Nachträge bei Pauschalverträgen: Was Auftragnehmer beachten sollten
Führt ein Auftragnehmer zusätzliche Leistungen aus, so hat er Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung – das gilt auch für Pauschalverträge. Auftragnehmer können sich aber nicht darauf verlassen, mit zusätzlichen Leistungen Nachträge begründen zu können. Knackpunkt ist der ursprünglich beschriebene Leistungsumfang, wie aktuelle Gerichtsurteile zeigen.
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Pauschalverträge sind verlockend. Wenn es gut läuft, bekommt der Auftraggeber genau die gewünschte Leistung und der Auftragnehmer genau die vereinbarte Vergütung. Gerade bei Arbeiten im Bestand gibt es aber immer wieder mehr oder weniger große „Überraschungen“, weil der Bestand anders ist als erwartet.
In solchen Fällen kommt es oft zu einem für Auftragnehmer gefährlichem Missverständnis. Viele Auftraggeber und leider auch Gerichte verstehen Pauschalierungen gerne falsch. Ich musste schon einmal anhören, bei Pauschalverträgen gäbe es nie Nachträge. Das ist natürlich falsch. Führt der Auftragnehmer über den ursprünglichen Leistungsumfang hinausgehend zusätzliche Leistungen aus, muss es eine zusätzliche Vergütung geben.
Entscheidend ist vielmehr die Frage, wie weit der ursprüngliche Leistungsumfang geht. Dieser Leistungsumfang kann sehr weit gefasst sein und deckt entsprechend viele Leistungen ab, die dann eben auch keine „zusätzlichen“ Leistungen sein können.
Ganz grob kann man zwei Arten von Pauschalverträgen unterscheiden. Vorsicht ist dabei geboten, denn es gibt kaum „akademisch reine“ Vertragsgestaltungen, gerade bei Pauschalen kommt es ganz genau auf die Formulierung und den Gesamtzusammenhang an. In der Praxis wird man diesen beiden Typen in ihrer Reinform kaum begegnen, es kommt vielmehr zu Vermischungen und nur „ähnlichen“ Gestaltungen. So kann z.B. in einem echten Einheitspreisvertrag eine einzelne Einheitspreisposition pauschaliert werden, oft begegnet man z.B. „Baustelleneinrichtung pauschal“.
Typ 1: der Detailpauschalvertrag
Bei sogenannten Detailpauschalverträgen wird die Leistung, wie der Name schon sagt, im Detail beschrieben. Typisches Beispiel für einen solchen Vertrag ist die Vereinbarung einer Pauschale für die in einem Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen. Bei dieser Vertragsgestaltung wird vereinbart, dass anstelle der Summe der Einzelpreise eine einzige Summe vereinbart wird, üblicherweise ein gerundeter Betrag. Dies dient vor allem dazu, die Abrechnung zu erleichtern.
Bei einem solchen Vertrag muss der Auftragnehmer für den vereinbarten Preis nur genau die vereinbarte Leistung ausführen, so wie sie in Art und Umfang im Vertrag beschrieben wurde. Es gilt, was das OLG München (wie schon viele andere Gerichte) entschieden hat: „Wird die auszuführende Leistung durch ein detailliertes Leistungsverzeichnis bestimmt und als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart (sog. Detail-Pauschalvertrag), umfasst der vereinbarte Pauschalpreis die Leistung nur in der jeweils angegebenen Größe, Güte und Herstellungsart.“ (v. 17.09.2019, 28 U 945/19 Bau, IBR-online).
Deshalb reicht es nicht, das „Etikett“ Pauschalvertrag zu betrachten, sondern man muss jeweils die vertraglichen und technischen Festlegungen genau betrachten und dann prüfen, wie weit die vereinbarte und von der Vergütung umfasste Leistung geht. Erst wenn es wirklich um eine zusätzliche oder geänderte Leistung geht, kann der Auftragnehmer einen Nachtrag geltend machen.
Typ 2: der Globalpauschal- oder Funktionalpauschalvertrag
Anders sieht es bei einem sogenannten Globalpauschal-. oder Funktionalpauschalvertrag aus. Bei diesen Verträgen wird die Leistung nicht Detail für Detail beschrieben, sondern durch eine allgemein gehaltene Leistungsbeschreibung.
Typisches Beispiel ist die Beschreibung anhand eines Leistungsziels („alle für die Sanierung erforderlichen Arbeiten“). In Reinform wird diese Vertragsart in der Praxis aber nicht vorkommen. Es gibt keine Verträge mit einer Leistungsbeschreibung, die in eine Zeile passt. Niemand bestellt „1 Sanierung“, ohne Sanierungsziel, betroffene Flächen, bisher bekannte Kontaminationen etc. näher zu beschreiben.
