Stadt Stein realisiert "Schwammstadt-Prinzip" in Bauprojekt

Im Neubaugebiet „Blumenstraße-Lilienstraße“ der Stadt Stein berücksichtigt der Tiefbau landschaftsplanerische Aspekte bei der Oberflächenwasser-Bewirtschaftung. Künftig soll im gesamten Baugebiet 8 d das Oberflächenwasser an öffentlichen Straßen, Parkplatz- und Gehwegflächen über Baumrigolen versickern. Zusätzlich werden die Flachdächer der geplanten Wohnbebauung begrünt und überschüssiges Dachwasser ebenfalls einer Versickerung zugeführt.

Oberflächenwasser fürs Stadtgrün - Die Stadt Stein auf dem Weg zur "Schwammstadt".
Besichtigung des Baugebiets 8 d. Im Vordergrund (v.l.) Nikolai Kendzia, Wolfgang Schaffrien, Jörg Jaroszewski, Johannes Prügl, Dr. Claus Möllmann und Gero Siegle. | Foto: B_I/Bauer
Am 21. September 2022 hatten Vertreter aus bayerischen Kommunen und Behörden, Verbänden und Unternehmen die Gelegenheit, sich über das Prinzip „Schwammstadt“ zu informieren und die aktuelle Umsetzung in der Stadt Stein durch das Ingenieurbüro Dipl.-Ing. (FH) G. Siegle kennenzulernen. Eingeladen hatten Kurt Krömer (1. Bürgermeister der Stadt Stein), Wolfgang Schaffrien (Leiter des Stadtbauamtes), und Jörg Jaroszewski (Leiter der Stadtgärtnerei). Die Referenten Nikolai Kendzia (LWG Veitshöchheim Bewässerungsforum Bayern), Johannes Prügl (Bodeninstitut Prügl Au i. d. Hallertau) und Dr. Claus Möllmann (Fa. Carbuna AG Memmingen) führten aus unterschiedlichen Blickwinkeln in die Thematik ein, bevor Gero Siegle die planerische und praktische Umsetzung des „Schwammstadt-Prinzips“ im Baugebiet 8 d vorstellte.

Der Begriff „Schwammstadt“ (auch: „Sponge City“) fasst Klima-Anpassungsmaßnahmen zusammen, um die Stadt und deren Bevölkerung gegen Extremwetter-Ereignisse zu wappnen. Es geht darum, Starkniederschlagsereignisse ebenso schadlos abzuleiten, wie in trockenen Monaten den Wasserhaushalt insgesamt aufrecht zu erhalten. Wie ein Schwamm nimmt die „Sponge City“ überschüssiges Wasser auf und ist in der Lage, es bei Bedarf auch wieder abzugeben. Dem Stadtgrün kommt dabei eine wichtige Aufgabe zu, weil es erheblich zur Verbesserung des Stadtklimas beiträgt.

Alternative Wasserquellen erschließen

Öffentliches Grün benötige in Trockenzeiten eine zusätzliche Bewässerung, damit es seine Wohlfahrtswirkung und Funktion erfüllen kann. Dafür müsse ein Bewässerungs-Management in spartenübergreifender Zusammenarbeit in den Kommunen erarbeitet sowie alternative Wasserquellen erschlossen werden“, so das Fazit aus dem Referat von Nikolai Kendzia zur Verwendung von Grauwasser bei der Bewässerung von Pflanzen. Wie Grauwasser aufbereitet werden kann und welche Forschungsprojekte es zu dieser Thematik bereits gibt, stellte er in seinem Vortrag zusammen.

Nachhaltige Wasserrückgewinnung

„Trinkwasser ist nach wie vor das Lebensmittel Nummer eins“, berichtete Bürgermeister Kurt Krömer zum Auftakt der Veranstaltung. Damit dies auch so bleibt, möchte die Stadt zur Pflanzenbewässerung nicht auf Grund- oder Trinkwasser angewiesen sein. Es sei notwendig „nachhaltige Wasserrückgewinnung“ zu praktizieren, um nicht zuletzt auch die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Denn jeder Kubikmeter Wasser, der nicht in die öffentliche Entwässerung übergeleitet werden muss, spart Abwassergebühren ein und reduziert damit die Kosten.

Kurt Krömer, 1. Bürgermeister der Stadt Stein, unterstützt das "Schwammstadt-Projekt" im Neubaugebiet 8 d. | Foto: B_I/Bauer
Kurt Krömer, 1. Bürgermeister der Stadt Stein, unterstützt das "Schwammstadt-Projekt" im Neubaugebiet 8 d. | Foto: B_I/Bauer

Im Steiner Neubaugebiet Blumenstraße-Lilienstraße kommt erschwerend hinzu, dass die hydraulische Entlastung des Oberflächenwassers in den Mischwasserkanal nicht möglich ist. Daher kamen Stadt und Planer zu dem Schluss, mit der inneren Erschließung des Areals eine zentrale Versickerung durchzuführen. Auf Wunsch der Stadtgärtnerei sollte anfallendes Oberflächenwasser unbelastet in Baumrigolen eingeleitet werden, Grundlage auch für einen städtebaulichen Vertrag.

