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Schüttflix macht den Schüttguthandel transparent

Das Gütersloher Tech-Startup Schüttflix hat seit seinem Start 2018 den Schüttgut-Markt in Deutschland ordentlich aufgemischt. Gründer und CEO Christian Hülsewig erklärt im Gespräch mit dem B_I baumagazin, warum das Startup so erfolgreich ist und warum für ihn operative Exzellenz vor Wachstum geht.

Onlineplattform Schüttflix macht den Handel mit Schüttgütern transparent
Auch der Spediteur arbeitet mit der Schüttflix-App: Ist sein Lkw beim Lieferanten beladen worden, schließt er den Transportauftrag mit einem Fingertipp ab. | Foto: Schüttflix

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Vor drei Jahren, im Juni 2018, wurde die Schüttflix GmbH gegründet, um Baustoffproduzenten und Spediteure auf einer digitalen Plattform mit Kunden aus dem Tief- sowie dem Garten- und Landschaftsbau zusammenzubringen. Diese Unternehmen können mit der Schüttflix-App alle gängigen Schüttgüter bestellen. Der große Vorteil dabei: Sie erhalten innerhalb von Sekunden mehrere Angebote von Lieferanten im Umkreis von 150 Kilometern, und innerhalb Nordrhein-Westfalens werden dann zum Beispiel Sand, Schotter und Splitt binnen vier Stunden geliefert – bald will Schüttflix dies für das ganze Bundesgebiet anbieten können. Das Prinzip von Schüttflix ist verblüffend einfach. Jedenfalls klingt es so, wenn man seinem Gründer und CEO Christian Hülsewig zuhört. „Im Kern ist Schüttflix eigentlich ein Preisvergleichsportal mit angeschlossenem Transportmanagement-System“, sagt er. „Das ist wie Check24, das heißt, Schüttflix gibt mir die besten Anbieter im Umkreis von 150 Kilometern raus und errechnet mir einen Preis frei Baustelle aus der Kombination Einkaufspreis Material plus Transportkosten. Das System wirft mir fünf Frei-Baustelle-Preise raus inklusive der Anbieter, und dann kann der Kunde auswählen, welchen dieser fünf Produzenten er bevorzugt.“ Wenn der Kunde sich entscheiden hat – ob vom Laptop, vom Smartphone oder vom iPad –, kreiert Schüttflix daraus eine Bestellung, die eine oder mehrere Transporte beinhalten kann. Hülsewig gibt ein Beispiel: „Wenn einer 2.500 Tonnen bestellt, dann macht das System daraus 100 Transporte, und diese Transporte rutschen dann in eine Transport-Börse, wo die bei uns angeschlossenen Spediteure – wir haben 2.500 Spediteure auf der Plattform – diese Touren dann übernehmen können.“

Schüttgutproduzenten und -käufer miteinander vernetzt

Die Schüttgüter kommen von den rund 1.500 Lieferanten, die zurzeit auf der Schüttflix-Plattform aktiv sind: einerseits Produzenten von Primärrohstoffen wie Sandgruben, Schotterwerke und Kieswerke, andererseits Tiefbau-, Recycling- oder Abbruchunternehmen, die ihren selbst produzierten Recycling-Schotter vermarkten wollen. „Wir wollen Transparenz in den Markt bringen, Transparenz in die Verfügbarkeit des Materials und Transparenz in den Bedarf an Transportkapazität, der heute nicht überregional gemanagt wird“, sagt Hülsewig und erklärt: „Bei einem großen Infrastrukturprojekt braucht ein großes Unternehmen auf einmal mehr Transportkapazität als der lokale Markt hergibt. Der Transportmarkt schafft es dann nicht, Angebot und Nachfrage zu managen. Und das wiederum kann Schüttflix. Weil Schüttflix transparent macht, wo welche Transportkapazität vonnöten ist.“ Die Lieferanten von diesen Vorteilen zu überzeugen, sei keineswegs ein Selbstläufer gewesen, sagt Hülsewig, der auch von Widerständen berichtet:„Natürlich, am Anfang wurden wir belächelt. Wir mussten auf der Angebotsseite erst mal Lieferanten von uns überzeugen. Mit jedem Lieferanten, der auf der Plattform drauf war und gute Erfahrungen mit der App machte, wurde es dann einfacher.“ Die Schüttguttransporte tatsächlich auf die Straße zu bringen, fällt Schüttflix mit dem anhaltenden Wachstum seines Speditionsnetzwerks immer leichter: Eine Flotte von rund 20.000Lkw steht bei den Spediteurenim Schüttflix-Netzwerk dafür bereit.
Mit seinem großen Spediteursnetzwerk liefert Schüttflix Sand und Kies direkt auf die Baustelle. | Foto: Schüttflix
Mit seinem großen Spediteursnetzwerk liefert Schüttflix Sand und Kies direkt auf die Baustelle. | Foto: Schüttflix

