Rototilt will auf den Weltmarkt

In den Wäldern Nordschwedens erblickte vor 30 Jahren ein Gerät das Licht der Welt, an dem heute auch immer mehr deutsche Bauunternehmer Gefallen finden: der Schwenkrotator. Dabei hat dieser Erfolg mindestens zwei Väter. Und die Geschichten der beiden ärgsten Konkurrenten sind auf’s Engste miteinander verwoben.

30 Jahre Schwenkrotator: Rototilt will auf den Weltmarkt
Auch immer mehr deutsche Unternehmen schätzen die zusätzliche Beweglichkeit, die ein Schwenkrotator ihrem Bagger bringt. Junge, kleinere Firmen sind hierzulande die treuesten Kunden. | Foto: Rototilt

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Der Schwenkrotator, von Rune Norgren bei Noreco im nordschwedischen Umeå als Rototilt bezeichnet, wurde Mitte der 1980er Jahre erfunden. Sein Sohn, Roger Norgren, hat das Produkt seitdem begleitet und arbeitet derzeit im technischen Vertriebssupport der Rototilt Group AB: „Im Zuge der Entwicklung haben wir unglaublich viele Anregungen bekommen – und stehen bei den Möglichkeiten für die Zukunft trotzdem noch immer am Anfang der Reise. Ich sehe ein riesiges Potenzial, um unsere Ideen zur Dreh- und Schwenkfunktion sowie zu ihren peripheren Systemen zu realisieren. Ich bin voll und ganz überzeugt, dass mein Vater von Freude und Stolz erfüllt wäre, wenn er unseren aktuellen Entwicklungsstand sehen könnte“, sagt Roger Norgren. Anders Jonsson, Eigentümer und Geschäftsführer der Rototilt Group, stimmt zu: „Es ist unglaublich aufregend, an dieser Reise unseres Schwenkrotators Rototilt teilnehmen zu dürfen. Mit Skandinavien als Heimatmarkt, auf dem sich Schwenkrotatoren als integraler Baggerbestandteil etabliert haben, sind wir nun bereit, den großen Schritt in die weite Welt zu wagen.“

Internationales Potenzial

Im Herbst 2014 wurde auf dem Weg in die Zukunft eine wichtige Etappe genommen: Das Unternehmen, das ursprünglich zum Indexator-Konzern gehörte, machte sich mit Anders Jonsson an der Spitze selbstständig. 2015 wurde der Name geändert: Die Marke Rototilt bezeichnet seitdem auch das Unternehmen. Hinter dieser scheinbar wenig dramatischen Veränderung lag eine umfangreichere, langfristige Entscheidung für die weitere Produktentwicklung und eine zielstrebige internationale Ausrichtung. „Wir sehen große Herausforderungen und ein vielversprechendes Potenzial – unter anderem in Europa, wo Schwenkrotatoren noch nicht so weit verbreitet sind wie auf unserem Heimatmarkt. Doch die Marktentwicklung geht Schritt für Schritt voran“, sagt Geschäftsführer Anders Jonsson. Wenn das Unternehmen noch wachsen will, muss es die Exportmärkte in den Fokus nehmen, denn der schwedische Markt ist mit etwa 95 Prozent nahezu gesättigt, die anderen skandinavischen Länder sind ebenfalls schon gut versorgt.

Roger Norgren und Anders Jonsson schmieden auch nach dem 30-jährigen Jubiläum neue Pläne für die Zukunft, unter anderem für die Einführung des Rototilt auf neuen Märkten. | Foto: Rototilt
Roger Norgren und Anders Jonsson schmieden auch nach dem 30-jährigen Jubiläum neue Pläne für die Zukunft, unter anderem für die Einführung des Rototilt auf neuen Märkten. | Foto: Rototilt

