Was wird aus den Friedhöfen?

Sie dienen in Städten und Dörfern nicht nur als grüne Lungen, sondern ebenso als Orte der Ruhe, Trauer und Erinnerung: Friedhöfe – ein Kulturgut. Allerdings wächst dort der Leerstand, denn die Bestattungskultur wandelt sich. Wie steht es also um ihre Zukunft? Darum ging es in einem Kongress auf der Fachmesse „Stone+Tec" in Nürnberg, wobei die Meinung junger Menschen im Blickpunkt stand.

Friedhof der Zukunft: Grüne Oase in der Stadt
Der Friedhof als Ort der Zukunft? Fachleute aus den Generationen Y und Z sehen ihn als Ort neuer Zuversicht und gesellschaftlichen Wohlergehens. | Foto: AdobeStock

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Matthias Horx, Zukunftsforscher und Publizist, entwickelte auf dem „Zukunfts-Congress“ der Messe mit zwölf jungen Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis ein Zukunftsbild des Friedhofs. Karin Gansloser, Bürgermeisterin aus Schlat in Baden-Württemberg sagte: „Wir sollten den Friedhof wie ein offenes Bürgerhaus zum Wohlfühlen sehen und gestalten – und ihn den Menschen als ein gemeinsam zu nutzendes Gemeindehaus ohne Konsumzwang, jedoch mit vielen privaten Räumen anbieten.“ Sie konzipiert ihren örtlichen Friedhof derzeit neu. Ebenfalls dabei waren Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands, die Steinmetzinnen Luisa Lüttig und Melanie Seidl sowie Deutschlands jüngste Bestattermeisterin Emily Maichle. Friedhöfe könnten nach ihrer Auffassung stärker als bisher Orte neuer Zuversicht für den Einzelnen und Quelle eines neuen gesellschaftlichen Zusammenhaltes werden.

Diskussion junger Experten der Generationen Y und Z

Der Austausch der interdisziplinär besetzten Runde junger Experten der Generationen Y und Z wurde ergänzt durch Fachbeiträge aus Psychologie, Zukunftsforschung, Landschaftsarchitektur und zu „menschen-orientierter Friedhofsentwicklung“. Referenten waren Bart Brands, Experte für Landschaftsarchitektur, Günter Czasny, Sprecher der Initiative Raum für Trauer sowie Initiator interdisziplinärer Projekte zur Friedhofsentwicklung und Forschungsprojekte, sowie Michael Lehofer, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie. Der Friedhof wird von ihnen als potenziell heilsamer Raum der Begegnung und des gesellschaftlichen Miteinanders verstanden. Dabei spielen unter anderem die therapeutischen Wirkkräfte, die als Trauerorte gestaltete Beisetzungsorte haben können, eine wesentliche Rolle. Laut Lehofer können Friedhöfe als heilende Räume wirken, die es den Hinterbliebenen ermöglichen, ihren Verlust zu verarbeiten und neuen Lebensmut zu schöpfen. Er ist sicher: Kommunen und Kirchen könnten so ihrer Fürsorge-Verantwortung viel besser gerecht werden als bisher.

Friedhöfe als fürsorgliche Infrastruktur einer sorgenden Gemeinschaft

Auf dem „Zukunfts-Congress“ der Nürnberger Fachmesse Stone+Tec entwickelten junge Fachleute aus Wissenschaft und Praxis ein Zukunftsbild des Friedhofs – die Moderation übernahm Zukunftsforscher Matthias Horx. | Foto: Studiokamenar
Auf dem „Zukunfts-Congress“ der Nürnberger Fachmesse Stone+Tec entwickelten junge Fachleute aus Wissenschaft und Praxis ein Zukunftsbild des Friedhofs – die Moderation übernahm Zukunftsforscher Matthias Horx. | Foto: Studiokamenar
Günter Czasny, Sprecher der Initiative „Raum für Trauer“, ist überzeugt: „Wenn wir gemeinsam die Friedhöfe menschenzugewandt in die Zukunft entwickeln, werden diese innerhalb der Stadtentwicklung ein Raum für die persönliche Trauer und ein Begegnungsort, der das soziale Füreinander, das gesellschaftliche Miteinander und den Zusammenhalt der Menschen in den Kommunen und Gemeinden fördern und stärken kann.“ Es gelte, so Czasny, die Trauerkompetenz der Kommunen und Kirchen neu zu entdecken. In einer Zeit, in der Gemeinschaft und sozialer Zusammenhalt immer wichtiger werden, könnte der Friedhof als sogenannte fürsorgliche Infrastruktur („Caring Infrastructure“) zunehmender Einsamkeit entgegenwirken und zum neuen sozialen Kern der Kommunen werden. Er bezog sich auf das „Einsamkeitsbarometer 2024“ des Bundesfamilienministeriums.

