OLG München: Bereitstellung der Vergabeunterlagen in zweistufigen Verfahren

Nach § 41 Abs. 1 SektVO hat der Auftraggeber auch im zweistufigen Vergabeverfahren, also insbesondere im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, bereits zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung die vollständigen Vergabeunterlagen zur Verfügung zu stellen, so das OLG München.

OLG München: Bereitstellung der Vergabeunterlagen in zweistufigen Verfahren
OLG München: Bereitstellung der Vergabeunterlagen in zweistufigen Verfahren

Das Oberlandesgericht München hat sich in ihrem Beschluss vom 13. März 2017 – Az. Verg 15/16 - damit befasst, ob auch bei zweistufigen Vergabeverfahren bereits mit der Auftragsbekanntmachung alle für die Angebotsabgabe notwendigen Vergabeunterlagen allen Interessenten vollständig zur Verfügung gestellt werden müssen.

Fall:

Für die Tragwerksplanung eines Verwaltungsgebäudes eines Energieversorgungsunternehmens wurden die Planungsleistungen im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben.

Zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung wurden nur die Vergabeunterlagen für den Teilnahmewettbewerb bereitgestellt. Die Vergabeunterlagen für die Angebotsphase standen den Interessenten zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung noch nicht zur Verfügung.

Entscheidung:

Das OLG München sieht in der fehlenden Bereitstellung der vollständigen Vergabeunterlagen zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung eine Verletzung von § 41 Abs. 1 SektVO.

Nach dieser Vorschrift hat der Auftraggeber bereits in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen uneingeschränkt und vollständig abgerufen werden können.

Damit sind auch im zweistufigen Vergabeverfahren, also insbesondere im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, bereits mit der Auftragsbekanntmachung die Vergabeunterlagen allen interessierten Unternehmen zur Verfügung zu stellen, jedenfalls soweit diese Unterlagen bei Auftragsbekanntmachung in einer finalisierten Form vorliegen können (Honekamp in Greb / Müller, Sektorenvergaberecht, 2. Aufl, § 41 Rz. 27 f). Dies ergibt sich zudem aus der amtlichen Begründung zu § 41 SektVO (BT-Drs. 18/7318, S. 234 f).

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Danach gehören zu den Vergabeunterlagen „sämtliche Unterlagen, die von Auftraggebern erstellt werden oder auf die sie sich beziehen, um Teile des Vergabeverfahrens zu definieren. Sie umfassen alle Angaben, die erforderlich sind, um interessierten Unternehmen eine Entscheidung über die Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen“ … „Vollständig abrufbar sind die Vergabeunterlagen dann, wenn über die Internetadresse in der Bekanntmachung sämtliche Vergabeunterlagen, und nicht nur Teile derselben, abgerufen werden können“. Auch Art. 73 der RiLi 2014/25/EU differenziert nicht nach ein- und zweistufigem Verfahren und schreibt vor, dass der Auftraggeber mit der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung einen Zugang zu den Vergabeunterlagen anzubieten habe.

Praxishinweis:

Die Pflicht zur vollständigen Bereitstellung der Vergabeunterlagen ergibt sich nicht nur aus § 41 Abs. 1 SektVO, sondern auch aus § 41 Abs. 1 VgV und § 12a EU Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/A. Das bedeutet, dass auch bei der Durchführung von zweistufigen Vergabeverfahren im Anwendungsbereich der VOB/A-EU bzw. VgV die Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung vollständig abrufbar sein müssen.

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Linktipp:

Auf Vergabeblog.de vom 09/07/2017, Nr. 32004 beschäftigt sich Dr. Martin Ott unter der Überschrift "Bereitstellung der Vergabeunterlagen in zweistufigen Verfahren – sämtliche Vergabeunterlagen müssen bereits im Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung zur Verfügung stehen (OLG München, Beschl. v. 13.03.2017 – Verg 15/16)" ausführlich mit dem Beschluss v. 13.03.2017 – Verg 15/16 des OLG München.

Hier geht es zum Beschluss des OLG München - Verg 15/16 vom 13.03.2017 | B_I MEDIEN


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