Kompetenz in der Fläche

Anders als einige seiner Wettbewerber setzt Rototilt dabei auf einen reinen Händlervertrieb. „Nur so“, sagt der Geschäftsführer der deutschen Vertriebsniederlassung Rototilt GmbH, Wolfgang Vogl, „ist es möglich, langfristige, stabile Partnerschaften mit hoher Fachkompetenz und einem flächendeckenden Servicenetz aufzubauen.“ Letzteres ist zusammen mit einem robusten, wartungsarmen Produkt ausschlaggebend für geringe Ausfallzeiten beim Kunden. Beratung durch Rototilt-Mitarbeiter beim Endkunden, Verkauf über den Fachhandel – dieses Konzept sorgt für ein engmaschiges Netz von Servicestellen und hohe Beratungsqualität gepaart mit bestmöglicher Erreichbarkeit. Diese Strategie garantiert nicht nur eine Lösung aus einer Hand – von der Beratung über die Finanzierung bis zum After-Sales –, sie sichert nach Überzeugung von Rototilt auch das perfekte Zusammenspiel zwischen Trägergerät und Schwenkrotator. Immerhin handelt es sich um zwei komplexe Produkte, deren bestmögliche Integration Voraussetzung für die optimale Produktivität im späteren Einsatz ist. Das beginnt beim Kabelbaum des Trägergeräts und geht bis hin zu der Frage, wie viele verschiedene Displays der Fahrer in der fertig ausgerüsteten Maschine bedienen muss. Hier bietet die Ab-Werk-Integration natürlich bessere Möglichkeiten als der nachträgliche Einbau beim Kunden. Die im Herbst 2016 begonnene Zusammenarbeit mit Caterpillar bei Schwenkrotatoren für Bagger im Segment 12-24 Tonnen hat für Rototilt daher große Bedeutung, auch weil sie die Möglichkeiten der Schweden im Vertrieb und Service exorbitant steigert. Die Absatzzahlen von Rototilt auf dem deutschen Markt dürften von dieser Zusammenarbeit enorm profitieren. Rototilt ist dem Konzept des reinen Händlervertriebs in den vergangenen 30 Jahren treu geblieben und damit nach eigenen Angaben in allen Märkten sehr erfolgreich. Aber, so weiß Vogl: „Ein Produkt ist schnell entwickelt, aber es dauert lange, Märkte zu entwickeln.“

Geburt einer Idee

Doch zurück zu Rune Norgren: Er gründete 1984 das Unternehmen Noreco. Die Geschäftsidee bestand darin, Personal an Industrieunternehmen in Umeå auszuleihen. Parallel dazu wurde für Valmet (aktuell Komatsu Forest) eine Auftragsfertigung von Kranen und Zubehör vorgenommen. Rune Norgren kam in Kontakt mit einem Erfinder in Südschweden. Dieser arbeitete an der Entwicklung eines Aggregats, das Schwenk- und Drehbewegungen ausführen konnte. Rune Norgren erkannte die Möglichkeiten zum Ausbau dieses Konzepts. Im Frühjahr 1985 kaufte Noreco Zeichnungen sowie die Entwicklungs- und Patentrechte für das Produkt. „Den Namen Rototilt legte mein Vater fest“, betont Roger Norgren, der beobachten durfte, wie aus einer intelligenten Idee ein weltweit führendes Produkt wurde. Heute wird der geschützte Markenname Rototilt oft als Synonym für die ganze Produktkategorie der Schwenkrotatoren verwendet.

1986 führte Noreco aus Umeå seinen Schwenkrotator Rototilt auf dem Markt ein. Anfang des Jahres lieferte das Unternehmen die ersten in Serie produzierten Rototilt-Schwenkrotatoren an Kunden in der Region Umeå aus. Das Produkt konnte sich auf dem Markt etablieren, und der Produktionstakt wurde rasch erhöht. Es wurden etwa 200 Einheiten pro Jahr hergestellt, bevor Schweden Anfang der 1990er Jahre in eine allgemeine Wirtschaftskrise rutschte. Wie viele Unternehmen zu dieser Zeit geriet auch Noreco in wirtschaftliche Probleme.