„Institutionalisieren wir den Friedhof als einen ,place to be‘ – in der urbanen Stadt und im kleinen Dorf“, sagt Soziologe Max Geiger, „im Mittelpunkt stehen Individual- und Sozialräume als achtsame Angebote, die den Menschen und ihren Bedürfnissen zugewandt sind.“ Dafür brauche es keinen allgemeingültigen „Eins-zu-Eins-Plan“ für alle Friedhöfe einheitlich. Jeder Friedhof habe seine eigene Charakteristik. „Die Gegebenheiten sind unterschiedlich, die Bedingungen kaum zu vergleichen“, so Geiger, „oft reichen kleine bewusste Veränderungen, die aus Friedhöfen wertvolle und niedrigschwellig zugängliche Kraftorte für die Gesellschaft in zentraler Lage machen.“

Gedeiht die grüne Branche?

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Bestattung

In Deutschland gibt es eine Bestattungspflicht, die für alle verstorbenen Menschen gilt. Sie ist in den entsprechenden Gesetzen der Bundesländer geregelt. Meist beinhaltet die Bestattungspflicht dort auch eine Friedhofspflicht. Das bedeutet, dass Verstorbene auf einem Friedhof beigesetzt werden müssen. Dort gibt es zum einen die Erdbestattung in einem Sarg und zum anderen die Einäscherung mit Urnenbeisetzung. Als Varianten der Feuerbestattung kommen zudem eine Baum-, Diamant-, Luft-, See- oder anonyme Bestattung infrage. Zudem werden auf immer mehr Friedhöfen Bereiche angelegt, wo Bräuche anderer Kulturen und Glaubensrichtungen gewahrt bleiben.

Friedhof der Zukunft

Als Kind habe er den Friedhof nicht so richtig verstanden: „Dort durfte ich nicht so sein, wie ich bin – das prägt“, denkt Kognitionswissenschaftler Domenik Heinen zurück, „der Friedhof der Zukunft muss zu einem – auch für Kinder – positiv erlebbarem Ort werden.“ Dazu seien auch radikalere Veränderungen nötig. Ein „Relabeling" – also das Finden einer neuen Begrifflichkeit für den Friedhof – könne dafür sensibilisieren, dass der Friedhof in Zukunft in vielerlei Hinsicht neu gedacht werde.

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„Friedhöfe sind nicht nur Ruheplatz für die Toten, sondern auch wichtig für uns Lebende – als Orte, um Abschied zu nehmen, Erinnerung zu teilen, Geschichten zu erzählen und Leben zu feiern“, sagt Anna Nicole Heinrich, Präses der 13. Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), „die Zukunft dieser Orte und die Art und Weise, wie wir mit dem Abschiednehmen umgehen, bewegen uns auch als evangelische Kirche. Ich freue mich, mit anderen jungen Menschen über Veränderungen in der Bestattungskultur zu sprechen und zu erkunden, wie wir diese besonderen Orte lebendig und relevant halten können.“

Auf Bedürfnisse der Trauernden eingehen

Friedhöfe sollten aus einer neuen Perspektive betrachtet werden – aus Sicht der Menschen, die diese auch nutzen: Diese Ansicht vertritt Peter Lendrates, Theologe und Diözesanreferent, Katholische Kirche Diözese Stuttgart. „Vor allem sollten wir auf die Bedürfnisse der Trauernden eingehen, um sie in ihrem eigenen Trauerprozess zu begleiten“, sagt er. Und Luisa Lüttig, Steinmetzmeisterin Göppingen, erinnert daran: „Tod und Trauer sind Bestandteile des Lebens; der örtliche Friedhof gehört dazu.“ Dort werde sichtbar, wie eine Gesellschaft ticke. „Ich habe den Eindruck, heute will es niemand mehr wahrhaben“, sagt sie, „dies nicht sehen zu wollen, nützt niemanden.“ Der Friedhof sei nicht nur ein schönes „Endlager“ – er könne mehr. „Kontrovers diskutieren, an einem Strang ziehen und mit konstruktiven Vorschlägen die Zukunft gestalten, das muss unser Ziel sein“, so die Steinmetzmeisterin.

Emily Maichle, Bestattermeisterin aus Geislingen, möchte den Friedhof zu einem selbstverständlichen Teil des Alltags machen – ohne seine primäre Funktion als Ort der Trauer und des Abschiednehmens zu vergessen. „Auf Friedhöfen sollten wir in Zukunft eine sensible, für (trauernde) Menschen dienliche Verknüpfung schaffen zwischen der analogen Welt von gestern und der digitalen Welt von morgen.“ Einen klaren Standpunkt vertritt Johannes Heiser, Gärtnermeister aus Trier: „So können wir nicht weitermachen. Viele Angebote auf zeitgenössischen Friedhöfen verkrüppeln die Menschen emotional."

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Quelle: Blaurock

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