Daten-Schnittstelle macht Telematik einfacher
Seit Jahren wollen Telematik und Bauunternehmen in Deutschland nicht recht Freunde werden. Mit einer gemeinsamen Branchenschnittstelle verschwindet jetzt endlich ein entscheidendes Hindernis für die Nutzung von Telematiksystemen in gemischten Maschinenflotten: Alle Maschinen sprechen nun dieselbe Sprache.
Das Mischen wird digital
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Mit der neuen AEMP-Schnittstelle sind alle diese Probleme Geschichte. AEMP heißt sie, weil sie der US-amerikanische Verband der Fuhrparkleiter AEMP zusammen mit dem US-Baumaschinenherstellerverband AEM und dessen deutschem Pendant VDBUM entwickelt hat. Es ist eine Programmierschnittstelle, eine sogenannte API (application programming interface), die dafür sorgt, dass die Daten aus der Software des Maschinenherstellers von anderen Softwares verarbeitet werden können. Diese sogenannte server-to-server-Schnittstelle holt Daten automatisch von den jeweiligen Servern der Maschinenhersteller und führt sie in der IT des Nutzers (z.B. SAP, Arriba, BRZ, eigene Browseroberfläche) zusammen. Die Daten werden dort dargestellt und können so zum Beispiel für die Rechnungserstellung genutzt werden.
Der Anwender, zum Beispiel der Geschäftsführer oder der MTA-Leiter eines Bauunternehmens, muss also nicht mehr verschiedene Hersteller-Webportale überprüfen, um an die gewünschten Maschinendaten heranzukommen, sondern erhält diese Daten gebündelt auf einer einzigen Seite. Die Webportale der Herstellersysteme wie zum Beispiel Komtrax (Komatsu), Visionlink (Caterpillar) oder Hi-Mate (Hyundai) werden dadurch aber nicht überflüssig. Die Nutzer brauchen sie, um beispielsweise Alarme oder räumliche Begrenzungen, sogenannte geofences, individuell einzustellen. Dies ist auch weiterhin nur auf den Servern der Hersteller möglich, nicht über die AEMP-Schnittstelle.
Berichte kommen automatisch
Für noch mehr Komfort sorgt eine weitere Neuerung: die planmäßigen Berichte. Bisher musste der Nutzer des Telematiksystems sich diese Daten aktiv auf dem Webportal des Herstellers holen. Durch die planmäßigen Berichte wird dies nun deutlich komfortabler: Der Nutzer legt selbst fest, wann er welche Auswertungen in welcher Form bekommen möchte und erhält sie fortan automatisch. Er bekommt zum Beispiel wöchentlich eine Übersicht des Verbrauchs seiner Flotte per E-Mail. Vorteil: Er muss sich nicht mehr im System anmelden und Daten abfragen, die Daten kommen zu ihm. Intervall, Format und Umfang der Daten sind frei wählbar.
Wenig Aufwand für Unternehmen
Was müssen Unternehmen tun, um die Schnittstelle AEMP zu nutzen? Auf Anfrage erhalten sie von Bomag ein Dokument mit dem Protokoll (das allerdings auch im Internet frei zugänglich ist). Ihre IT-Abteilung erstellt damit ein sogenanntes API, eine Programmierschnittstelle. Mit ihr kann nun die kundeneigene Software die ankommenden Maschinendaten lesen und verarbeiten. Sobald der Datentransfer auf der Bomag-Seite freigeschaltet wurde, fließen die Daten. Der Service selbst ist kostenfrei, Bomag berechnet lediglich die üblichen Kosten seines „Telematic“-Systems. „In den ersten drei Jahren erhält der Kunde ein Komplettpaket aus Hardware und Service, das bereits weniger als einen Euro am Tag kostet. Wird die Laufzeit nach diesem Zeitraum verlängert, sinken die Kosten auf circa 40 Eurocents am Tag“, sagt Darscheid.
In der deutschen Baumaschinenindustrie ist Bomag ein Vorreiter bei der Umsetzung der Schnittstelle. Das galt für die bislang erhältliche Version 1.2 und gilt auch jetzt für den neuen 2.0-Standard, den Bomag im Sinne seiner Kunden schnellstmöglich umsetzen will. Alle anderen Hersteller werden höchstwahrscheinlich folgen, da der Standard gemeinsam zwischen den Herstellern erarbeitet wurde. Verfügbar wird die Schnittstelle nach Abschluss der Iso-Zertifizierung voraussichtlich im Herbst 2016 sein.
Chancen für Drittanbieter
Auch den Markt für Telematiklösungen wird der AEMP-Standard verändern. Schon lange gibt es von Maschinenherstellern unabhängige, teils branchenfremde Anbieter, die Bauunternehmen Telematiklösungen bestehend aus Hardware, Webportal und Datentransfer offerieren. Sie hatten schon bisher große Probleme, Unternehmen in der Bauwirtschaft zum Einbau ihrer Hardware zu überreden, verfügten deren Maschinen doch oft bereits ab Werk über diese Komponenten. Mit dem AEMP-Standard wird der Bedarf der Branche an Hardware zur Datenerfassung und -übertragung bald gegen Null tendieren.
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Das heißt aber nicht, dass der Markt für diese Drittanbieter tot ist. „Für die Drittanbieter tut sich für die Zukunft das große Feld der Datenaufbereitung auf“, sagt Darscheid. „Für das auf den Anwender zugeschnittene Bereitstellen der Daten, die nun auch aus der AEMP-Schnittstelle kommen, gibt es einen wachsenden Markt.“ Mit der Erstellung firmeneigener Websites und dem Programmieren der APIs für die Bauunternehmen werden diese Unternehmen in den nächsten Jahren Geld verdienen können. Dabei werden sie sich um ihren Auftragsbestand zunächst keine Sorgen machen müssen, steht die Bauwirtschaft bei der Nutzung der Telematik doch noch ganz am Anfang. Die meisten Unternehmen nutzen nur einen Bruchteil der Möglichkeiten, viele sind noch gar nicht in das Thema eingestiegen. Das sollte sich mit der neuen Schnittstelle aber bald ändern. Die Vorteile der Telematik sind seit Jahren bekannt und bei vielen Referenzkunden hinreichend belegt. Eine weitere Verbreitung in der Bauwirtschaft hat bisher allein die „Schwellenangst“ der Unternehmen vor den Kosten und einem ausufernden Arbeitsaufwand verhindert.
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