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Wie Sachsen-Anhalt Investoren anlockt

Mit Intel und Daimler Truck hat es Sachsen-Anhalt geschafft, zwei Konzerne für eine Ansiedlung zu interessieren, die mit hohen Investitionen und vielen neuen Arbeitsplätzen verbunden ist. Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau der beiden Fabriken begonnen werden. Zwei Beispiele dafür, wie sich unter den aktuellen Bestimmungen Bauvorhaben beschleunigen lassen.

Baubeschleunigung: Sachsen-Anhalt lockt Investoren wie Intel und Daimler an
17 Milliarden Euro sollen in Magdeburg für eine Intel-Chipfabrik investiert werden. Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein. | Foto: Intel Corp.

Bauprojekt 1: Chips „Made in Magdeburg“


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An einem Dienstag, dem 15. März 2022 traten der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Rainer Haseloff und der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, Lutz Trümper vor die Presse und verkündeten stolz, die Firma Intel werde in Magdeburg zwei Chip Fabriken bauen. Von bis zu 3.000 Arbeitsplätzen wird gesprochen. Die Investitionen würden sich auf 17 Mrd. Euro belaufen. Es ist die größte Investition der Geschichte der Stadt und des Landes und nahezu dreifach so groß wie die Investition von Tesla in Brandenburg.

„Ein solch riesiges Investment und die Schaffung vieler tausend neuer Arbeitsplätze sind ein Quantensprung für unser Land“, so Rainer Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. „Das Vorhaben des Chipherstellers wird unserer Stadt eine neue Dynamik geben, die Magdeburg zu einem Wirtschaftszentrum in der Mitte Europas wachsen lässt“, freut sich Lutz Trümper der OB der Stadt. Der Wirtschaftsminister Sven Schulze, CDU ergänzt: „Das Land Sachsen-Anhalt ist sehr stolz darauf, dass sich mit Intel ein Weltkonzern hier in Magdeburg ansiedelt.“ So weit so gut, oder doch nicht?

1. Herausforderung für die Baubeschleunigung: Die Bauvorbereitung

Die Umsetzung dieses Ansiedlungsbeschlusses hat für Sachsen-Anhalt und für die neuen Bundesländer eine besondere Bedeutung und ist logistisch eine neue Herausforderung. Als Baugelände wurde das Gebiet „Eulenberg“ westlich der Stadt Magdeburg ausgewählt – noch auf städtischem Gebiet – entlang der Autobahn A 14 und begrenzt durch zwei Autobahnabfahrten.

Sobald der Bebauungsplan rechtskräftig wird, soll es an die Umsetzung der Aufgabe gehen. Zunächst müssen 600.000 t Mutterboden abgetragen werden und mit 24.000 Lkw-Ladungen an einen geeigneten Abladeort gebracht werden. Das Areal hat eine Größe von 450 Hektar und ist von der Stadt Magdeburg den Grundeigentümern bereits abgekauft und an Intel veräußert worden. Darüber hinaus sollen weitere 400 ha im Umkreis der Stadt Magdeburg hinzugezogen werden. Mehrere Monate haben Biologen seit dem Frühjahr 2022 das Gelände der künftigen Intel-Fabrik untersucht und dabei Feldhamster geborgen, die nun umgesiedelt werden. Danach werden Archäologen tätig. Sodann wird die Frage des Wassermanagements geklärt werden müssen, anschließend kann mit den eigentlichen Baumaßnahmen begonnen werden wie den Gebäuden und Hallen und schließlich der Verkehrsinfrastruktur.

2. Herausforderung für die Baubeschleunigung: die Finanzierung

Von den 17 Milliarden für die neue Chipfabrik in Magdeburg wird der Bund knapp 7 Milliarden Subventionen beitragen, um für das Unternehmen einen Anreiz zu schaffen. Sollte der Konzern auf eine höhere Subvention bestehen – im Gespräch sind offensichtlich rund 10 Milliarden Euro – könnte das Projekt auf der Kippe stehen. Trotz der weiteren Förderungen durch Europäischen Kommission. Da das europäische Beihilferecht angepasst werden muss, bedarf es noch der rechtlichen Begleitung durch die Europäische Union.

Da nicht nur in Magdeburg, sondern auch in Italien, Frankreich, Spanien und Polen in weitere Produktionsstandorte und Forschungsbereiche investiert wird, kann erst dann mit dem Bau begonnen werden, wenn die Europäische Union das sogenannte Chip Act genehmigt hat. Erst dann können Fördergelder fließen und die Baugenehmigungen erteilt werden.

