Moos und IoT-Technologie zur Luftverbesserung

Zur lokalen Luft- und Klimaverbesserung werden in zahlreichen Metropolen bereits die sogenannten CityTrees erprobt. Dabei handelt es sich um vielgestaltige Stadtmöbel mit einem biologisch aktiven Filter- und Kühlmedium, entwickelt von Green City Solutions. Durch Kooperation mit einem Elektronik-Systemanbieter aus Sachsen-Anhalt will sich das Entwicklerteam europaweiten Erfolg sichern.

CityTrees werden intelligenter
Verbessertes Mikroklima in Berlin dank IoT-Einbindung lebendiger Filterflächen aus Moos. | Foto: Green City Solutions
Moos hat die natürliche Fähigkeit, Schadstoffe zu binden und abzubauen sowie große Mengen Feuchtigkeit zu verdunsten. Die Green City Solutions GmbH (GCS) nutzt diese Eigenschaft, um die Belastung der Luft mit Feinstaub, CO2 und anderen schädlichen Substanzen lokal gezielt zu mindern, den Sauerstoffgehalt zu erhöhen und sommerliche Hitze zu reduzieren. Dazu bepflanzt das 2014 gegründete Unternehmen vertikale Flächen seiner Stadtmöbel mit Moos-Filtern. Die ersten CityTrees gingen noch mit passiven Moos-Filtern an den Start, was sich laut Unternehmen in der Praxis jedoch nicht bewährte. Denn die klimaaktive Biomasse kann ohne ständige präzise Zustandserfassung und Einflussnahme nicht optimal versorgt werden. Ausfälle, eine verminderte Umweltwirkung und Skepsis bei kommunalen Anwendern waren die Folge. Zudem gab es Kritik am hohen Energieverbrauch der Systeme und dem beträchtlichen CO2-Äquivalent. GCS-Geschäftsführer Peter Sänger suchte deshalb 2018 dringend einen Elektronikexperten mit IoT-Kompetenz, der eine kontinuierliche, dynamische und zugleich energieoptimierte Fernkontrolle sowie bedarfsabhängige Versorgung der moosbesetzten Filterfelder jedes CityTrees sichert und stieß auf das Spezialunternehmen KD Elektroniksysteme aus Zerbst in Sachsen-Anhalt.
Endprüfung eines CityTree-Steuerschranks durch Elektronik-Facharbeiterin Christine Schröter mit KD-Geschäftsführer Ralf Kleinodt. | Foto: KD Elektroniksysteme
Endprüfung eines CityTree-Steuerschranks durch Elektronik-Facharbeiterin Christine Schröter mit KD-Geschäftsführer Ralf Kleinodt. | Foto: KD Elektroniksysteme

Vertikalgärten werden von passiven zu aktiven Luftfiltern

Der neue Partner entwickelte unter Adaption und Vernetzung verschiedener Systemkomponenten ein neues System komplexer Schalt- und Steuereinrichtungen und funktionierte die Vertikalgärten so von passiven in aktive Luftfilter um. Eine eigens entwickelte Platine im Schaltschrank jedes CityTrees regelt als Head Unit sämtliche Abläufe in den einzelnen Filter-Modulen. Sie überwacht und steuert den Füllstand des Wassertanks, prüft im Zusammenspiel mit einer in jedem Modul installierten elektronischen Controller Unit die Temperatur und die je nach Sonnenstand und Intensität der UV-Strahlung unterschiedliche Feuchte dort und steuert dann bedarfsabhängig Bewässerungs-Ventile. Ihre Sensorik misst zugleich die Feinstaubbelastung an den einzelnen Flächen, erfasst die aktuell zu filternde Partikelgröße und regelt die dafür optimale Luftführung mittels integrierter Lüfter jedes Moduls. Dank der ständig verfügbaren Datenfülle zum Zustand des Filtermaterials kann das vernetzte System sehr dynamisch auf Veränderungen der Umfeldbedingungen reagieren.
Die lokal von diversen Sensoren erfassten Daten werden dazu von den einzelnen Controllern mittels Bussystem an die Head Unit übermittelt. Hier kommt das Gateway als weitere KD-Eigenentwicklung ins Spiel: Über die API-Schnittstelle des Gateways erfolgt die bidirektionale Kommunikation mit dem zentralen Server der Green City Solutions. Verlangt er nach Informationen zu einem beliebigen CityTree weltweit, liefert dessen Gateway sie via Cloud nahezu in Echtzeit zur Verarbeitung am GCS-Firmensitz in Bestensee, südlich von Berlin. Ebenso schnell gelangen die resultierenden Steuerbefehle zurück an die Aktoren des Bio-Filters.

Komplexe Herausforderung

„Klingt recht einfach, war für uns aber doch eine komplexe Herausforderung“, bilanziert KD-Geschäftsführer Ralf Kleinodt den Verlauf der Anfang 2019 gestarteten und mit Blick auf eine gerade entstehende neue Generation von CityTrees bis heute andauernden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Schließlich habe man das IoT in ein Internet of living things überführen müssen. Speziell die akkurate Erfassung der Eigenschaften des organischen Filtermediums und ihre datentechnische Zusammenführung mit moderner Sensorik sowie aktiver Bewässerungs- und Ventilationstechnik sei anspruchsvoll gewesen. Durch konstruktive Optimierung habe man auch die Energiebilanz des Gesamtsystems durch Weiterentwicklung der Lüfter deutlich verbessert. So sank ihr Strombedarf gegenüber der vorherigen Lösung um den Faktor 5. Wissenschaftliche Unterstützung erhielt das Projekt vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung aus Leipzig und dem Dresdner Institut für Luft- und Kältetechnik. Zum Erfolg des Vorhabens trug laut Kleinodt auch die enge Zusammenarbeit mit Firma HEB industrie-elektronikaus dem regionalen Umfeld bei. Derauf elektronische Baugruppen, Geräte und Systeme spezialisierte Fertigungsdienstleister für elektronische Komponenten habeunter stetigem Zeitdruck Qualität geliefert und u.a. die Bestückung der Controller Units gesichert.
CityTrees in Lissabon. | Foto: Green City Solutions
CityTrees in Lissabon. | Foto: Green City Solutions

CityTrees vielfältig nutzbar

Hauptnutzer des multifunktionalen Angebots sind bislang Kommunen, darunter Metropolen wie London, Paris, Brüssel oder Amsterdam, aber auch deutsche Großstädte wie z.B. Hamburg, Berlin, Bonn, Jena oder Stuttgart. Das System eignet sich jedoch ebenso für Event locations, Unternehmen, Schulen oder Behörden und jeden Standort, an dem es auf die lokale Luftqualität ankommt. Zur Refinanzierung der CityTrees, mit Stückkosten um die 40.000 Euro, ist deren neueste Generation 3 u.a. mit einer digitalen Wall map zur Vermietung an Werbekunden oder für örtliche Informations- und Dialogsysteme ausgestattet. Die in Echtzeit verfügbaren, präzisen Daten zur Intensität der lokalen UV-Strahlung, Lufttemperatur oder Feinstaubbelastung an jedem Standort können zudem von Drittkunden genutzt werden, die damit Kosten für eigene Messpunkte sparen. Außerdem eignen sich die CityTrees auch zur Übernahme technischer Zusatzfunktionen – etwa durch Bestückung mit Technik für den Ausbau des 5G-Netzes.


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