Hamburgs Notausgang im Elbtower

Nach der Signa-Insolvenz hat die Stadt Hamburg ihr vertragliches Wiederkaufsrecht beim Insolvenzverwalter Torsten Martini angemeldet. Behördensprecher betonen zwar, dass ein privater Investor bevorzugt werde, doch was, wenn sich kein geeigneter Investor findet? Eine rechtliche Einschätzung hierzu liefert Dominik Hermann, Rechtsanwalt bei Koenen Bauanwälte.

Wiederkaufsrecht: Hamburgs Notlösung für den Elbtower
Der Streit um den Elbtower geht weiter. Wird die Stadt Hamburg schließlich doch von ihrem vertraglichen Wiederkaufsrecht Gebrauch machen? | Foto: unsplash/jannik

Nach der Signa-Insolvenz hat die Stadt Hamburg zum 1. Mai 2024 ihr vertragliches Wiederkaufsrecht beim Insolvenzverwalter Torsten Martini angemeldet. Hierzu befragt, versichern die Behördensprecher zwar immer wieder, dass ein privater Investor zur Fertigstellung des Leuchtturm-Projekts präferiert werde. Doch was wäre, wenn sich doch kein Investor findet, der den Elbtower nach den Vorstellungen des Senats nutzen möchte oder aus anderen Gründen nicht infrage kommt? Bekanntlich wurde schon dem Vorschlag zur Nutzung als Wohnturm aufgrund planungsrechtlicher Bedenken eine Absage erteilt.

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In letzter Konsequenz wird die Stadt wohl von den vertraglich vereinbarten Rechten Gebrauch machen. Der Rufverlust aufgrund eines gescheiterten Bauprojekts in der sonst so vorzeigewürdigen HafenCity dürfte schwerer wiegen als der wirtschaftliche Schaden, der entstehen würde, wenn die Stadt das Bauvorhaben aus eigenen Mitteln fertigstellen müsste. Nicht ohne Grund hat sich die Stadt Hamburg über ein rechtliches Geflecht aus vertraglichen Wiederkaufs- und Eintrittsrechten diese Möglichkeiten offengehalten.

Vertragliches Wiederverkaufsrecht: Vereinbarung von Bauverpflichtungen

Das vertragliche Wiederkaufsrecht findet seine Grundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch, also der Gesetzesgrundlage, mit welcher auch die ganz alltäglichen Käufe – etwa eines Fahrrads – abgewickelt werden. Komplex wird das Ganze erst dadurch, dass hier eben nicht nur zwei Privatleute einen Vertrag geschlossen haben, sondern neben der insolventen Hamburg Elbtower Immobilien GmbH & Co.KG auch die Stadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Insoweit ist das Instrumentarium an vertraglichen Rechten, die die Stadt im Rahmen des städtebaulichen Vertrages vereinbaren konnte, durch die gesetzlichen Vorgaben im BauGB beschränkt. So darf beispielsweise nichts vereinbart werden, was sich bei rechtlicher Betrachtung als rechtswidrig darstellen würde. Auch findet eine Prüfung der Angemessenheit der vertraglichen Regelung nicht nach den zivilrechtlichen AGB-Vorschriften statt.

Indes sind Wiederkaufsrechte in der kommunalen Praxis weit verbreitet. Die Vereinbarung von Bauverpflichtungen gilt insbesondere als Mittel zur raschen Bebauung des Plangebiets. Nach dem gesetzlichen Baugebot im Baugesetzbuch können Gemeinden einen Käufer sogar per Bescheid zum Bauen verpflichten, sodass eine solche Regelung zulässigerweise vereinbart werden darf.

Hamburg war gewappnet: Kaufvertrag enthält Eintrittsrecht

Im konkreten Einzelfall hat die Stadt das Wiederkaufsrecht mit vertraglichen Eintrittsrechten flankiert. Eintrittsrechte an sich sind dem BGB im Zusammenhang mit der vertraglich vereinbarten Vertragsübernahme durchaus bekannt. Im konkreten Einzelfall hat sich die Stadt Hamburg jedoch dazu entschlossen, den Käufer direkt zu verpflichten, ein entsprechendes Recht in den Bauverträgen zu vereinbaren. So heißt es im Kaufvertrag: „Der Käufer ist verpflichtet, in den von ihm im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben (…) jeweils ein Eintrittsrecht zugunsten der Verkäuferin und zugunsten eines von der Verkäuferin zu benennenden Dritten aufzunehmen, (…). Insoweit ist das Eintrittsrecht in dem jeweiligen Vertrag aufgrund ausdrücklicher Klarstellung als ein echter Vertrag zugunsten der Verkäuferin und eines von der Verkäuferin zu benennenden Dritten nach § 328 BGB zu vereinbaren.“
Seit Juni 2023 verstärkt Rechtsanwalt Dominik Hermann die Koenen Bauanwälte am Standort Münster in den Bereichen privates Bau- und Architektenrecht und öffentliches Baurecht. | Foto: Koenen Bauanwälte
Seit Juni 2023 verstärkt Rechtsanwalt Dominik Hermann die Koenen Bauanwälte am Standort Münster in den Bereichen privates Bau- und Architektenrecht und öffentliches Baurecht. | Foto: Koenen Bauanwälte

Vereinbarung könnte für unwirksam erklärt werden

Im Folgenden gibt die Stadt sogar den genauen Wortlaut vor, welchen die Elbtower Immobilien GmbH & Co.KG mit den jeweiligen Bauunternehmen zu vereinbaren hatte. In dem Vertragsverhältnis zwischen Käufer und Bauunternehmen wäre aber – anders als im Rahmen von städtebaulichen Verträgen – eine AGB-Prüfung in Betracht zu ziehen, sodass zumindest die Möglichkeit besteht, dass die Vereinbarung von einem Gericht für unwirksam erklärt werden könnte. All das ist aber Zukunftsmusik und wäre unter Abwägung aller Einzelfallumstände zu prüfen. Jedenfalls hat die Stadt sich hier vertraglich einen Notausgang offengehalten. Ob Sie von dieser Notlösung Gebrauch machen wird, wird sich zeigen.


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