3. Herausforderung für die Baubeschleunigung: das Wassermanagement

Eine besondere Herausforderung ist das Wassermanagement. Der Wasserverbrauch bei der Produktion von Microchips ist immens. Chipfabriken von Intel in Irland – dieses Werk soll vergleichbar sein – verbrauchen 600.000 m3 Wasser im Monat. Über das Jahr hochgerechnet bedeutet dies knapp zwei Drittel des Wasserverbrauchs der Stadt Magdeburg. Hier ist das zentrale ökologische Problem zu lösen, wo das Wasser herkommen soll: Aus der Elbe oder aus dem Harz oder aus einem Wasserwerk nördlich von Magdeburg, vermutlich jedoch aus verschiedenen Quellen. Außerdem wird eine Wasserwiederaufbereitungsanlage geplant, die einen Kreislauf ermöglichen soll.

4. Herausforderung für die Baubeschleunigung: Naturschutz und Verkehr

Besondere Anforderungen werden auch an die Umnutzung des Geländes gestellt. Der Bau einer Chipfabrik anstelle einer landwirtschaftlichen Nutzung bedeutet Bodenversiegelung. Insoweit bedarf es noch einer weiteren intensiven Begutachtung und Entscheidung, wie Ausgleichsflächen geschaffen werden. Sowohl die Versiegelung der Böden als auch der Erhalt von Grünflächen müssen berücksichtigt werden.

Wenn zwischen 3.000 und maximal 10.000 Menschen in der neuen Fabrik und den Zulieferbetrieben arbeiten werden, entstehen zusätzliche Verkehre, die das bisherige System vor neue Herausforderungen stellt. Es werden Zufahrtsstraßen für Menschen und Material gebraucht, Gleisanschlüsse, die Möglichkeit von direkter Anbindung des ÖPNV, natürlich die Ermöglichung von Radverkehr und Benutzung von E-Fahrzeugen und - wie bisher bei Intel in anderen Betrieben durchaus üblich - einen Shuttle-Dienst, um die Mitarbeiter aus den Regionen abzuholen. Gerechnet wird mit einem Einzugsbereich von nahezu 60 Kilometer für die zu erwartenden Arbeitskräfte.

Das fast 1.000 Hektar große Areal in der Nähe von Magdeburg in Sachsen-Anhalt bietet Platz für bis zu acht vernetzte Chip-Werke und Partnerunternehmen. | Foto: Intel Corp.
Das fast 1.000 Hektar große Areal in der Nähe von Magdeburg in Sachsen-Anhalt bietet Platz für bis zu acht vernetzte Chip-Werke und Partnerunternehmen. | Foto: Intel Corp.

5. Herausforderung für die Baubeschleunigung: der Zeitplan

Am 13. März 2022 verkündete Intel die Entscheidung zum Bau einer Fabrik in Magdeburg. Bereits im Mai 2022 wurde ein Bodenverwertungskonzept vorgelegt. Am 12. November 2022 besuchte der CEO von Intel, Pat Gelsinger, Magdeburg. Am 28. November beschloss der Stadtrat von Magdeburg den Verkauf von städtischen Grundstücken an Intel. Es erfolgte der notarielle Kaufvertrag. Im Februar 2023 verabschiedete die EU die „Chip Act“. Der erste Spatenstich soll im ersten Halbjahr 2023 erfolgen. Erste Testläufe sollen 2026 starten, 2027 wird mit dem Beginn der Chip-Produktion gerechnet.

Nach diesem straffen, aber veröffentlichten Zeitplan, werden nun allerdings erste Zweifel laut. Werden die Auswirkungen für das Bundesland Sachsen-Anhalt, seine Hauptstadt Magdeburg und die angrenzenden Landkreise bis an die Landesgrenze Niedersachsens und Brandenburgs nicht zu erheblich sein?

Noch immer ist die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt vergleichsweis hoch. Darüber hinaus, so Experten, wäre es wichtig, neben der Orientierung auf Automobilindustrie und Automobilzulieferbetriebe im nahen Niedersachsen Alternativen aufzubauen. Hinzu kommt, dass Sachsen-Anhalt mit einer Überalterung der Bevölkerung und einer hohen Abwanderungstendenz zu kämpfen hat. Eine neue Produktionsstätte würde zu Zuzügen in die Stadt Magdeburg und in die angrenzenden Landkreise führen. Außerdem gäbe es ausreichend Industriebrachen für die Zuliefererbetriebe. Die angrenzenden Landkreise würden einen Aufschwung erleben und können damit zu einer wichtigen und funktionierenden Region werden. Allerdings kamen zuletzt Zweifel auf: Intel erwartet mehr Förderungen. Als Argumente werden steigende Zinsen, schwächelnde Chipkonjunktur und Inflation genannt.