Für Rototilt derzeit mehr ein Zubrot als ein schneller Umsatzbringer: Die neuen Baggerschnellwechsler setzen die stärkere Verbreitung des S-Standards in Mitteleuropa voraus. | Foto: hst/B_I
Für Rototilt derzeit mehr ein Zubrot als ein schneller Umsatzbringer: Die neuen Baggerschnellwechsler setzen die stärkere Verbreitung des S-Standards in Mitteleuropa voraus. | Foto: hst/B_I

Aus dem Wald auf den Bau

50 Kilometer Luftlinie entfernt, im Städtchen Vindeln am gleichnamigen Fluss, hatten Anders Jonsson und seine Geschwister Liselottie und Hans 1983 ihrem Vater das Unternehmen Indexator abgekauft, das zu dieser Zeit Hydraulikanschlüsse vor allem für den Forstkranhersteller Cranab herstellte und umgerechnet rund 1,4 Millionen Euro Umsatz erzielte. In der Folgezeit richtete sich der Betrieb allmählich auf die ausschließliche Produktion von Rotatoren für die Forstwirtschaft aus; schon 1978 war der erste hydraulische Rotator mit 360-Grad-Endlosdrehung konstruiert worden. Gleichzeitig suchte Indexator nach neuen Geschäftsmöglichkeiten und hatte die Baubranche als neues Geschäftsfeld im Auge. In seinem Werk in Vindeln begann Indexator 1986, also etwa zur gleichen Zeit wie Noreco, mit der Produktion seines Schwenkrotators. Bei Testkunden waren mehrere Prototypen im Einsatz, unter anderem an Maschinen von Huddig; die Resonanz war ausgesprochen positiv.

Günstige Gelegenheit

Bei Noreco gingen 1992 endgültig die Lichter aus, und Indexator kaufte von dem zahlungsunfähigen Unternehmen die Produktrechte, den Markennamen Rototilt sowie mehrere technische Lösungen. „Zudem erhielten wir Zugang zu umfangreichen Branchenkenntnissen. Zahlreiche ehemalige Noreco-Mitarbeiter sind noch heute bei uns beschäftigt. Darüber bin ich sehr glücklich“, erklärt Anders Jonsson. Der prominenteste unter ihnen ist zweifellos der Sohn des Noreco-Gründers, Roger Norgren, der der Erfindung seines Vaters bis heute treu geblieben ist. Ein anderer ehemaliger Noreco-Mitarbeiter hatte schon zwei Jahre zuvor, 1990, erfolglos versucht, das Unternehmen zu kaufen: Nachdem Stig Engström mit diesem Plan beim damaligen Firmeninhaber abgeblitzt war, kündigte er und gründete gemeinsam mit einem Erfinder aus Südschweden, der seine Idee eines sich drehenden und kippenden Schnellwechslers schon 1985 vergeblich Noreco angeboten hatte, noch im selben Jahr das Unternehmen Engcon, heute Rototilts größter Konkurrent. 1994 lieferte Engcon seinen ersten Schwenkrotator an einen schwedischen Kunden aus.

„Jeder einzelne Tiltrotator wird vor dem Versand getestet. Wir probieren das Gerät und die Steuerung aus und stellen so sicher, dass alles zuverlässig funktioniert. So untermauern wir unseren Qualitätsanspruch“, sagt Tord Johansson, Produktionsleiter im Rototilt-Werk in Vindeln. | Foto: bi
„Jeder einzelne Tiltrotator wird vor dem Versand getestet. Wir probieren das Gerät und die Steuerung aus und stellen so sicher, dass alles zuverlässig funktioniert. So untermauern wir unseren Qualitätsanspruch“, sagt Tord Johansson, Produktionsleiter im Rototilt-Werk in Vindeln. | Foto: bi