Bauunternehmen arbeiten mit Schüttflix effizienter

Und wer sind die Kunden dieses neuen Angebots? „Ich bin mal angetreten und habe gesagt: Ich baue das für Kleinunternehmer, die einfach den Prozess verschlanken wollten mit einer digitalen Lösung“, entgegnet Hülsewig. In den letzten Monaten hätten aber immer mehr große Unternehmen Gefallen an der App gefunden. „Wenn Sie eine große Infrastrukturmaßnahme haben, dann gehen da schon mal 10.000 Tonnen Material am Tag. Das sind dann 400 Lkw“, erklärt der CEO. „Der wichtigste Mann auf der Baustelle ist der Polier, und wenn der 400 Touren am Tag kriegt, dann muss er 400 Lieferscheine abtippen, um herauszufinden, wie viele Tonnen er genau geliefert bekommen hat.“ Es sei „schade, dass der wichtigste Mann auf der Baustelle, der eigentlich für Qualität und Produktivität stehen sollte, sich die Hälfte seiner Arbeitszeit mit Sachbearbeiter-Tätigkeiten herumschlägt. Zum Beispiel zu gucken, dass die Lieferscheine schnellstmöglich im Büro landen, wo sie dann validiert werden. Das geht bei Schüttflix alles automatisch.“

Schüttflix habe sich daher inzwischen auch als Logistik- und Supply-Chain-Partner bei großen Infrastrukturmaßnahmen positioniert. „Wir wollen nicht Einkäufer sein, wir wollen helfen, die Logistik und Lieferketten optimal zu managen und sauber zu dokumentieren“, sagt Hülsewig. Die Schüttflix-App sei auch deshalb für große, überregional tätige Bauunternehmen besonders interessant, weil diese in der Regel den lokalen Markt, das heißt, die dortigen Schüttguterzeuger und -händler nicht kennen würden. Unternehmen, die nur um den Kirchturm herum arbeiteten, würden schließlich immer seltener. Ob klein, mittel oder groß – die Liste der bisherigen Kunden von Schüttflix ist auf inzwischen mehr als 3.000 Einträge angewachsen.

Die Schüttflix-App macht Schüttgut-Bestellungen einfach

Hülsewig sieht im Wesentlichen drei Gründe für den großen Erfolg von Schüttflix: „Erstens, weil wir eine Lösung gebaut haben, die unendlich kundenzentrisch ist. Weil sie den Kunden einen Mehrwert bietet und unheimlich einfach zu bedienen ist. Wir haben gesagt, das muss sich anfühlen wie Whatsapp. Es muss sich gut anfühlen, es muss einfach und intuitiv sein, sonst brauchen wir nicht anzutreten.“ Mit dem Ergebnis, dass sich bei den Schüttflix-Kunden mit der Umstellung auf die neue, digitale Lösung schnell Erfolgserlebnisse einstellen. „Spürbarer Mehrwert ab Tag 1“, nennt Hülsewig das. Schüttflix sei „extrem niedrigschwellig und [biete] gerade digitalen Novizen eine gelungene erste User-Experience.“ Der zweite entscheidende Punkt sei die Transparenz von Schüttflix: „Das ganze Ding ist für Kunden, Lieferanten und Spediteure zunächst kostenlos, bis eine Transaktion zustande kommt. Wir zeigen den Preis inklusive unserer Marge.“ Und drittens hat Schüttflix sich für sein Geschäftsmodell ein vergleichsweise einfaches Produkt ausgesucht.

Logistik-Fachmann für die Baubranche: Christian Hülsewig hat bei Microsoft und Bertelsmann gelernt, wie man Angebot und Nachfrage effizient zusammenbringt. | Foto: Schüttflix
Logistik-Fachmann für die Baubranche: Christian Hülsewig hat bei Microsoft und Bertelsmann gelernt, wie man Angebot und Nachfrage effizient zusammenbringt. | Foto: Schüttflix
„Wir haben nicht ohne Grund mit Sand, Schotter und Kies angefangen“, sagt Hülsewig. „Das ist die einfachste Artikelbasis, die es gibt. Wir wollten für unsere Kunden eine einfache Lösung bauen, und das kann man nur, wenn man ein einfaches Produktportfolio hat. Sand geht auf dem Weg zum Kunden nicht kaputt. Der wird auch nicht hart wie zum Beispiel Transportbeton.“Zwar könne er sich„gut vorstellen, dass wir irgendwann mal was darüber hinaus machen.“ Erst mal wolle sich sein Unternehmen aber auf den Tiefbau konzentrieren. An den Hochbau, sagt er, würde er sich „erst mal gar nicht rantrauen. Da sind ja Millionen von Artikeln, die ich abbilden müsste inklusive dem notwendigen Inventory Management beim jeweiligen Baustoffhändler. Wir haben gesagt, wir fangen erst mal mit den einfachen Dingen an, machen die einfachen Dinge richtig gut, und dann können wir uns an die komplizierteren Dinge heranwagen.“

