wenig bürokratisch klingen. Könnte das Nutzer abschrecken?

Bergmann: Das hängt ja von der Qualität der Daten ab, die wir bekommen. Wenn uns die Daten über ein ordentliches BIM geliefert werden, dann werden diese automatisch übernommen. Andererseits macht die EU inzwischen sehr viel Druck im Hinblick auf den Nachweis bzw. die Berichterstattung darüber, wieviel die CO2-Werte ein Gebäude hat. Andererseits kommen auch zunehmend Anfragen: Wie zirkulär ist mein Gebäude? Im Hier und Jetzt sind wir noch in der Phase der Berichterstattung. Aber die Nutzer nehmen eine langfristige zukunftsorientierte Perspektive mit, und sie wissen, dass ein bei Madaster gelistetes Gebäude mehr Wert hat als ein nicht gelistetes. Auch, weil der Käufer kein Problem mehr mit der Berichterstattung und der Dokumentation hat.

B_I: Warum sollten sich Bauunternehmer für die Madaster-Plattform interessieren?

Bergmann: Das zirkuläre Bauen nimmt zunehmend an Fahrt auf. Immer häufiger werden Gebäude- bzw. Materialpässe verbindlich ausgeschrieben, um zukünftigen Lieferkettenproblemen und Ressourcenknappheiten zu begegnen. Langfristig werden Baustoffe, Bauelemente usw. über Materialdatenbanken bezogen werden – zu deutlich geringeren Preisen als bei Primärbaustoffen.

Für alle Gebäude wird der Embodied Carbon (CO2-Gehalt) automatisch durch eine Verknüpfung mit der Ökobaudat ermöglicht. Dabei werden die Phasen A-C berücksichtigt. | Foto: Madaster
Für alle Gebäude wird der Embodied Carbon (CO2-Gehalt) automatisch durch eine Verknüpfung mit der Ökobaudat ermöglicht. Dabei werden die Phasen A-C berücksichtigt. | Foto: Madaster

B_I: Derzeit wird intensiv über den Material- bzw. Gebäudepass diskutiert. Was hat es damit auf sich?

Bergmann: Ursprünglich wurde von einem digitalen Materialpass gesprochen. Er sollte Qualität, Herkunft und Lage von Materialien in einem Gebäude und Möglichkeiten der Rückgewinnung und des Recyclings bewerten im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Es gab allerdings keine klare Definition, beispielsweise ob sich der Begriff auf ein bestimmtes Material bezieht oder auf ein Bauteil. Deshalb ist der Begriff Gebäudepass wohl die bessere Bezeichnung, weil für ein komplettes Gebäude alle Materialien aufgenommen werden. Der Gebäudepass beinhaltet alle Materialen vom Dach bis zum Fundament. Deshalb plädieren wir für einen digitalen Gebäuderessourcenpass, wie er bereits im Ampel-Koalitionsvertrag genannt wurde. Er fungiert als zentrale Daten- und Informationsdrehscheibe, die Gebäudeeigentümer und ihre Dienstleister bei der Nutzung und Verwaltung des Gebäudes unterstützt, indem er die Aufzeichnung, Verknüpfung, Übertragung und gemeinsame Nutzung von Gebäudedaten über alle Lebenszyklusphasen hinweg erleichtert.

B_I: Welche Auswirkungen könnte die aktuelle Energiekrise auf das zirkuläre Bauen haben?

Bergmann: Ich fürchte, es wird noch komplizierter, weil jetzt Energie interessanter wird. Es werden möglicherweise Baumaterialien thermisch genutzt, statt in den Recyclingprozess zu geben. Insoweit entsteht eine Konkurrenzsituation: Was wird stofflich im Kreislauf gehalten und was energetisch genutzt. Insoweit erhoffe ich mir von der Politik eine Planung, was bis 2025, 2030 oder 2035 passieren muss, um das Klimaziel 2045 zu erreichen.

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B_I: Vielen Dank, Herr Dr. Bergmann, für das Gespräch.


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