Bei solchen umfassenden Pauschalverträgen kann es natürlich auch zu Leistungen kommen, die nicht von der ursprünglichen Vereinbarung erfasst werden. Es kommt auch hier darauf an, wie der Bestand beschrieben wurde und ob eine Abweichung vorliegt oder nicht. Auftragnehmer sollten schon bei der Kalkulation ihres Angebotes darauf achten, ob geeignete und ausreichende Informationen vorhanden sind. Unklarheiten und Lücken führen schnell zu Streit, zumal sie nicht automatisch zu Lasten des Auftraggebers gehen. Ganz im Gegenteil gibt es einige Urteile, nach denen der Auftragnehmer von Anfang an erkennbare, aber nicht benannte Leistungen ohne eine zusätzliche Vergütung erbringen musste. Die Linie der Oberlandesgerichte ist insoweit etwas uneinheitlich. In einem neueren Urteil hat das OLG Jena entschieden, dass für technisch notwendige Leistungen ein Nachtrag geltend gemacht werden kann (OLG Jena, Urteil vom 25.03.2021 - 8 U 592/20).
Urteil: Nachtrag für technisch notwendige Leistungen
Es ging in dieser Entscheidung um eine aufgrund der Bodenverhältnisse erforderliche zusätzliche Abstützung eines Daches. Die Leistung war nicht vom ursprünglichen Vertrag umfasst, weil die tatsächlichen Bodenverhältnisse von den vorher erkennbaren und der Planung zugrunde gelegten Bodenverhältnissen abwichen. Diese erste Voraussetzung darf nicht unterschätzt werden. So muss nach der Rechtsprechung ein Auftragnehmer mit Torflinsen rechnen, wenn die Bezeichnung des Ausführungsortes „Ried“ hierauf hindeutet und sich auch ein großes Moorgebiet in der Nähe befindet (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.08.2019, 13 U 249/17).
Ähnlich hat der BGH schon vor längerem für Kontaminationen entschieden, mit denen für jeden Fachmann erkennbar bei bestimmten Verhältnissen zu rechnen ist. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für Pauschalverträge, sondern für jede Art von Verträgen. Deswegen sollten Auftragnehmer sich nicht darauf verlassen, mit zusätzlichen Leistungen Nachträge begründen zu können.
Die Folgen lückenhafter Planung
Besonders hinzuweisen ist darauf, dass beim Globalpauschalvertrag der Auftragnehmer oftmals auch noch die Planung übernimmt und damit auch das Planungsrisiko trägt. Das Planungsrisiko bedeutet, dass der Auftragnehmer verantwortlich ist für Richtigkeit, Ausführbarkeit und Vollständigkeit der Planung.
Was hat es nun für Folgen, wenn der Auftragnehmer bei seiner Planung notwendige Leistungen übersieht oder vergisst? Das Kammergericht Berlin hatte einen solchen Fall zu entscheiden, es ging um Bauleistungen im Bereich der Gebäudetechnik. Der Auftragnehmer stellte die Leistungsbeschreibung, übersah aber, dass für eine funktionsfähige Gesamtanlage wegen weiterer Undichtigkeiten noch zusätzliche Leistungen auszuführen waren. Der Auftraggeber stellte sich auf den Standpunkt, dass der Auftragnehmer mit der Planung auch die Verantwortung dafür übernommen habe, dass die geplante Leistung im Angebot abschließend sei und lehnte deswegen eine Zahlung für die zusätzlichen Leistungen ab.
Eine Besonderheit dieses Falles ist, dass er noch nicht nach dem neuen Bauvertragsrecht des BGB zu entscheiden war. Für Verträge, die nach dem 1.1.2018 geschlossen werden, sieht das BGB vor, dass der Auftragnehmer, der auch für die Planung verantwortlich ist, bei technisch zusätzlich erforderlichen Leistungen keinen Anspruch auf eine Vergütung hat (§ 650c Abs. 1 Satz 2 BGB). Entscheidungen zu diesen neuen Vorschriften gibt es praktisch noch nicht, sodass offen ist, ob die Entscheidung des Kammergerichts zum alten Recht nach dem neuen Gesetz auch noch weiterhin anwendbar ist.
Keinen Anspruch auf Vergütung bei Verträgen ab 2018
In dem entschiedenen Fall jedenfalls hat das Kammergericht gesagt, dass der Auftragnehmer erst einmal ein Anspruch auf Vergütung hat. Es geht aber weiter darauf ein, dass der Auftraggeber gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Auftragnehmer haben kann. Damit sollen insbesondere solche Situationen fair geregelt werden, in denen der Auftragnehmer von vornherein unvollständig und schlampig plant und der Auftraggeber am Ende gezwungen ist, zusätzliche Leistungen zu beauftragen, obwohl er dies beispielsweise nicht bezahlen kann oder die gesamte Baumaßnahme in Kenntnis der tatsächlichen Kosten überhaupt nicht begonnen hätte. Einen solchen Schadensersatzanspruch muss dann natürlich der Auftraggeber darlegen (KG, Urteil vom 13.04.2021 - 21 U 45/19).
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Und natürlich gilt auch bei Pauschalverträgen die neue Linie in der Rechtsprechung vom BGH abwärts, dass ohne eine Einigung bei Nachträgen die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge abgerechnet werden – dafür müssen diese tatsächlich angefallenen und erforderlichen Kosten aber auch ermittelt werden.
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