Schüttflix-Plattform hilft auch den Spediteuren

Von den vielen automatisierten Prozessen der Onlineplattform profitiert nicht nur Schüttflix selbst, sondern genauso die Partnerunternehmen. „Auch als Spediteur kann man sich gut daran gewöhnen, dass man jeden Abend von Schüttflix eine Gutschrift bekommt“, sagt Hülsewig. „Das heißt, ich muss keine Rechnung mehr stellen, ich muss keinen Papierkram mehr machen, denn Schüttflix weiß ja, welche Touren ich heute gefahren habe. Ich brauche niemanden, der einen Tourenzettel schreibt, damit irgendwer im Backoffice irgendwann mal eine Rechnung erzeugen kann.“ – „Abfallprodukte der Digitalisierung“ nennt Hülsewig diese Tätigkeiten. Dass Schüttflix in seinen Geschäftsprozessen so ungewohnt schnell ist, führt regelmäßig zu Aha-Effekten bei seinen Partnern. So ergibt sich manchmal die kuriose Situation, dass Lieferanten von Schüttflix die Überweisung erhalten, bevor sie intern die Rechnung gestellt haben – weil eben die Wiegescheine und Abholzettel aus den Werken intern noch gar nicht an die Buchhaltung übergeben wurden. „Wir überweisen Geld, von dem die noch gar nicht wissen, dass es ihnen eigentlich schon zusteht“, erklärt Hülsewig. Einige der Lieferanten trauten der neuen, digitalen Technik anfangs nicht so recht über den Weg, aber Hülsewig winkt ab: „Mit unserem System kann man nicht betuppen, man wird aber auch nicht betuppt. So ein System macht einfach keine Fehler.“

„Wir wollen erst mal ein Toppartner für Sand, Schotter und Kies werden. Das letzte, was wir wollen ist, dass wir uns auf dem Weg dorthin verzetteln.“ – Christian Hülsewig, CEO Schüttflix GmbH

Schüttflix verändert den Schüttgutmarkt

Dadurch, dass Schüttflix Produzenten und Abnehmer – ohne den bisherigen Umweg über den Schüttgutgroßhandel – transparent zusammenbringt, verliert die bisherige Schnittstelle zwischen diesen beiden Marktakteuren, der Großhändler, an Bedeutung. Ein Telefonbuch zu haben und ein paar Preise zu kennen, reiche heute einfach nicht mehr, meint Hülsewig und erklärt, was sich mit dem Markteintritt von Schüttflix ändert: „Anders als ein klassischer Händler leben wir davon, dass wir unser Adressbuch für alle zugänglich auf den Tisch legen und jeder reinschauen kann. Egal ob Spediteur mit einem oder 15 Lkw, große oder kleine Sandgrube: Sie alle leisten einen wichtigen Wertschöpfungsbeitrag. Mit uns können sie ihre Angebote noch gezielter einbringen." Dabei geht es Schüttflix laut Hülsewig ausdrücklich nicht um Preisdumping am Schüttgütermarkt. „Es geht nicht darum, dass wir Preise runterkriegen wollen. Was wir wollen ist, Ineffizienzen rauszunehmen. Wenn ich sehe, dass irgendwo ein Bedarf ist und anderswo ein Überangebot, dann will ich in der Lage sein, das zu verschieben. Wir wollen eigentlich eine Gesamtkostenreduktion erzielen. Wir wollen die Kostenstruktur verändern und nicht die Erlösstruktur.“

