Bauwirtschaft im Norden will Neubauförderung nach EH-55-Standard zurück
Die Bauwirtschaft kritisiert die Neubauförderung nach EH-40-Standard. Sie sei ein "Neubauverhinderungsprogramm", sagt Verbandschef Georg Schareck. | Foto: Baugewerbeverband SH
Die Wohnungsbaukrise wird immer dramatischer – für den privaten, gewerblichen und auch sozialen Wohnungsbau. Für 2025 werden Einbrüche im hohen zweistelligen Bereich prognostiziert. Dabei gebe es nachweislich viele auch für die öffentlichen Hände kostenneutrale Wege, den Markt wieder anzukurbeln, sagt das Baugewerbe. Es fordert daher seit langem, die hohen Standards für die Förderung von Neubauten zu senken. Angesichts der Wohnungsbaukrise wird diese Forderung immer drängender. „Der Markt nimmt die Verschärfungen der energetischen Anforderungen nicht mehr an, die staatlich bedingten Mehrkosten verhindern in der Gesamtfinanzierung die nötige Flexibilität“, so 'Die Bauwirtschaft im Norden', die 2020 aus dem Zusammenschluss des Baugewerbeverbands Schleswig-Holstein mit dem Wirtschaftsverband Bau-Nord e.V. entstand.

EH-40-Standard frisst die Förderung auf

Das derzeitige Förderprogramm zur Neubauförderung ist an den Bau der Effizienz­haus-Stufe-40 und je nach Fördersumme zusätzlich an den Nachweis eines Qualitäts­siegels Nach­haltiges Gebäude (QNB) sowie ein klimafreundliches Heizsystem (EH 40 Plus) gebunden. „Gemeinsam mit unseren Bauunternehmern und Gebäudeenergieberatern haben wir einmal nachgerechnet und kommen zu dem Schluss, dass sich die Erreichung des EH-40-Standards nicht rechnet und die Förderung auffrisst. Das Ganze ist seit Monaten ein Neubauverhinderungsprogramm“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer von 'Die Bauwirtschaft im Norden'. Da viele Mittelständler die KfW-Mittel auch für die weitere Bankenfinanzierung eigenkapitalersetzend nutzen, ist diese Förderung alleine schon bauverhindernd, wenn sie nicht zum Ziel führt. Mit anderen Worten: Diese schwierige Förderung wird vielfach nur in Kauf genommen, um den Schritt zu einer günstigeren Bankenfinanzierung hinzubekommen. Damit wird Bauen in der Summe aber nicht günstiger.

'Die Bauwirtschaft im Norden' fordert die Landesregierung auf, sich in Berlin für die Förderung des EH-55-Standards einzusetzen. Denn hier im Norden habe man längst erkannt, dass dieser den ökologischen Anforderungen in Bezug auf die Klimaziele genüge und gleichzeitig die Verhältnismäßigkeit des ökonomisch Sinnvollen wahre. Denn beim EH 40 stünden lediglich geringfügige Vorteile für die Klimaneutralität einem so deutlich höheren Investment gegenüber, dass sich trotz aller Förderungen ein Neubau nach diesen Maßstäben nicht lohne. Das weisen zahlreiche Studien nach.

Zusatzkosten machen die Förderung unwirtschaftlich

Vollkommen unangebracht ist, dass zu den Kosten zur Erreichung des EH-40-Standards die Kosten für die Energieberatung und Zertifizierung in enormer Größenordnung kommen müssen. Die Zertifikate BNK/BNG (Bewertungssystem Nachhaltiger Kleinwohnungsbau/Nachhaltige Gebäude) stellen die Grundlage für die QNG-Bewertung dar. Diese wiederum ist die Voraussetzung für die Beantragung von KfW-Fördermitteln für den klimafreundlichen Neubau. Hierfür ist ein Gebäudeenergieberater wiederum Voraussetzung, der den Bau begleitet. Kostenpunkt bei einem Wohngebäude mit sechs Wohnungen: rund 35.000 bis 40.000 Euro. Um den Standard zu erreichen, müssen weitere kostenträchtige Anforderungen erfüllt werden. Es entstehen Zusatzkosten für die Berechnung detaillierter Wärmebrücken, und es muss eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert werden. Auch hier seien 20.000 Euro schnell erreicht, so die Experten.

Verbandschef Schareck rechnet vor: „Bei einem KfW-Maximalbetrag (Kredit) von 450.000 Euro gibt es derzeit 2,59 Prozent Effektivzins auf zehn Jahre und 9,9 Prozent Tilgungssatz, allerdings kommen noch Kosten von rund 40.000 Euro für die QNG-Zertifikate und die weiteren Anforderungen für nachhaltiges Bauen hinzu, die nicht dem Bauwerk zugutekommen, sondern reine Verwaltungskosten sind. Gleichzeitig liege der derzeitige aktuelle Bankenkredit, statistisch gesehen und im Einzelfall variierend, beispielsweise für eine Million Euro Investition bei 3,05 Prozent auf zehn Jahre.“ Im Vergleich sei der KfW-Zins damit ein Verhinderungszins zur Abwehr dieser Nutzung, weil der Bankenzins damit günstiger als der Zins der KfW werde. Alleine das Argument der eigenkapitalersetzenden Mittel durch KfW-Kredit sei das derzeitige Treibmittel, dass überhaupt Anträge in diesem Umfang noch gestellt würden.

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EH-55-Standard beibehalten und optimieren

„Bei allen Ambitionen für den Klimaschutz muss man sich schon fragen, was die Politik eigentlich erreichen will“, sagt Schareck. Gerade im Beratungssektor wird in der Branche deshalb seit Monaten und immer dringlicher darauf hingewiesen, doch bei EH-55-Standard zu bleiben und hier individuelle Optimierungsmöglichkeiten umzusetzen. Daher sollten Bauherren sich von Gebäudeenergieberatern und Bauunternehmern zu ihren Bauvorhaben beraten lassen und eigene Lösungen umsetzen. Das Baugewerbe fordert jedenfalls: Zurück zum EH-55-Standard in der Förderung. Mindestens aber die Kosten für EH 40 wieder auf das Maß des EH-55-Standards zurückfahren. „Hier weisen wir nach, dass mit durchschnittlichen Kosten von 3.500 bis 4.000 Euro und 80 statt 450 Seiten fast die gleichen Werte aussagekräftig ausgeworfen werden können. Dass diese simple und nachvollziehbare Analyse nicht schon längst zu einer Umsteuerung durch das Bundeswirtschaftsministerium geführt hat, ist mit Blick auf den Wohnungsmangel nicht verständlich. So schreibt das ‚Haus Habeck‘ lediglich den Verhinderungszins und die Unwirtschaftlichkeitskosten für Neubauten fort. Und von Bundesbauministerin Klara Geywitz hören wir nur, dass etwa die Aussetzung EH 40 seit Monaten geplant sei, ohne dass etwas Zählbares herausgekommen ist“, so Schareck. Aber er nimmt ebenso die Landesregierung in die Pflicht, sich für dieses Ziel einzusetzen und dabei nicht haltzumachen: Was in Thüringen (Grunderwerbssteuer auf 5 % abgesenkt), Hessen (Absenkung der Grunderwerbssteuer zeitlich befristet bis zu einer Bundesregelung) und in Niedersachsen (viele Erleichterungen in der Landesbauordnung) möglich sei, solle auch bei uns zeitnah geprüft und umgesetzt werden.


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