Hinweispapier für Reparaturasphalt sorgt für Aufruhr
Ein Hinweispapier für Reparaturasphalt sorgt seit geraumer Zeit in Kreisen der Bauwirtschaft für reichlich Aufruhr. Im Mittelpunkt stehen die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, ein Bericht auf Spiegel-Online und eine Prüfingenieurin aus Ostdeutschland.
Das Mischen wird digital
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Der Artikel auf Spiegel-Online hatte seinerzeit für erhebliches Aufsehen gesorgt. Denn Sauerhering hatte dem Nachrichtenmagazin nicht nur die nötigen Informationen geliefert, sie war auch Leiterin eines Arbeitskreises der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), der sich mit genau dieser Problematik beschäftigte. Das Gremium sollte ein Hinweispapier für die Verwendung von Reparaturasphalten erarbeiten. Die FGSV sah sich letztlich genötigt, einen Kommentar in ihrer Verbandszeitschrift zu veröffentlichen, in dem sie mit Blick auf den Spiegel-Bericht von „völlig falschen“ Schlussfolgerungen und Sachverhalten spricht, die entweder „nicht korrekt dargestellt“ worden seien oder „jeglicher Grundlage“ entbehrten. Der ganze Beitrag, so ist dort zu lesen, „stellt das System der Verantwortlichkeiten von den Füßen auf den Kopf“.
Ausschussleiter droht mit Konsequenzen
Für Sauerhering blieb der Gang an die Öffentlichkeit nicht ohne Folgen. „Ich habe“, sagt sie in einem Gespräch mit den B_I baumagazin, „mächtig Federn lassen müssen“ und „schlaflose Nächte gehabt“. Auch sei ihr vom Leiter des übergeordneten FGSV-Arbeitsausschusses Instandhaltung, Volker Schäfer, „mit Konsequenzen gedroht worden“. Im Lenkungsausschuss der FGSV, der wiederum dem Arbeitsausschuss übergeordnet ist, soll es, so Sauerhering, „hoch hergegangen“ sein. „Ich war“, sagt sie, „die Dumme“. Letztlich hat die 56jährige entnervt ihr Amt als Leiterin des Arbeitskreises niedergelegt.
Das Hinweispapier (H RepA), das dann im April dieses Jahres veröffentlicht wurde, soll nach Aussagen von Sauerhering schon 2016 und damit drei Jahre vorher fertig gewesen sein. Die Veröffentlichung sei jedoch wieder und wieder verhindert worden. „Man hat mich“, sagt sie, „von Jahr zu Jahr immer wieder vertröstet“. Den Grund dafür sieht die 56jährige darin, dass Verantwortliche der FGSV auf Druck von Wirtschaft und Industrie die materialtechnischen und physikalischen Werte nicht veröffentlichen wollten. „Und dagegen“, sagt sie, „war ich“. Es habe sich um Werte gehandelt, die „jedes Labor untersuchen kann“. Den Ausschlag dafür, dass das Hinweispapier nach mehr als sieben Jahren Bearbeitungszeit letztlich doch im April dieses Jahres zumindest mit einem Teil der materialtechnischen und physikalischen Werte von der FGSV veröffentlicht wurde, habe letztlich der Spiegel-Artikel gegeben.
