Wie Projektallianzen zum Erfolg geführt werden
Um komplexe Großprojekte erfolgreich durchzuführen, wird auch in Deutschland zunehmend die Projektallianz als Abwicklungsform genutzt. Im Unterschied zu anderen Vertragsmodellen werden dabei die ausführenden Unternehmen frühzeitig eingebunden: Ihr Know-how wird zur Ausarbeitung der Leistungsbeschreibung benötigt.
Das Mischen wird digital
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In Australien und in den Vereinigten Staaten wird seit mehr als zwanzig Jahren erfolgreich mit dieser Art der Projektabwicklung gearbeitet. Erste Projekte sind in den letzten Jahren in Deutschland, Österreich und in der Schweiz gestartet worden. Beim Bau der Gleichstromverbindung A-Nord zum Beispiel nutzt Amprion dieses Verfahren. Das KIT in Karlsruhe zählt aktuell 13 Projekte, die nach den Prinzipien einer Projektallianz bearbeitet werden und zehn, deren Abwicklung mit einer integrierten Projektabwicklungsform entweder bereits entschieden ist oder sich im Entscheidungsprozess befindet.
Ist Projektallianz und IPA-Verfahren das Gleiche?
Die Projektallianz stammt aus Australien. Die US-amerikanische Version wird „Integrated Project Delivery“ genannt. In Deutschland ist die Bezeichnung Integrierte Projektabwicklung daraus entstanden. Hier gibt es unterschiedliche Arten der Ausgestaltung. Das Bundesbauministerium nutzt den Begriff Allianz und IPA synonym. Im Prinzip ist es das Gleiche.
Kern der Integrierten Projektabwicklung ist ein Mehrparteienvertrag, der die gemeinsame Realisierung des Vorhabens regelt und sowohl rechtliche als auch organisatorische und ökonomische Aspekte berücksichtigt. Zentrale Elemente sind eine Organisationsstruktur mit klarer Rollenverteilung, ein Vergütungssystem, durch das alle Beteiligten an Erfolg und Misserfolg partizipieren, sowie besondere Konfliktlösungsregeln. Sämtliche Entscheidungen werden nach dem Prinzip des Projektoptimums („best-for-project“) getroffen.
Die „richtige“ Organisation als Voraussetzung für die Projektallianz
Eine Projektallianz arbeitet als integriertes Team aus Bauherr, Planern und Unternehmen. Die Organisationsstruktur ist dreigliedrig: Die strategische Führung übernimmt das Allianz-Leitungsteam (ALT): Mitglieder sind wenige hochrangige Vertreter der beteiligten Unternehmen und des Bauherrn, deren Entscheidungen im Projekt im Mutterhaus unterstützt und akzeptiert werden. Das ALT verantwortet die Allianzprinzipien und die Kultur, prüft und vertritt die Zielkosten sowie die Einzelheiten des Vergütungssystems. Konflikte löst das ALT einstimmig, nach dem Prinzip der besten Lösung für das Projekt.
Weitere Gremien sind das „Allianz-Management-Team" (AMT) und das Projektteam insgesamt (PTI) oder auch operatives Projektteam (OPT). Das AMT managt das Tagesgeschäft und führt das OPT. Der Allianzmanager leitet das AMT als primus inter pares. Weitere Mitglieder sind Führungskräfte der verschiedenen Disziplinen wie zum Beispiel Planung oder Bauausführung, je nach aktueller fachlicher Erfordernis des Projekts. Die Mitglieder können über die Laufzeit des Projekts wechseln, das Kernteam sollte bestehen bleiben. Das AMT verantwortet die vereinbarten Leistungen und stimmt die des eigenen (Teil-)Teams mit anderen Disziplinen ab. Das OPT umfasst alle in der Allianz tätigen Mitarbeiter wie Planer, Kaufleute oder Poliere.
Gemeinsame Projektziele als Richtschnur der Projektallianz
Gemeinsame Entscheidungen zu treffen wird mitunter als basisdemokratische Debattenkultur (miss-)verstanden. In komplexen Großprojekten bedarf es eines besonderen, professionell agierenden Projektmanagements, damit Entscheidungen schnell getroffen werden. Mit klaren Rollen und Verantwortlichkeiten sowie Entscheidungswegen gelingt es, die Vielzahl der Beteiligten effizient zu organisieren. Es gilt, die Perspektiven und Belange aller Beteiligten in Lösungen und Entscheidungen zu integrieren. Dazu bedarf es intensiver Gespräche und Führungskräfte, die für alle tragbare Entscheidungen treffen. Sollten Beteiligte diese nicht akzeptieren können, bleibt das ALT als letzte Instanz. Dies motiviert, auf allen Ebenen einvernehmliche Entscheidungen zu treffen. Besonders beim Finden des Referenzpreises kann das mit harten Verhandlungen einhergehen, gerade wegen der vollständigen Transparenz. Niemand kann sich auf seine Position zurückziehen, im ständigen Austausch gilt es die Belange aller Beteiligten zu berücksichtigen. Der Grundsatz "best for project" sichert die Orientierung an den gemeinsamen Projektzielen.
