Auch verdeckte Produktvorgaben sind unzulässig
Gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat genannt wird, sondern auch, wenn durch die Vielzahl detaillierter Vorgaben ein bestimmtes Produkt verdeckt vorgegeben wird, so das OLG München.
In seinem Beschluss vom 26.03.2020 (Verg 22/19) hat sich das OLG München mit der verdeckten Produktvorgabe auseinandergesetzt.
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Eine Vergabestelle schrieb die Lieferung der Medienausstattung für ein Gymnasium im offenen Verfahren aus.
Der spätere Antragsteller rügte die im Leistungsverzeichnis enthaltenen technischen Vorgaben als verdeckte Produktvorgaben. Besonders zwei Positionen des Leistungsverzeichnisses würden solch eine Vielzahl von Mindestkriterien aufstellen, dass diese in ihrer Gesamtheit dazu führten, dass die eine Position lediglich durch die Medienboards des Herstellers X und die andere Position lediglich durch den Drucker Y erfüllt werden könnten. § 31 Abs. 6 VgV schütze den Bieter vor einer Einengung des Wettbewerbs und vor Diskriminierung und sei daher bieterschützend.
Die Vergabestelle wies die Rüge zurück.
Der Antragsteller reichte daraufhin einen Nachprüfungsantrag ein. Nachdem er bei der VK Nordbayern damit gescheitert war, legte er sofortige Beschwerde beim OLG München ein.
Der Antragsteller untersetzte seinen Antrag durch die Vorlage einer Aufstellung von zuletzt 41 am Markt vorhandenen Vergleichsprodukten und belegte damit, dass nur bestimmte Produkte den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses entsprechen.
Aus der Entscheidung des OLG München
Der Auftraggeber hat gegen den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung verstoßen. Die detaillierten Anforderungen an die ausgeschriebenen Geräte stellten eine versteckte Produktvorgabe dar. Die Verengung auf ein bestimmtes Produkt sei nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
Die Entscheidung, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliege zwar dem öffentlichen Auftraggeber. Begrenzt werde das Bestimmungsrecht aber durch die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung, von der nur unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden dürfe. Nach § 31 Abs. 6 VgV dürfe auf ein bestimmtes Produkt nicht verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dieser Verweis sei durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
Gegen diese Verpflichtung werde nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen in der Leistungsbeschreibung genannt wird, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt werden können. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers seien eingehalten, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
Hier geht es zum Beschluss des OLG München v. 26.03.2020 – Verg 22/19 | B_I MEDIEN
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