„Sie hatte keine Einsicht“
Massive Einflüsse aus der Wirtschaft
Anders äußert sich Volker Bummel, der nach dem Ausscheiden von Sauerhering die Leitung des Arbeitskreises übernommen hatte. Auf die Frage des B_I baumagazins, ob der Spiegelbericht für die Veröffentlichung ausschlaggebend war, sagte er: „Ich werde dazu nichts sagen. Ob der Bericht für die Veröffentlichung gut oder schlecht war, ist für mich nicht relevant.“
Dass, wie von Sauerhering behauptet, Industrie und Wirtschaft darauf gedrängt hätten, die materialtechnischen und physikalischen Werte nicht zu veröffentlichen, wird von den Verantwortlichen FGSV zumindest indirekt bestätigt. „Die Widerstände“, sagt Arbeitsausschussleiter Volker Schäfer, „kamen weniger aus der Branche, sondern es war eher eine generelle Diskussion.“ Es sei um die Frage gegangen: „Brauchen wir so etwas (das Hinweispapier, Anm. d. Red.) überhaupt.“
Anders äußert sich der Nachfolger von Sauerhering, Volker Bummel. Er spricht von „massiven Einflüssen“ aus Industrie und Wirtschaft, die jedoch nicht aus dem Arbeitskreis kamen, sondern „auf irgendwelchen Wegen auf einmal auf dem Tisch gewesen sind“. Es seien, sagt er weiter, „alle möglichen Leute aus der FGSV angesprochen worden“. Und: „Da wurde wild, kreuz und quer durcheinander gearbeitet.“
Lösemittel-Problem sollte in ein Merkblatt fließen
Einer, der eine Lanze für Sauerhering bricht, ist Werner Bleßmann. Der Baudirektor im Ruhestand war bis zu seiner Pensionierung Niederlassungsleiter des sachsen-anhaltischen Landesbetriebes Bau in Halberstadt, wo auch Sauerhering arbeitet. Außerdem war er, bevor Volker Schäfer den Posten übernahm, Leiter des FGSV-Arbeitsausschusses Erhaltung und bis zur Verabschiedung des Hinweispapiers Mitglied des Arbeitskreises, dessen Leitung Sauerhering abgegeben hatte. Über das Thema Lösemittel in Reparaturasphalten, betont er, „haben wir uns im Arbeitsausschuss schon im Jahr 2000 Gedanken gemacht“. Mitarbeiter der Landesstraßenbauämter hätten beim Einsatz von Reparaturasphalten über Atembeschwerden geklagt. „Da haben wir uns gedacht, so kann das nicht weitergehen.“
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Zuerst, erzählt er weiter, sollte ein Merkblatt erstellen werden, was gegenüber einem Hinweispapier „eine höhere Verbindlichkeit“ gehabt hätte. Der Arbeitsausschuss unter der Leitung von Volker Schäfer habe dann jedoch entschieden, dass es kein Merkblatt, sondern lediglich ein Hinweispapier geben sollte. Ein Merkblatt, sagt Bleßmann, sei dem Arbeitsausschuss „zu hochgradig“ gewesen. Da habe es dann im Arbeitskreis den „ersten Motivationseinbruch“ gegeben. „Wir wollten etwas anders auf den Weg bringen.“ Als das Hinweispapier dann im Jahr 2015 nach Meinung des Arbeitskreises fertig gewesen sei, habe es, wie Bleßmann weiter sagt, „ich betone mal, ewig im Arbeitsausschuss gelegen“.
Einige Hersteller sollen gemauert haben
Basis für Ausschreibungen von StraßenNRW
Dr. Christoph Dröge, Referatsleiter für den Baubereich im nordrhein-westfälischen Landesbetrieb für Straßenbau und selbst Mitglied im Lenkungsausschuss der FGSV, begrüßt das Papier ausdrücklich. Bei vielen Produkten, sagt er, sei vorher nicht klar gewesen, ob sie lösemittelfrei seien oder nicht. Jetzt könne man sich nach der im Hinweispapier angegebenen Klassifizierung richten. Denn aus der ergibt sich eindeutig, welche Reparaturasphalte wie viele Lösemittel enthalten und welche lösemittelfrei sind. Damit habe man, so Dröge weiter, „einen vertragssicheren Rahmen für die Bestellung solcher Materialien“. Außerdem verfüge man jetzt über eine „Definition, welches Material wir wann wo einsetzen können“. Dröge: „Wir werden das Hinweispapier als Basis für unsere Ausschreibungen nehmen.“ Und weiter: „Wir werden das Material so einsetzen, wie es im Hinweispapier steht.“ Es gebe unterschiedliche Reparaturasphalte, die auch unterschiedlich funktionierten. Und das sei bisher immer „etwas nebulös gewesen“. Mit dem Hinweispapier für Reparaturasphalte sei jetzt mehr Klarheit geschaffen worden.
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