Hamburg nimmt Baumaschinen unter die Lupe
Hamburg muss dringend Maßnahmen zur Verbesserung seiner Luftqualität ergreifen. Die Umweltbehörde lässt nun untersuchen, welchen Anteil mobile Maschinen an der Schadstoffbelastung in der Hansestadt haben – und hofft dabei auf die Mithilfe der Hamburger Bauunternehmen.
Das Mischen wird digital
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Bottom-up-Ansatz
Bisher verfügt die Hamburger Umweltbehörde lediglich über Schätzwerte, für die die gesamtdeutschen Emissionen auf den lokalen Maßstab heruntergebrochen wurden. Wie hoch der Beitrag der Bauwirtschaft zu den Schadstoffemissionen wirklich ist, soll die jetzt angelaufene Datenerhebung als Grundlage eines Gutachtens klären. Die Umweltbehörde verfolgt dabei nach eigenen Angaben einen ganzheitlichen Ansatz, betrachtet also nicht nur die Bauwirtschaft, sondern zum Beispiel auch den Galabau, den öffentlichen Sektor und die Hafenwirtschaft. Gerade letztere spielt in Hamburg naturgemäß eine besondere Rolle und steht etwa im Zusammenhang mit den Abgasen der Container- und Kreuzfahrtschiffe schon seit längerer Zeit in der Kritik.
Die Emissionen des öffentlichen Sektors der Stadt – immerhin mehr als 4.000 Maschinen – hat die Behörde schon erfolgreich abgefragt. Um auch die Emissionen der Bauwirtschaft quantifizieren zu können, hat sie die Hamburger Bauunternehmen – das sind etwa 200 – um Mithilfe gebeten. Sie sollen Daten zur Zahl ihrer Baustellen im Stadtgebiet, zum Maschinenbestand und zur Einsatzhäufigkeit beziehungsweise den geleisteten Betriebsstunden mitteilen. Konkret sollen die Gesamtemissionen je innerstädtische Baustelle als Produkt aus der Zahl der auf der jeweiligen Baustelle eingesetzten Maschinen, der Einsatzzeit, der mittleren Motorleistung, der Emissionsklasse und dem Lastfaktor berechnet werden.
Mitwirkung erwünscht
Die Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft (HBAW), ein Bündnis verschiedener, regional aktiver Bauverbände, das rund 1.500 Unternehmen mit etwa 20.000 Beschäftigten vertritt, hat daher zugesagt, bei der Quantifizierung der Baumaschinenemissionen eng mit der Umweltbehörde zusammenzuarbeiten und ihre Mitgliedsunternehmen bei der Bereitstellung der Maschinenparkdaten zu unterstützen. Man wolle als Multiplikator wirken und dabei helfen, so viele Daten wie möglich zu bekommen, sagt VDBUM-Geschäftsführer Dieter Schnittjer. Und fachlich bewerten, wie die Umweltbehörde beziehungsweise das mit der Datenerhebung beauftragte Ingenieurbüro Lärmkontor die Daten interpretieren. Nach Abschluss der Datenerhebung Ende 2017 möchte die Umweltbehörde die Ergebnisse möglichst noch im ersten Quartal 2018 veröffentlichen.
Die Verbände wollen durch die enge Kooperation mit der Umweltbehörde auch verhindern, dass sich in Hamburg der „Fall Bremen“ wiederholt. Dort sah der erste Entwurf des Umweltsenats eine nur dreimonatige Modernisierungsfrist für im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen in Bremen eingesetzte Baumaschinen vor. Erst nach dem Einschreiten des VDBUM wurde dieser Plan zugunsten einer gestaffelten, insgesamt anderthalbjährigen Übergangsfrist verworfen. Dadurch wurde auch verhindert, dass insbesondere kleinere Unternehmen in existenzielle Nöte geraten wären.
Ergebnisoffen
Interessanter dürften lokale Schadstoffkonzentrationen werden, die Baustellen naturgemäß mit sich bringen. Nachdem die Umweltbehörde im Mai einen neuen Luftreinhalteplan vorgelegt hat, der Maßnahmen für den Pkw-, Lkw- und Schiffsverkehr enthält, sollen die Emissionsdaten der Baumaschinen das Bild vervollständigen. Basierend darauf will die Behörde über die Vorschriften der Hamburger Vergabeordnung und des Umweltleitfadens hinausgehende Anforderungen entwickeln. Welche das sein werden, das sei noch vollkommen offen, betont Koplin. Man wolle zunächst die Ergebnisse des Gutachtens abwarten, das auch Vorschläge für Maßnahmen und Angaben zu deren Verhältnismäßigkeit enthalten werde. Seine Behörde wolle aber in jedem Fall den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und die Interessen der Unternehmen sehr sorgfältig gegeneinander abwägen. Harte, einschneidende Maßnahmen stünden dabei nicht im Fokus. „Das Projekt setzt primär auf die Sensibilisierung für die Schadstoffemissionen von mobilen Maschinen durch gute Kommunikation“, sagt Koplin.
Übergangsfristen notwendig
Auch der Bauindustrieverband Hamburg Schleswig- Holstein e. V. hält vor allem „realistische Übergangszeiten“ für unerlässlich, damit die überwiegend mittelständisch geprägte Bauwirtschaft mit ihrem Investitionsverhalten auf die neuen Anforderungen reagieren kann und nicht in ihrer Existenz gefährdet wird. Außerdem befürchtet er durch die Investitionen in neue Maschinen einen weiteren Kostenschub bei Bauprojekten. „Beim Thema Abgasemissionen darf das Hamburger Baugewerbe angesichts der viel geringeren Belastung als durch den allgemeinen Autoverkehr und die Hafenwirtschaft kein „Bauernopfer“ werden“, sagt Frerich Ibelings, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hamburg Schleswig- Holstein e. V. und Bündnispartner der HBAW. „Aber“, so ergänzt er, „auch der Bau will seinen Beitrag zum Umweltschutz erfüllen.“
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Zweifelhafter Nutzen
So sinnvoll das Anlegen einer vernünftigen Datenbasis für die Emissionen mobiler Maschinen ist: Dass die Baumaschinen Hamburgs Problem bei den Luftschadstoffen lösen werden, ist mehr als unwahrscheinlich. In der zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans jedenfalls sind sie zunächst ausgeklammert worden. Hier hat Hamburg sich auf den Straßen- und Schiffsverkehr konzentriert: Für jeden einzelnen Straßenabschnitt, an dem es Überschreitungen der zulässigen Höchstwerte an Luftschadstoffen gegeben hat, hat die Hansestadt Gegenmaßnahmen vorgestellt. Die meisten der geprüften Maßnahmen – vor allem solche, die den Autoverkehr eingeschränkt hätten – wurden allerdings als „nicht verhältnismäßig“ eingestuft. Stattdessen liegt der Fokus auf der Modernisierung der städtischen Fahrzeugflotten. Dass jedoch ein paar emissionsfreie Busfahrten täglich an den betreffenden Straßenabschnitten ausreichen werden, um den Stickoxid-Ausstoß unter die Grenzwerte zu drücken, ist schwer vorstellbar. Hamburg hat mit dem neuen Luftreinhalteplan aber zunächst den Forderungen der EU-Kommission Genüge getan und damit also vor allem eines: Zeit gewonnen.
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