Geeignete Bodenverhältnisse für Baumstandorte schaffen

Johannes Prügl hat seit 22 Jahren ein eigenes Ingenieurbüro für Boden- und Vegetationstechnik mit Bodenlabor. Er verwies in seinem Vortrag auf die Vorgaben aus anerkannten Regelwerken für die Pflanzung von Stadt- und Straßenbäumen. So wird von geeigneten Bodenverhältnissen
gesprochen, wenn der Boden dauerhaft durchwurzelbar, wasser- und luftdurchlässig ist. Die DIN 18916 sieht mittlerweile neue „Schwammstadt“-Bauweisen vor und fordert, die Baumgruben 12 m² groß und 2 m tief zu erstellen. Begründung: Die Wasserspeicherkapazitäten der Baumgruben sollen deutlich erhöht werden, um Starkregenfälle aufzunehmen und Trockenzeiten zu überbrücken. Tiefere Baumgruben brächten außerdem bessere Verankerung gegen Stürme.

Verbindung vom Straßeneinlaufschacht mit integrierter Filterfunktion von AQUA CLEAN zur Baumrigole. | Foto: Gero Siegle
Verbindung vom Straßeneinlaufschacht mit integrierter Filterfunktion von AQUA CLEAN zur Baumrigole. | Foto: Gero Siegle

Baumrigole zur effektiven Regenwassernutzung

Gero Siegle ist mit seinem Tiefbau-Ingenieurbüro bereits seit rund 30 Jahren unter anderem im Bereich Entwässerung und Straßenbau tätig. Die Versickerung von Oberflächenwasser gehört seit Jahren zu den Aufgabenbereichen des Unternehmens, allerdings nicht die Einleitung in Baumrigolen. Diese sollten im Baugebiet 8 d der Stadt Stein nicht nur Speicherkapazitäten haben und temporäre Einstaus ermöglichen, sondern auch eine Nutzung des Wurzelraums mit Substrateigenschaften, erläutert Siegle. Eine weitere Aufgabe war, die Baumgruben nach den Vorgaben der FLL-Richtlinien für Baumpflanzungen herzustellen. Die entscheidende Verbindung der DWA und der FLL ergab sich aus den bereits bekannten Rigolenbauweisen der Firma Vulkatec. Die Rigolenbemessung erfolgte durch Büro Siegle nach Arbeitsblatt DWAA 138, die Regenwasserbehandlung gemäß Merkblatt DWA-M 153.
Einlauf in die Baumrigole mit Vollsickerrohr. | Foto: Gero Siegle
Einlauf in die Baumrigole mit Vollsickerrohr. | Foto: Gero Siegle

Die Regenwasserbehandlung sieht im Baugebiet 8 d eine Linienentwässerung mit Filterrinnen und auch die punktuelle Entwässerung mit bzw. ohne Filter vor. Maßgebliche Kriterien für die Auswahl waren laut Gero Siegle die anschließbare Fläche, die Filterstandzeiten und das Vorliegen einer DIBt-Zulassung. Für die Linienentwässerung ist die DRainclean-Sickermulde von Funke im Einsatz. Unterhalb dieser Rinne ist sickerfähiges Material von Vulkatec eingebaut. Die punktuelle Vorreinigung erfolgt durch den Einsatz des Sicherheits-Straßenablaufs AquaFoel. Zur Bewässerung der Bäume auf den Pflanzflächen zwischen den Parkbuchten ist nach DWA-A 138 ein Reservoir nötig, das für ein drei- bis fünfjähriges Regenereignis bemessen ist und ausreichende Kapazitäten hat. Ein Notüberlauf ist in all diesen Rückhaltemaßnahmen vorhanden. Er ist als umgekehrte Rohrrigole mit Rücklaufklappe ausgebildet.

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Das Stockholmer Modell

In Stockholm wird das Schwammstadt-Prinzip auf eine etwas andere Art verwirklicht. Dr. Möllmann, CEO der Firma Carbuna, berichtete von der erfolgreichen Idee, aus natürlichen, regionalen Baustoffen mit speziell behandelter Pflanzenkohle eine Spezialerde zu mischen. Sie verbessert seinen Angaben zufolge in Stockholm nicht nur die Überlebensrate und den Wuchs junger Bäume, das System diene auch der Regenwasserabfuhr und -Reinigung.


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