Ohne Sandbettung im Hagener Neubaugebiet

Bei der Erschließung eines Neubaugebietes in Hagen setzt der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) erstmals auf ein modernes Verlegeverfahren komplett ohne Sandbettung. Die Verantwortlichen entschieden sich dabei für Kanalrohre PE 100-RC von Simona, die den auftretenden Erd- oder Verkehrslasten standhalten.

Verlegen von Freispiegelleitungen ohne Sandbettung
PE 100-RC-Kanalrohre von Simona sind besonders widerstandsfähig und eignen sich daher für eine Verlegung ohne Sandbett. Die helle Innenschicht garantiert bei einer Kamerainspektion eine optimale Ausleuchtung ohne Spiegelungen und Reflexionen. | Foto: Simona AG

Für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung ist nachhaltiges Bauen ein wesentlicher Erfolgsfaktor und wird auch für Auftraggeber immer relevanter. Die Minimierung der CO2-Emissionen und die Wiederverwendung von Ressourcen sind zwei wesentliche Faktoren, die eine Baustelle nachhaltiger gestalten. Genau diese Zielvorgaben verfolgte der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) bereits zu Beginn der Projektentwicklung des Neubaugebiets an der Eppenhauserstraße.

Im November 2021 startete die Baumaßnahme, bei der insgesamt 720 m Freispiegelleitung für ca. 30 Baugrundstücke verlegt werden. „Um die Fläche von Beginn an wirtschaftlicher und nachhaltiger zu bearbeiten, wurde das Projekt bewusst als ‚Projekt mit RC-Rohren‘ – und der damit verbundenen sandfreien Rohrverlegung – ausgeschrieben“, so Michael Kaiser, vom Fachbereich Bau des WBH. Mit der Ausführung der Baumaßnahme und der Verlegung der PE 100-RC-Abwasserrohre wurde die Straßen- und Tiefbau GmbH (kurz: S+T) mit Sitz in Kirchhundem beauftragt.

Bei der Erschließung des Neubaugebietes an der Eppenhauserstraße in Hagen setzten die Auftraggeber auf ein modernes Verlegeverfahren ohne Sandbettung, um die Baustelle nachhaltiger zu realisieren. | Foto: Simona AG
Bei der Erschließung des Neubaugebietes an der Eppenhauserstraße in Hagen setzten die Auftraggeber auf ein modernes Verlegeverfahren ohne Sandbettung, um die Baustelle nachhaltiger zu realisieren. | Foto: Simona AG

Kostenersparnis durch sandfreie Rohrbettung

Das örtliche Baugelände bietet ausreichend Platz für Bodenzwischenlagerung und ggf. Aufbereitung. Bei der sandbettfreien Verlegung kommt der verdichtungsfähige Bodenaushub – nach entsprechender Aufbereitung – zur Wiederverfüllung zum Einsatz. Das Verfahren erweist sich im Vergleich zur klassischen Bauweise als deutlich wirtschaftlicher: Auf der Habenseite stehen geringere Kosten durch den Wegfall des Sandes – hier rund 1.000 Tonnen – und die reduzierte Bodenabfuhr aus der geringeren Verdrängung. In Summe ergeben sich Minderkosten von ca. 63.300 Euro. Dem gegenüber stehen höhere Kosten für die Kanalrohre und der Mehraufwand für die Konditionierung des Bodenaushubs zum Einbau in der Leitungszone. Die Mehrkosten belaufen sich auf ca. 26.700 Euro. In Summe ist von einer Ersparnis für dieses Projekt durch den sandfreien Einbau von PE 100-RC-Rohren von rund 43.300 Euro brutto auszugehen, was etwa 7 Prozent der Auftragssumme entspricht.
Um den lehmhaltigen Boden auf der Hagener Baustelle später als Füllmaterial der Leitungszone verwenden zu können, wird dieser vor Ort aufbereitet. Dafür wird mit der Separatorschaufel das Aushubmaterial mit Kalk vermischt. | Foto: Simona AG
Um den lehmhaltigen Boden auf der Hagener Baustelle später als Füllmaterial der Leitungszone verwenden zu können, wird dieser vor Ort aufbereitet. Dafür wird mit der Separatorschaufel das Aushubmaterial mit Kalk vermischt. | Foto: Simona AG