Faire Vergütung für alle Beteiligten der Projektallianz
Komplexe Vorhaben lassen sich in einer Ausschreibung nicht so definieren, dass bereits das optimale Projekt beschrieben wird. Darum kommt es immer wieder zu Aufbesserungen des Angebots und entsprechenden Nachträgen. In Projektallianzen jedoch werden alle Beteiligten früh in das Projekt integriert. Das Vergütungssystem berücksichtigt sowohl die Ziele des Bauherrn als auch die Interessen der übrigen Beteiligten. Werden die Ziele erreicht, profitieren davon alle. Ebenso spüren alle die Folgen, wenn die Ziele verfehlt werden. Es handelt sich also um echte "Win-Win"- oder "Lose-Lose"- Situationen. Die Vergütung der Partner ist von den erbrachten Leistungen aller im Projekt abhängig. Das führt zur gleichen Ausrichtung der Interessen aller Beteiligten.
Das Vergütungssystem besteht aus den drei Stufen Herstellkosten, allgemeine Geschäftskosten (AGK) und Gewinn sowie einem Bonus, beziehungsweise Malus. Als Herstellkosten der Stufe 1 werden alle tatsächlich anfallenden Einzelkosten der Teilleistungen und die projektspezifischen Gemeinkosten der Allianzmitglieder betrachtet. Das "open book"-Prinzip sichert die Kostentransparenz innerhalb der Allianz. Diese Kosten werden auf Stufe 1 vollständig erstattet. Stufe 2 bedeutet die Zahlung der AGK und des Gewinns, entsprechend der im Allianzvertrag vereinbarten Sätze. Meist wird der zum Zeitpunkt der Referenzvereinbarung errechnete Betrag festgeschrieben, um dem Vorwurf einer künstlichen Erhöhung vorzubeugen. Stufe 3 mit der Bonus-Malus-Regelung ist abhängig vom echten Mehrwert (oder Nachteil) für den Bauherrn. Das Ergebnis setzt sich aus den Mehr- oder Minderkosten (jeweils zu den Referenzkosten), ggf. Über- oder Unterschreitung des Fertigstellungstermins sowie dem Nutzen für den Bauherrn in über Kosten und Termine hinausgehenden Feldern (zum Beispiel Nachhaltigkeit) zusammen. Die Vergütung der einzelnen Allianzmitglieder hängt von der Leistung aller anderen Projektpartner ab. Das fördert die enge Kooperation.
Gerade die gemeinsame Bestimmung der Referenzkosten führt zu dem erhöhten Druck, nachzuweisen, dass diese einen guten Marktpreis darstellen. Eine Allianz wird gerade darum gewählt, weil der Bauherr auf diese Weise ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis erhalten kann. Meist ist dieses dem eines konventionellen Abwicklungsmodells überlegen. Hier wird so lange gefeilt, bis Bausoll und Kosten für alle Beteiligten passen, insbesondere für den Bauherrn.
Konflikte in der Projektallianz kooperativ lösen
Die Organisationsstruktur und die geteilte Verantwortung in einer Projektallianz führen zu gemeinsamen Entscheidungen von Bauherr und Unternehmern. Alle gemeinsam tragen die Verantwortung und entscheiden nach dem Prinzip "best for project". Entscheidungen werden zudem deutlich beschleunigt, da sie - bei entsprechender Organisation - operativ und strategisch geclustert und auf der Ebene mit der jeweiligen Befugnis direkt getroffen werden. Gerade wegen der gemeinsamen Verantwortung und der gemeinsamen Ausrichtung nehmen Anzahl und Umfang der bekannten Konflikte deutlich ab. Das liegt an dem anderen Umgang mit Konflikten.
In den Ebenen werden die jeweiligen Sachverhalte im jeweiligen Team zur Sprache gebracht. Der Bauherr als Teammitglied erhält so eine gute Übersicht und kann den Projektverlauf direkter steuern. In Abkehr vom traditionellen Risikotransfer werden Chancen und Risiken gemeinsam übernommen, unterstützt durch den vereinbarten Haftungsausschluss. Dieser gilt für alle Arbeiten im guten Glauben zur Erfüllung der Pflichten - nicht jedoch für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. "No blame, no dispute" ist der vielleicht wichtigste Grundsatz für die gemeinsame Arbeit: Alle Beteiligten verpflichten sich, alle Konflikte innerhalb der Allianz zu lösen. Sie verzichten ausdrücklich auf das Recht, gerichtliche Schritte einzuleiten - wiederum mit Ausnahme von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Im Miteinander bedeutet das die Konzentration auf die Lösung anstelle der Suche nach Schuldigen. Im DACH-Raum ist dieser Grundsatz bisher zwar sinngemäß, jedoch nicht in absoluter Formulierung in Verträge aufgenommen worden.