Corona-Pandemie treibt das Schüttflix-Geschäft

In die erste dynamische Wachstumsphase von Schüttflix fiel auch die beginnende Corona-Pandemie im vergangenen Jahr, und es zeigte sich, wie vorteilhaft die vollständig digitalen internen Prozesse unter Pandemiebedingungen sind. „Bei uns sind alle Backendprozesse, vom Lieferschein bis zur Abrechnung, papier- und damit kontaktlos. Das ist derzeit natürlich wichtiger denn je“, sagt Hülsewig. Die Unternehmen hätten den Güterslohern regelrecht „die Bude eingerannt“ und sich besorgt nach der Lieferfähigkeit des jungen Unternehmens erkundigt. Schüttflix habe aber „in den vergangenen 18 Monaten extrem viel Zeit und Energie in den Aufbau unseres Partnernetzwerks gesteckt“ und könne nun „diesen Ansturm gut abfedern“, so Hülsewig. Trotz der gestiegenen Nachfrage sei sein Unternehmen bisher „all unseren Versprechen nachgekommen“. Im Pandemie-Jahr 2020 steigerte Schüttflix den Umsatz seiner Plattform um mehr als 13 Millionen Euro und trug die digitale Bestellung und Lieferung von Schüttgütern sowie die Disponierung von Transporten deutschlandweit in die Fläche. Von Januar bis September 2021 erzielte das Unternehmen rund 50 Millionen Euro Umsatz.

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Pragmatismus und Hilfe aus der Baubranche

Pragmatisches Denken, Schnelligkeit und absolute Kundenorientierung ziehen sich wie ein roter Faden durch das neue Unternehmen und zeichnen auch seinen Chef Christian Hülsewig aus. Das Schüttflix-Team steht jedenfalls nicht im Verdacht, die Digitalisierung der Schüttgut-Logistik zu akademisch angegangen zu sein. „Wir haben unser Unternehmen nicht in einer Berliner Altbauwohnung gegründet mit 15 da hingeworfenen Kissen“, witzelt Hülsewig – und schiebt gleich nach, was er damit meint: Wir sind nicht das klassische Start-up. Wir sind alle gestandene Logistik-Manager.“ Auch die Schüttflix-Gründer mussten erst mal die Baubranche kennenlernen, bevor sie ihr Tool dafür maßschneidern konnten. Aber sie hatten den großen Vorteil, dass sie sich exzellent mit Logistik auskannten, allen voran CEO Christian Hülsewig, der sein Handwerk bei Microsoft und Bertelsmann lernte. Geholfen hat dem Startup sicher auch, dass das Gütersloher Abbruchunternehmen Hagedorn bei der Gründung tatkräftig mithalf.

Shoppen wie bei Amazon: Die Schüttflix-App wirft auf die Suchanfrage mehrere Angebote aus; der Benutzer wählt mit einem Klick das für ihn passende aus. | Foto: Schüttflix
Shoppen wie bei Amazon: Die Schüttflix-App wirft auf die Suchanfrage mehrere Angebote aus; der Benutzer wählt mit einem Klick das für ihn passende aus. | Foto: Schüttflix

Strabag AG von Schüttflix-App überzeugt

Schüttflix lieferte Ende April 2021, vier Monate nach dem Start der Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen Strabag AG, den 4.000. Schüttgut-Transport für den Strabag-Standort in Oberhausen aus. Georg Lehde, Bereichsleiter bei der Strabag AG in Köln, war nach eigenen Angaben „hellauf begeistert“ von der App, weil der Prozess dadurch digital werde und der Polier es einfacher habe. Thomas Nyhsen, Technischer Leiter der Strabag-Direktion Nordrhein-Westfalen, sagt, die App sei „wirklich einfach zu bedienen“, und es habe „kaum Fehler bei den Bestellungen“ gegeben. Dass Strabag diese Lösung in dieser Qualität und mit dieser Konzentration auf den Anwender selbst hätte entwickeln können, bezweifelt Lehde. Ein Start-up könne einfach anfangen, etwas zu bauen, ohne Rücksicht auf Konzernebenen, ist er überzeugt. Und Christian Hülsewig meint: „Wir haben jetzt mit der Strabag einen großen Schritt gemacht. Deswegen glaube ich, dass wir da absolut auf dem richtigen Weg sind, die Branchenplattform zu werden. Ich glaube schon, dass wir in Deutschland heute schon die größte Reichweite haben, aber in der Marktdurchdringung haben wir noch ganz viel vor uns.“ Vor potenziellen Wettbewerbern hat er dabei keine große Angst: „Es wird jetzt nicht mehr einfacher, uns den Rang abzulaufen. Wir haben einen First-Mover-Vorteil, und es ist in der Plattform-Ökonomie oft so, dass es im Endeffekt irgendwann eine dominierende Plattform gibt. Unser Ziel ist weiterhin klar: Wenn die Jungs und Mädels auf der Baustelle an Sand, Schotter und Kies denken, sollen sie an Schüttflix denken”, sagt Hülsewig. Er ist jedenfalls sicher: „Diese Dekade wird die Dekade der B2B-Plattformen.“

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