Zweistufige Verfahren: Welche Unterlagen sind mit der Bekanntmachung bereitzustellen?

Angaben, die für die Entscheidung über die Teilnahme an einem Vergabeverfahren nicht erforderlich sind, muss der Auftraggeber nicht zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung bereitstellen, so das OLG Düsseldorf.

Zweistufige Verfahren: Welche Unterlagen sind mit der Bekanntmachung bereitzustellen?
Zweistufige Verfahren: Welche Unterlagen sind mit der Bekanntmachung bereitzustellen?

Welche Vergabeunterlagen muss der öffentliche Auftraggeber in einem nicht offenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb bereits mit der Auftragsbekanntmachung bereitstellen? Diese Frage beantwortete das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 17.10.2018 (VII-Verg 26/18).

Was war geschehen?

In der Bekanntmachung zur Vergabe von Reinigungsdienstleistungen im nicht offenen Verfahren hatte die Vergabestelle einen Internet-Link für den Zugang zu den Vergabeunterlagen bekanntgegeben. Über diesen Link konnte zunächst nur ein Bewerberanschreiben und ein Teilnahmeantragsbogen abgerufen werden. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die vollständigen Vergabeunterlagen nur den im Teilnahmewettbewerb zur Angebotsabgabe ausgewählten Bietern zur Verfügung gestellt werden würden.

Dies rügte die Antragstellerin als Verstoß gegen § 41 Abs. 1 VgV. Daraufhin stellte die Vergabestelle die zu diesem Zeitpunkt vorhandene Leistungsbeschreibung und die für das weitere Vergabeverfahren vorgesehenen Bewerbungsbedingungen zum Download bereit. Die Leistungsbeschreibung enthielt ausführliche Informationen zum Auftrag, u. a. Angaben zum Reinigungsumfang, zur Reinigungshäufigkeit, zu den Reinigungsmaterialien und Anforderungen zum Qualitätsmanagment. Die Bewerbungsbedingungen enthielten Einzelheiten zu den Zuschlagskriterien und einer obligatorischen Objektbesichtigung.

Nach Durchsicht der Leistungsbeschreibung rügte die Antragstellerin, dass die zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht ausreichend und auch widersprüchlich seien; damit sei eine ordnungsgemäße Kalkulation nicht möglich. Sie gab keinen Teilnahmeantrag ab und forderte die Vergabestelle auf, auch den vorgesehenen Vertragsentwurf zur Verfügung zu stellen.

Dem kam die Vergabestelle nicht nach. Das von der Antragstellerin daraufhin beantragte Nachprüfungsverfahren wurde von der Vergabekammer Westfalen zurückgewiesen: § 41 Abs. 1 VgV verpflichte den öffentlichen Auftraggeber lediglich dazu, das offenzulegen, was er habe. Der öffentliche Auftraggeber sei aber nach keiner Vorschrift rechtlich verpflichtet, im Falle eines nicht offenen Verfahrens bereits tatsächlich alle Unterlagen im Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung zusammengestellt zu haben, damit diese heruntergeladen werden können. Gegen den Beschluss der Vergabekammer wandte sich die Antragstellerin mit einer sofortigen Beschwerde.

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Entscheidung des OLG DÜSSELDORF

Das OLG Düsseldorf wies die Beschwerde zurück. Nach Ansicht des OLG ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vergabestelle der Antragstellerin den in Rede stehenden Vertragsentwurf nicht mit der Auftragsbekanntmachung vor Ablauf der Teilnahmefrist zur Verfügung gestellt hat.

Es liegt kein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 VgV i.V.m. § 29 VgV vor. § 41 Abs. 1 VgV gibt allein keinen Aufschluss darüber, welche Vergabeunterlagen mit der Auftragsbekanntmachung über eine elektronische Adresse zur Verfügung gestellt werden müssen. Welche Unterlagen und Angaben zu den nach § 41 VgV bereit zu stellenden Vergabeunterlagen gehören, regelt vielmehr § 29 VgV.