Alternative zum Materialtransport

Bei herkömmlichen Verlegungen im Sandbett würde der Sand beispielsweise aus dem 7 km entfernten Stadtteil Hohenlimburg geliefert. Wenn davon ausgegangen wird, dass pro LKW-Tour 30 Tonnen transportiert werden und 1.000 Tonnen benötigt würden, ergibt dies alleine für den Antransport des Sandes eine Strecke von etwa 240 km. Durch den Abtransport des verdrängten Bodenaushubs kämen zusätzliche CO2-Belastungen hinzu. Der Boden würde hier zum Beispiel zu einem 13 km entfernten Verwertungsunternehmen abgefahren, in Summe rund 450 km. Insgesamt fielen so für den Materialan- und -abtransport 680 Kilometer innerstädtischer Schwerlastverkehr an. In diesem Beispiel nicht einbezogen sind zusätzliche Leerfahrten der LKW oder Emissionen durch die Sandproduktion. Zudem kommen weitere LKW-Fahrten zur Deponie hinzu, da der lehmhaltige Boden in Hagen nicht zu 100 Prozent recycelt werden kann. Außerdem werden durch die geringeren Transportleistungen die Zufahrtsstraßen zum Baugebiet und die Anlieger entlastet. Die sandfreie Verlegung bietet damit nicht nur wirtschaftliche und logistische Vorteile, sondern erweist sich vor allem als nachhaltig. Gerade in der Bauindustrie fallen viele Emissionen an, die durch eine derartige Verlegweise reduziert werden können.
Der Bodenaushub wird – nach einer entsprechenden Aufbereitung – direkt vor Ort zur Wiederverfüllung der Rohrzone verwendet. Insgesamt entfallen die Kosten für Sand, Transport und die hohen Deponiekosten. | Foto: Simona AG
Der Bodenaushub wird – nach einer entsprechenden Aufbereitung – direkt vor Ort zur Wiederverfüllung der Rohrzone verwendet. Insgesamt entfallen die Kosten für Sand, Transport und die hohen Deponiekosten. | Foto: Simona AG

PE 100-RC-Kanalrohre als widerstandsfähige Lösung

Der Verzicht auf die Sandbettung kann dazu führen, dass die neu verlegten Rohrleitungen oberflächlich verkratzt oder beschädigt werden. Belasten Steine oder andere spitze Materialien die Außenwand des Rohres über einen längeren Zeitraum, kann es – zusätzlich zu den Betriebslasten wie Innendruck durch Rückstau, Erd- oder Verkehrslasten – zu unzulässigen Belastungsspitzen kommen und die Rohrleitung beschädigen. Um dies zu vermeiden, kommen die PE 100-RC-Kanalrohre zum Einsatz. Polyethylen zeichnet sich unter anderem durch hohe Beständigkeit gegenüber langsamem Risswachstum und Punktlasten sowie Flexibilität aus. Im Vergleich zu PE 100-Rohren weisen die RC-Rohre („high resistance to crack“) – dank der unvernetzten Polyethylene – eine herausragende Spannungsrissbeständigkeit auf.

Insgesamt wurden 270 m Rohre mit einem Außendurchmesser (OD) von 280 mm und einer Wandstärke von 16,6 mm verlegt, sowie 210 m mit OD 355 x 21,1 mm, 204 m mit OD 450 x 26,7 mm und 42 m mit OD 315 x 18,7 mm. „Wir haben uns bei der Baumaßnahme für diese Rohre entschieden, da sie sich aufgrund der hohen Einsparungskosten für Material und Transport als sehr wirtschaftlich erweisen“, so Kaiser. „Der entscheidende Vorteil ist – neben dem endlos verschweißten Rohrstrang, den das Material ermöglicht – der hohe Widerstand gegenüber Risswachstum. Dank der Materialeigenschaften besitzt das Rohr eine erhöhte Beständigkeit gegen Kratzer, Punkt- oder Linienlasten. Dies gewährleistet eine lange Lebensdauer des Kanalnetzes.“ Die schwarzen Kanalrohre sind mit einer hellen Innenschicht ausgestattet. Sie garantiert bei einer Kamerainspektion eine optimale Ausleuchtung ohne Spiegelungen und Reflexionen. Die geprüften Rohre verfügen über eine DIBt-Zulassung (DIN EN 12201).

Eine fachgerechte Herstellung der Leitungszone ist für die Standfestigkeit der Rohrleitung ausschlaggebend. Aus diesem Grund wird die Rohrzone lagenweise mit dem aufbereiteten Verfüllungsmaterial bedeckt. | Foto: Simona AG
Eine fachgerechte Herstellung der Leitungszone ist für die Standfestigkeit der Rohrleitung ausschlaggebend. Aus diesem Grund wird die Rohrzone lagenweise mit dem aufbereiteten Verfüllungsmaterial bedeckt. | Foto: Simona AG