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Die zu erwartenden Protestbewegungen sollten die Stadtverantwortlichen und das Unternehmen Intel nicht daran hindern, das Projekt voranzutreiben und alles zu verhindern, was Zweifel am Willen des Unternehmens aufkommen lässt. Für Magdeburg böte sich eine große Chance. Man darf gespannt sein.

Europäisches Chipgesetz

Bereits im Februar 2022 hat die Europäische Kommission ein europäisches Chip Gesetz vorgeschlagen. Damit soll Europas Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz gestärkt und zur Verwirklichung sowohl des digitalen als auch des ökologischen Wandels beigetragen werden. Die aktuelle, weltweite Halbleiterknappheit hat in einer Vielzahl von Sektoren von der Automobilbranche bis zu medizinischen Geräten dazu geführt, dass Fabriken schließen mussten. Die Hauptbestandteile des Europäischen Chipgesetz werden sein:

- Die Initiative Chips für Europa

- Ein neuer Rahmen für die Versorgungssicherheit

- Die Schaffung eines Chips-F + E Fonds um Start-up-Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern

- Den Mechanismus für die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zu erreichen.

Insgesamt sollen 43 Milliarden Euro an politischen Mitteln bis 2030 eingesetzt werden. Öffentliche und private Investitionen von 15 Milliarden sollen diesen Mitteln vorausgehen. Dazu hat am 1. Dezember 2022 der Europäische Rat unter tschechischem Vorsitz seinen Standpunkt für das Chipgesetz angenommen. Jetzt ist das europäische Parlament am Zuge seinen Standpunkt festzulegen. Gerechnet wird im Frühjahr 2023 damit.

Bauprojekt 2: Mercedes-Stern über Halberstadt

Das Unternehmen Daimler Truck siedelt sich in Halberstadt im Landkreis Harz an. Dafür laufen schon die Vorbereitungen. Rund 500 Millionen Euro sollen investiert werden, und 2025 soll der Betrieb beginnen, heißt es aus dem Unternehmen. Als Herzstück der weltweiten Ersatzteilversorgung entsteht in Halberstadt, Sachsen-Anhalt, ein komplett neuer Logistikstandort, das sogenannte Global Parts Center. Einen kürzlich geschlossenen Vertrag zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, der Stadt Halberstadt und der Customer Services & Parts Mercedes-Benz Trucks wurde unlängst offiziell bekannt gegeben. Aus dem neuen Logistikstandort werden künftig verschiedene Artikel – von der kleinsten Schraube bis zum fertigen Lkw-Fahrerhaus – an knapp 3.000 Fahrzeughändler in über 170 Länder der Welt geliefert werden. Halberstadt wird damit zum Herzstück für die weltweite Ersatzteilversorgung von Mercedes-Benz Lkw.
Herzstück im Harz: Mercedes-Benz Lkw errichtet einen zentralen Logistikstandort für weltweite Ersatzteilversorgung in Halberstadt. | Foto: Stadt Halberstadt/Holger Wegener
Herzstück im Harz: Mercedes-Benz Lkw errichtet einen zentralen Logistikstandort für weltweite Ersatzteilversorgung in Halberstadt. | Foto: Stadt Halberstadt/Holger Wegener

Der Neubau im Industriepark Ost von Halberstadt wird in einer ersten Ausbaustufe über eine bebaute Bruttogrundfläche von rund 270.000 Quadratmetern mit rund 260.000 Quadratmetern Logistikfläche verfügen. Dabei entstehen bis zu 450 qualifizierte Arbeitsplätze vor Ort, perspektivisch sollen es sogar bis zu 600 werden. Der neue Logistikstandort wird von Beginn an für den CO₂-neutralen Betrieb geplant, das Energiekonzept verzichtet komplett auf fossile Energieträger. Es wird weder Erdgas noch Erdöl benötigt. Die Beheizung des Standortes erfolgt mit elektrischen Wärmepumpen, die die Wärme über Bodenheizungssysteme in das Gebäude bringen. Aufgrund der geringen Heizwassertemperaturen und der Speicherwirkung der Industrieböden wird so eine hohe Energieeffizienz erreicht. Ab 2026 sollen von dem Standort dann bis zu 300.000 verschiedene Ersatzteile in die ganze Welt geliefert werden.

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