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Ausgehend von dieser Vorschrift sei nicht zu beanstanden, dass die Vergabestelle der Antragstellerin vor Ablauf der Teilnahmefrist den Reinigungsvertrag nicht zur Verfügung gestellt hat. Die darin enthaltenen Angaben waren nicht i.S.v. § 29 Abs. 1 S. 1 VgV erforderlich, um der Antragstellerin die Teilnahme an dem Vergabeverfahren durch Abgabe eines Teilnahmeantrags zu ermöglichen.

Welche Angaben zu den Vergabeunterlagen gehören müssen, die dem Bewerber oder Bieter vor Abgabe des Angebots im offenen Verfahren oder im nichtoffenen Verfahren vor Abgabe seines Teilnahmeantrags zur Verfügung zu stellen seien, richte sich danach, ob die Angaben "erforderlich" sind, um dem Bewerber oder Bieter eine Teilnahme an dem Vergabeverfahren zu ermöglichen. Hierbei handele es sich um eine Entscheidung im Einzelfall, die unter anderem davon abhinge, welche Verfahrensart der öffentliche Auftraggeber gemäß §§ 14 ff. VgV gewählt hat und welche Bedeutung die Angaben für die Entscheidung des Bewerbers oder Bieters haben, sich an dem Verfahren zu beteiligten.

Das OLG wörtlich: "Ist dem Verfahren also — so wie hier — ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet, setzt die Teilnahme am Vergabeverfahren zunächst (nur) die Abgabe eines Teilnahmeantrags voraus; es geht (noch) nicht um die Kalkulation und Abgabe eines Angebots. Erforderlich aber auch ausreichend sind daher sämtliche Angaben, die dem Unternehmen eine belastbare Entscheidung ermöglichen, ob die ausgeschriebenen Leistungen nach Art und Umfang in sein Produktportfolio fallen und es aus unternehmerischer Sicht sinnvoll ist, in den Teilnahmewettbewerb einzutreten um die Chance zu erhalten, zur Abgabe eines Angebots aufgefordert zu werden. Die Angaben in der Bekanntmachung und in anderen mit der Bekanntmachung zugänglich gemachten Unterlagen müssen die hierfür erforderliche Entscheidungsgrundlage schaffen. Die Art und der Umfang der zu beschaffenden Leistung, die Bedingungen der Vergabe und der Verfahrensablauf ist danach so zu beschreiben, dass das Unternehmen entscheiden kann, ob es an dem Auftrag interessiert ist und zur Leistungserbringung geeignet ist. Um eine solche Entscheidung auf einer validen Grundlage treffen zu können, sind nicht immer zwingend sämtliche Vergabeunterlagen notwendig, wie sich allein schon daraus ergibt, dass nach alter Rechtslage vor Inkrafttreten der VgV die Vergabeunterlagen im nicht offenen und im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb auch erst nach Durchführung des Teilnahmewettbewerbs an die ausgewählten Teilnehmer übermittelt werden konnten (§ 15 Abs. 11 VOL/A EG, § 12 Abs. 4 Nr. 2 VOB/A EU)."

Nach Auffassung des OLG standen der Antragstellerin mit den Angaben in der Bekanntmachung, den Bewerbungsbedingungen und der Leistungsbeschreibung ausreichende Informationen zur Verfügung, die für eine belastbare Entscheidung über die Teilnahme am Verfahren durch Abgabe eines Teilnahmeantrags erforderlich waren. Für die Entscheidung der Antragstellerin, ob sie sich an dem Teilnahmewettbewerb durch Abgabe eines Teilnahmeantrags beteiligt, war der konkrete Inhalt des Reinigungsvertrags nicht erforderlich und infolgedessen der Vertrag von der Vergabestelle nicht mit der Auftragsbekanntmachung zur Verfügung zu stellen.

Hier geht es zum Beschluss des OLG Düsseldorf 17.10.2018 (VII-Verg 26/18).

Zu diesem Thema siehe auch: OLG München zur Bereitstellung von Vergabeunterlagen bei zweistufigen Verfahren | B_I MEDIEN

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