Neben der Integration in das Team behält der Bauherr bestimmte alleinige Rechte als Besteller, wie zum Beispiel das Festlegen von Qualitätsstandards oder Änderungen aufgrund äußerer Zwänge vorzunehmen. Das entspricht durchaus dem Grundsatz der Augenhöhe. Die Konsequenzen werden im Vertrag fair geregelt. Die kooperative Zusammenarbeit, das gemeinsame Ziel und das geteilte Risiko werden natürlich vertraglich vereinbart. Die Bedeutung eines passenden Vertrags für das Gelingen einer Projektallianz wird immer wieder betont. Doch der richtige Vertrag ist nur ein Baustein für den Erfolg. Die Arbeit in einer Projektallianz gelingt nur, wenn sich jeder Akteur dem Grundgedanken der offenen und vertrauensvollen Partnerschaft verpflichtet fühlt. Die Basis dafür wird im Auswahlverfahren gelegt.
Projektallianzen: Schlüsselfaktor Auswahlverfahren
Ein qualifiziertes Auswahlverfahren ist der erste Schritt hin zu einem funktionierenden Team. Der Bauherr kann so das beste Team aus Planern und bauausführenden Unternehmen finden. Das umfasst sowohl die Kompetenzen und Kapazitäten der zukünftigen Partner als auch die Fähigkeit, das Projekt kooperativ mit Ausrichtung auf die Ziele abzuwickeln. Dann gilt es, im Verlauf des Auswahlverfahrens das Vertrauen der Projektbeteiligten aufzubauen. Ein gut gestaltetes Verfahren begründet die Fähigkeit und das Vertrauen für erfolgreiche Teamarbeit im Projekt. Im Auswahlverfahren werden die grundlegenden Regeln für die Zusammenarbeit vereinbart.
Der Kompetenzwettbewerb erstreckt sich meist über drei Phasen:
- Ausschreibung und schriftliches Bewerbung
- Workshops zur Identifikation des besten Teams
- Abklärung der wechselseitigen Interessen und Abschluss des Vertrags.
Bewährt hat sich Aufruf zur Bildung von Bieterkonsortien aus Planungs- und Bauunternehmen vorab. In besonderen Projektsituationen mag auch eine Einzelauswahl der Partner angemessen sein. In den Workshops werden die Eindrücke aus den schriftlichen Bewerbungen überprüft. Bei einigen Kriterien wie zum Beispiel der Fähigkeit zur Kooperation ist das nur so möglich. Im Auswahlverfahren werden die Kompatibilität in der Zusammenarbeit geprüft und die Regeln für die spätere Zusammenarbeit vereinbart. Diese gelten dann für die Laufzeit des Projekts. Die prozessualen Details der Zusammenarbeit muss das Team jedoch direkt nach Vertragsschluss ausarbeiten. Die Workshops werden meist mit zwei, maximal drei Bieterkonsortien durchgeführt. Nach Auswahl des bevorzugten Teams findet in Phase 3 die Feinabstimmung zum Vergütungssystem und sonstigen vertraglichen Regelungen statt. Der Erfolg im Auswahlverfahren Stufe 2 bedeutet noch nicht, dass der "Gewinner" automatisch Vertragspartner wird. Nur wenn die noch ausstehenden Details geregelt werden, ist der bevorzugte Partner auch der wirkliche Vertragspartner.
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Projektallianzen als Chance für Bauherrn und Unternehmer
Projektallianzen sind der beste Weg, um bestimmte Großprojekte erfolgreich abzuwickeln. Kernelemente sind Organisationsstruktur, Vergütungssystem und Konfliktlösung. Qualifiziert durchgeführte Auswahlverfahren sind eine wesentliche Voraussetzung zum späteren Projekterfolg.
Zur Autorin
Dr.-Ing. Carina Schlabach (Dipl.-Wirtsch-Ing., Fachrichtung Bau) ist Expertin und Beraterin für kooperative Projektabwicklungsformen und Lean Management im Bauwesen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung: vier Jahre in Australien bei Abigroup Ltd. als Ingenieurin und Performance Analyst in Projektallianzen sowie in der Leitung der Prozessoptimierung bei der Ed. Züblin AG in Frankfurt.
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