Mit vereinten Kräften

Indexator entwickelte indes nach der Noreco-Übernahme einen neuen Prototypen und nutzte dabei sowohl das eigene langjährige Know-how im Bereich der Rotatoren mit Hydraulik, Tribologie und Materialauswahl als auch die von Noreco erworbenen technischen Lösungen und Patente. „Was wir gelernt haben nach dem Kauf des Produkts war, es perfekt an den Bagger anzupassen“, sagt Jonsson. Produziert wurde der Rototilt anfangs in einer kleinen Ecke der Rotatorfabrik. Auf dem Markt entstand eine hohe Nachfrage nach dem Produkt, das Indexator kontinuierlich weiterentwickelte. „Natürlich lief nicht immer alles wie am Schnürchen“, räumt Jonsson ein. Der Schwenkrotator war ein völlig neues Konzept, für das es keine Vorlagen gab: Dimensionierung, Materialauswahl, Funktionen usw. mussten neu bestimmt werden. Alles war Neuland, und sämtliche Parameter mussten in Eigenregie definiert werden. „Von unserem Innovationsgeist, der diese Entwicklung geprägt hat, profitieren wir noch immer. Unser Testlabor war – und ist noch immer – ein zentraler Bestandteil unserer Produktentwicklung. Mit seiner Hilfe haben wir unsere Kenntnisse zum Produkt und seinen Einsatzgebieten aufbauen können.“

2002 wird die Indexator Deutschland GmbH gegründet. 2007 wird eine eigene Produktionshalle für den Rototilt in Betrieb genommen. 2012 werden wegen des Wachstums des Schwenkrotatoren-Bereichs zwei eigenständige Unternehmen gegründet: die Indexator Rototilt Systems AB und die Indexator Rotator Systems AB. Im Oktober 2014 wird Anders Jonsson alleiniger Eigentümer der Schwenkrotatorensparte, die im März 2015 wegen der großen Strahlkraft des Produktnamens in Rototilt Group AB umbenannt wird. Die Rotatoren bestehen als Rototilt Rotator Systems AB mit ihren Geschäftsführern Hans und Pia Jonsson sowie Åke Karlsson fort. Im Oktober 2016 gründete Rototilt eine Tochtergesellschaft in Großbritannien, die Rototilt Ltd.

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Mehr als nur Sandwich

Seit diesem Jahr bietet Rototilt auch Direktanbau-Schnellwechsler für Bagger an: Die Baggerschnellwechsler S40, S50, S60 und S70 sind in geschlossener Bauweise konstruiert und entsprechen dem skandinavischen S-Standard. Rototilt hat die Serienproduktion der Modelle S60 und S70 aufgenommen, weitere Größen sollen bald folgen. Damit können die Schweden nun eine Komplettlösung aus Schwenkrotator, Schnellwechsler und Anbaugeräten anbieten. Mit dem neuen Angebot bereitet sich Rototilt langfristig strategisch auf die stärkere Verbreitung des S-Standards auch in Zentraleuropa vor. Rototilt steht nach eigenen Angaben voll und ganz hinter seinen neuen Baggerschnellwechslern, auch wenn der Kern des Rototilt-Geschäfts zumindest in Deutschland der Schwenkrotator ist und bleibt, wie Vogl versichert. Die Nachfrage nach den neuen Schnellwechslern ist in Deutschland, anders als in Skandinavien, wegen des hier gängigen Festanbaus des Rototilts an den Bagger eher gering. Außerdem ist der hiesige Markt für Schnellwechsler aus der Historie heraus stark vom System eines lokalen Herstellers dominiert – eine Konstellation, die nur schwer und wenn, dann nur sehr langsam aufzubrechen sein dürfte. Die Förderung von besonders sicheren Schnellwechslern durch die BG Bau könnte sich allerdings hier und da als Beschleuniger für den Verkauf eines Rototilt-Schnellwechslers erweisen.

Anders Jonsson (rechts), Inhaber der Rototilt Group AB, und Wolfgang Vogl, Geschäftsführer der deutschen Vertriebsgesellschaft Rototilt GmbH, glauben an den internationalen Erfolg der neuen Baggerschnellwechsler. | Foto: bi
Anders Jonsson (rechts), Inhaber der Rototilt Group AB, und Wolfgang Vogl, Geschäftsführer der deutschen Vertriebsgesellschaft Rototilt GmbH, glauben an den internationalen Erfolg der neuen Baggerschnellwechsler. | Foto: bi

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