Voraussetzung: Verdichtungsfähiger Boden

Die Beschaffenheit und Qualität des Bodens spielen bei der sandfreien Baumaßnahme in Hagen eine entscheidende Rolle, da dieser quasi stellvertretend die Aufgabe des Sandes übernimmt. Aufgrund des hohen Lehmanteils und der weichen Beschaffenheit ist der Boden auf der Hagener Baustelle nicht ohne weitere Bearbeitung einbaufähig. Um die Bodenqualität zu verbessern und um den Aushub später als Füllmaterial in der Leitungszone verwenden zu können, werden vor Ort unzulässige Korngrößen ausgesiebt bzw. das Material gebrochen und mit Kalk aufbereitet. Die Kalkmischung entzieht die überschüssige Feuchtigkeit, stabilisiert und festigt den Boden. Die Separatorschaufel am Bagger vermischt das Aushubmaterial mit dem Kalk und zerkleinert es zu feinkörnigem und gut verdichtbarem Boden. „Um ein optimales Verdichtungsergebnis zu erzielen und so Rohrschäden nach dem Einbau zu vermeiden, muss der Boden in der Leitungszone eine Proctordichte von mindestens 95 Prozent erreichen. Zudem muss eine ausreichende Filterstabilität der Böden untereinander gewährleistet sein“, so Claas Biedebach, Geschäftsführer des Grundbauinstituts Biedebach aus Dortmund. Der Geotechniker überprüft als externer Sachverständiger im Auftrag des WBH die Einhaltung der geforderten Einbaubedingungen für die Baugrubenverfüllung.
Mit verschiedenen Rüttelplatten wird die seitliche Abdeckungszone verdichtet, um die Stabilität und Lage des Rohres sicherzustellen. | Foto: Simona AG
Mit verschiedenen Rüttelplatten wird die seitliche Abdeckungszone verdichtet, um die Stabilität und Lage des Rohres sicherzustellen. | Foto: Simona AG

Fachgerechte Verfüllung

Für die wesentliche Standfestigkeit der Rohrleitung ist die fachgerechte Herstellung der Leitungszone gemäß DIN EN 1610 ausschlaggebend. Sowohl die untere als auch die obere Bettungsschicht sowie die seitliche Abdeckungszone müssen fachgerecht verfüllt werden, da diese die Stabilität und Lage des Rohres sicherstellen. Eine geringe Verdichtung seitlich des Rohres vergrößert die Lastkonzentration auf das Rohr und verringert die seitliche Stützwirkung.

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Das vor Ort aufbereitete Verfüllmaterial wird beiderseits der Rohrleitungen sorgfältig aufgefüllt. Dies geschieht zunächst händisch mit Schaufel, anschließend mit verschieden dimensionierten Rüttelplatten. Der Boden in der Leitungszone wird lagenweise verfüllt und verdichtet, um eine den Anforderungen entsprechende Lagerung zu erreichen. Die Hauptverfüllung nach DIN EN 1610 erfolgt mit Aushubboden, der je nach bodenmechanischer Beschaffenheit aufbereitet wird.

Um den Verdichtungsgrad des Bodens zu messen, führt das Grundbauinstitut Biedenbach vor Ort einen Lastenplattendrucktest durch. | Foto: Simona AG
Um den Verdichtungsgrad des Bodens zu messen, führt das Grundbauinstitut Biedenbach vor Ort einen Lastenplattendrucktest durch. | Foto: Simona AG

Erfolgreicher Lastplattendrucktest

Der Grad der Verdichtung muss mit den Angaben in der statischen Berechnung übereinstimmen und ist nach DIN EN 1610 mittels gerätespezifischer Vorschriften oder durch Messung nachzuweisen. Für eine derartige Messung führte das Grundbauinstitut Biedebach vor Ort dynamische Lastplattendruckversuche durch, bei denen die Druckfestigkeit und Tragfähigkeit von Böden und Materialien bestimmt werden. Dieser Plattendruckversuch dient zudem als Nachweis zur Eignung von Böden und Untergründen (Schüttlagen), als Baugrund nach DIN 1054. Um 95 Prozent Proctordichte zu erreichen, muss ein Wert von Evd (dynamischer Verformungsmodul) ³ 25 Meganewton pro Quadratmeter mindestens erreicht werden. Die durchgeführten Tests Mitte Januar kamen zu Ergebnissen von Evd = 29,8 MN/ m², 25 MN/ m² und 29,3 MN/ m² und liegen damit über dem zuvor definierten Wert. Im späteren Verlauf führte der Polier von S+T weitere Lastplattendruckversuche durch. Mit Evd = 44,2 MN/ m² und 59,4 MN/ m² liegen die dynamischen Verformungsmodule dabei ebenfalls weit über dem gewünschten Wert.

„Mit den eingesetzten Simona-Rohren haben wir eine passende und langlebige Lösung gefunden. Das Rohrmaterial ermöglicht es, die Baumaßnahme nicht nur wirtschaftlicher, sondern vor allem nachhaltiger zu realisieren. Mit der Wiederverwendung der vorhandenen Ressourcen leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Bauweise“, erklärt Michael Kaiser. Das Projekt liegt im Zeitplan und wird voraussichtlich bis Mitte 2022 fertiggestellt.

Im Vergleich zu PE 100 verfügt PE 100-RC über eine höhere Anzahl an Tie-Molekülen, die kristalline Bereiche über die amorphen Bereiche hinweg miteinander verbinden. Dadurch weist das Material eine verbesserte Spannungsrissbeständigkeit auf. | Foto: Simona AG
Im Vergleich zu PE 100 verfügt PE 100-RC über eine höhere Anzahl an Tie-Molekülen, die kristalline Bereiche über die amorphen Bereiche hinweg miteinander verbinden. Dadurch weist das Material eine verbesserte Spannungsrissbeständigkeit auf. | Foto: Simona AG

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